BRAK-Mitteilungen 4/2025

Verfahren einführen. Innerhalb Europas sollen effektivere Klagezustellungen sichergestellt werden.67 67 Koalitionsvertrag 2025, Zeilen 2033-2036. Die Verfahrensordnungen einschließlich der ZPO will die neue Koalition in das digitale Zeitalter „übersetzen“. Verfahrensplattformen sollen an die Stelle klassischer Akten treten. Die Verfahrensdauer soll sich generell und erheblich verkürzen. Dies will die Koalition u.a. durch Begrenzung des Zugangs zur zweiten Tatsacheninstanz erreichen. Richterliche Verfahrensstrukturierung, etwa durch frühzeitige Verfahrenskonferenzen oder Vorgaben zur Strukturierung des Parteivortrags sollen ermöglicht, die Präklusionsfristen ausgeweitet werden. Die Koalition will zur Modernisierung der Zivilprozessordnung auf „Impulse der Reformkommission ,Zivilprozess der Zukunft‘„ aufgreifen, weitere Maßnahmen zur Bewältigung von sog. Massenverfahren ergreifen und gerichtliche Schätzungs- und Pauschalierungsbefugnisse ausweiten.68 68 Koalitionsvertrag 2025, Zeilen 2037-2054. In Umsetzung des Koalitionsvertrags hat das BMJV am 13.6.2025 auf Basis der in der letzten Legislaturperiode erbrachten Vorarbeiten69 69 Hierzu: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 259. den Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit (OVErpG) vorgelegt.70 70 Vgl. BRAK-News v. 26.6.2025. Der neue Entwurf weicht gegenüber dem Entwurf der 20. Legislaturperiode u.a. insoweit ab, als das Gericht nun Anordnungen zur Strukturierung des Prozessstoffs in einem digitalen Verfahrensdokument anordnen kann (§ 1126 II ZPO-E), als die Zuständigkeitskonzentration nach § 1123 II und III ZPO-E flexibler ausgestaltet ist, eine Verpflichtung zur Einreichung von Anträgen und Erklärungen durch Rechtsanwälte als strukturierter Datensatz nach Maßgabe von § 1132 II 2 ZPO-E vorgesehen ist und als gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung ergehen kann (§ 1127 ZPO-E). Am 24.6.2025 hat das BMJV auf Basis der in der letzten Legislaturperiode erbrachten Vorarbeiten71 71 Hierzu: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 258. denEntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen vorgelegt.72 72 Referentenentwurf v. 24.6.2025. Der neue Entwurf weicht gegenüber dem Entwurf der 20. Legislaturperiode u.a. insoweit ab, der Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte nicht nur auf 8.000 Euro, sondern auf 10.000 Euro erhöht werden soll. Der Regierungsentwurf ist für den Herbst 2025 zu erwarten. Am 9.7.2025 hat das BMJV auf Basis der in der letzten Legislaturperiode erbrachten Vorarbeiten73 73 Hierzu: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 258. den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung vorgelegt.74 74 Referentenentwurf v. 9.7.2025. Der neue Entwurf entspricht im Wesentlichen dem Entwurf der 20. Legislaturperiode. Der Regierungsentwurf ist für den Herbst 2025 zu erwarten. Im Mai 2024 ist die sog. Anti-SLAPP-Richtlinie75 75 Richtlinie (EU) 2024/1069 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 11.4. 2024 über den Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offensichtlich unbegründeten Klagen oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren („strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung“), ABl. L, 2024/1069, 16.4.2024. inKraft getreten. Die Richtlinie, die Personen, die sich öffentlich äußern (etwa Journalisten oder NGO-“Aktivisten“, vor Einschüchterungen durch „strategische Klage gegen die öffentliche Beteiligung“ schützen soll, ist nach ihrem Art. 22 I 1 bis zum 7.5.2026 umzusetzen. Das BMJV hat einen Referentenentwurf76 76 https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/RefE/RefE_Anti _SLAPP.html?nn=18816. eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1069 über den Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offensichtlich unbegründeten Klagen oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren (Anti-SLAPP) vorgelegt. Die AntiSLAPP-Richtlinie soll im Wesentlichen durch einen neuen „Abschnitt 3“ im Sechsten Buch der ZPO umgesetzt werden. Nach § 616 ZPO-E soll ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot für in § 615 II und III ZPO-E legaldefinierte missbräuchlich geführte Verfahren gelten. § 617 ZPO-E sieht eine Verpflichtung des Klägers zur Erbringung einer Prozesskostensicherheit vor. Nach § 618 III ZPO-E sollen dem Beklagten auch über den RVG-Gebühren hinaus entstandene Anwaltskosten zu erstatten sein, soweit diese üblich und angemessen sind. Der Regierungsentwurf ist für den Herbst 2025 zu erwarten. Am 28.11.2024 hat der fünfte, am 5.6.2025 der sechste Bund-Länder-Digitalgipfel stattgefunden. Im Fokus der Treffen stand das Vorhaben der gemeinsamen Entwicklung einer bundeseinheitlichen Justizcloud, also einer gemeinsamen Cloud-Infrastruktur für justizbezogene IT-Anwendungen von Bund und Ländern,77 77 Pressemitteilung Nr. 105/2024 v. 28.11.2024. Zur Konzeption einer bundeseinheitlichen Justizcloud: https://www.bmjv.de/DE/themen/digitales/digitalisierung_just iz/digitalisierungsinitiative/_articles/justizcloud_artikel.html?nn=110490. der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Justiz78 78 Pressemitteilung Nr. 17/2025 v. 5.6.2025. und der Abschlussbericht sowie die Handlungsempfehlungen zur Modernisierung des Zivilprozesses der Reformkommission79 79 Hierzu bereits: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 259 f. „Zivilprozess der Zukunft“.80 80 Abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Nav_ Themen/250131_Abschlussbericht_Zivilprozess_Zukunft.pdf?__blob=publication File&v=3. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs haben im Mai 2025 anlässlich ihrer 77. Jahrestagung in Weimar ihre im Jahr zuvor gefassten „Münchner Thesen“ bekräftigt, die Vorschläge der Reformkommission „Zivilprozess der Zukunft“ begrüßt und deren konsequente Umsetzung gefordert.81 81 OLG München, Pressemitteilung 38 v. 28.5.2025, „Beschluss zu Top 7„: https://ww w.justiz.bayern.de/media/images/behoerden-und-gerichte/oberlandesgerichte/mu enchen/presse2025/beschluss_zu_top_7.pdf. Die Aufnahme zentraler Reformvorschläge in den Koalitionsvertrag von CDU, CSU BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 AUFSÄTZE 258

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