BRAK-Mitteilungen 4/2025

Art. 18 I Fall 2 Brüssel Ia-VO38 38 VO (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12. 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. gegeben ist, wenn ein Verbraucher einen Reiseveranstalter nach Abschluss eines Pauschalreisevertrags vor dem Gericht des Mitgliedstaats verklagt, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz hat, und die Vertragspartner beide in dem betreffenden Mitgliedstaat ansässig sind, das Reiseziel aber im Ausland liegt.39 39 BGH, Urt. v. 26.11.2024 – X ZR 47/23, BeckRS 2024, 34838 Rn. 23 b) BRÜSSEL Ia-VO UND BREXIT-AUSTRITTSABKOMMEN Streitig ist, ob Art. 67 Ia und 126 des Brexit-Austrittsabkommens40 40 Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft v. 24.1.2020, ABl. EU Nr. L 29 S. 7 ff. v. 31.1.2020. die Anwendung der Brüssel Ia-VO und insb. Art. 6, 18 I Brüssel Ia-VO für Verfahren, die nach dem 31.12.2020 eingeleitet worden sind, ausschließen. Das OLG München hat diese Frage bejaht und das autonome Zuständigkeitsrecht der ZPO angewandt.41 41 OLG München, Endurt. v. 16.9.2024 – 17 U 1521/24 e, BeckRS 2024, 24338 Rn. 14 f. (Revision beim BGH anhängig unter Az. II ZR 112/24; OLG München, Teilund Zwischenurt. v. 20.1.2025 – 17 U 966/24, BeckRS 2025, 393 Rn. 18. Das OLGKöln42 42 OLG Köln, Urt. v. 23.5.2024 – 18 U 157/23, BeckRS 2024, 12597 Rn. 30 ff.; OLG Köln Urt. v. 27.3.2025 – 18 U 71/24, BeckRS 2025, 6407 Rn. 16 ff.; zustimmend: Jungemeyer, jurisPR-IWR 4/2024 Anm. 3 und Wiese, BKR 2024, 674 ff. und das OLG Frankfurt43 43 OLG Frankfurt, Urt. v. 4.6.2025 – 9 U 16/23. verneinen die Frage und behandelt das Vereinigte Königreich wie jeden anderen Drittstaat, gegenüber denen Art. 6, 18 I Brüssel Ia-VO Anwendung finden. c) FESTSTELLUNG DER (UN-)ZULÄSSIGKEIT DES SCHIEDSVERFAHRENS NACH § 1032 II ZPO Eine Gesellschaft hat ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des von einem ihrer Gesellschafter gegen sie eingeleiteten Schiedsverfahrens mit Blick auf Beschlussmängelstreitigkeiten entsprechend dem Anerkenntnis dieses Gesellschafters tenoriert wird, solange diese Schiedsklage weiter anhängig ist.44 44 BGH, Beschl. v. 10.10.2024 – I ZB 22/24, BeckRS 2024, 32236 Rn. 21. Das Rechtsschutzbedürfnis der Gesellschaft entfällt nicht dadurch, dass der Gesellschafter selbst einen übereinstimmenden Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens gestellt hat, solange das Schiedsverfahren weiter anhängig ist.45 45 BGH, Beschl. v. 10.10.2024 – I ZB 22/24, BeckRS 2024, 32236 Rn. 22. II. GESETZGEBUNG 1. GESETZGEBUNGSPROJEKTE DER 20. LEGISLATURPERIODE Viele der von der gescheiterten Ampel geplanten Gesetzesprojekte konnte der 20. Deutsche Bundestag in seiner durch die Vertrauensfrage des damaligen Bundeskanzlers verkürzten Legislaturperiode nicht mehr in Gesetzesform gießen; diese Projekte sind dem Diskontinuitätsgrundsatz zum Opfer gefallen wie etwa – das Gesetz zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen,46 46 Regierungsentwurf v. 5.6.2024; zum Referentenentwurf: BRAK-Stn.-Nr. 26/2024 v. April 2024; hierzu Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 258. das insb. den Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte von 5.000 Euro auf 8.000 Euro („Inflationsausgleich“) anheben sollte; – das 5. Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes,47 47 Regierungsentwurf v. 4.12.2024; hierzu Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 258 f. das insb. eine Pflicht zur Veröffentlichung von Geschäftsverteilungsplänen einführen sollte;48 48 Kritisch, weil spruchkörperinterne Geschäftsverteilungspläne von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen waren: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 258 f.; vgl. auch: BRAK-Stn.-Nr. 73/2024 von September 2024. – das Gesetz zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts,49 49 BR-Drs. 386/24; hierzu: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 259. das formfreie Schiedsvereinbarungen im Wirtschaftsverkehr ermöglichen, die Veröffentlichung von Schiedssprüchen durch das Schiedsgericht fördern, die Digitalisierung des Verfahrensrechts absichern und die Vorlage des Schiedsspruchs sowie anderer Schriftstücke in englischer Sprache im Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren erlauben sollte; – das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung,50 50 BR-Drs. 124/24; hierzu: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 259. Zum Referentenentwurf: BRAK-Stn.-Nr. 57/2023 v. Oktober 2023. das elektronische Anträge auf Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erleichtern sollte; – das Gesetz zur Zuständigkeitskonzentration der zivilrechtlichen Mobiliarvollstreckung bei den Gerichtsvollziehern und zu Zuständigkeitserweiterungen für die Rechtspfleger in Nachlass- und Teilungssachen,51 51 Referentenentwurf v. 30.9.2024. wonach der Gerichtsvollzieher künftig für die Zwangsvollstreckung in Geldforderungen zuständig sein sollte; – das Gesetz zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit,52 52 BR-Drs. 429/24; hierzu: Ultsch, BRAK-Mitt. 2024, 249, 259. das ein „einfaches, nutzerfreundliches, barrierefreies und digital unterstütztes“ Online-Verfahren am Amtsgericht einführen sollte. 2. NEUE VERFAHRENSRECHTLICHE REGELUNGEN Am 1.4.2025 ist das Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit (Justizstandort-Stärkungsgesetz)53 53 BGBl. 2024 I Nr. 302 v. 10.10.2024. in Kraft getreten. Damit große Wirtschaftsstreitigkeiten nicht weiter ins Ausland oder in die SchiedsgerichtsbarULTSCH, DIE ENTWICKLUNG DES ZIVILVERFAHRENSRECHTS BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 AUFSÄTZE 256

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