Sollte eine Syndikusrechtsanwältin oder ein Syndikusrechtsanwalt dazu verpflichtet sein, GwG-Pflichten zu erfüllen, kann es sein, dass die Betreffenden eine eigene Compliance-Struktur für ihren Tätigkeitsbereich schaffen müssen, die zumindest die ihnen als Angestellte obliegenden Pflichten abdeckt, wie z.B. die Erstellung einer Risikoanalyse gem. § 5 GwG, die Erfüllung von Sorgfaltspflichten gem. §§ 10 ff. GwG – wozu z.B. eine Risikobewertung gem. § 10 II GwG gehört –, die Beachtung von Meldepflichten gem. §§ 23a, 43 ff. GwG und die Schaffung eines Aufzeichnungs- und Aufbewahrungssystems gem. § 8 GwG.3 3 Zu den einzelnen Pflichten, die von Syndikusrechtsanwältinnen und Syndikusrechtsanwälten im Unternehmen zu erfüllen sind die Auslegungs- und Anwendungshinweise der BRAK zum GwG, 8. Aufl. 2024, Rn. 15. In Unternehmen, die ihrerseits Verpflichtete gem. § 2 GwG sind, ist die Situation für angestellte Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte – zumindest was die Befreiung von der Erfüllung von Sorgfaltspflichten gem. § 10 VIIIa GwG oder die Implementierung eines Risikomanagements gem. §§ 4 ff. GwG anbelangt – einfacher. Die Delegierung von Meldepflichten ist gem. § 45 IV GwG i.V.m. § 6 VII GwG möglich, sofern die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.4 4 Auslegungs- und Anwendungshinweise der BRAK zum GwG, 8. Aufl. 2024, Rn. 15, 172, 183. Dabei ist anerkannt, dass sich die Mitarbeitenden (Verpflichteten) die Prüfprozesse ihres Unternehmens für ihre eigene Pflichterfüllung zu eigen machen dürfen.5 5 Auslegungs- und Anwendungshinweise der BRAK zum GwG, 8. Aufl. 2024, Rn. 97. 2. SITUATION IN KANZLEIEN BEI ANWALTLICHEN ANGESTELLTEN Im Fall von angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten einer Kanzlei ergeben sich ähnliche Probleme. Hier haben nach gefestigter Verwaltungspraxis der Kammern alle an einem Mandat der Kanzlei mitwirkenden Angestellten (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte) GwG-Pflichten als Verpflichtete zu erfüllen, wenn es sich um eine Katalogtätigkeit i.S.d. § 2 I Nr. 10 GwG handelt. Die Kanzlei selbst und auch die zugelassene BAG, die sogar Mitglied der Kammer ist, ist hingegen keine Verpflichtete, soweit das GwG in § 2 I Nr. 10 GwG auf Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als natürliche Personen abstellt. In Fällen, in denen z.B. Mitarbeitende arbeitsteilig an einem Kataloggeschäft der Kanzlei mitwirken, indem sie nur zuarbeiten und einen Beitrag leisten, der für sich genommen keine Katalogtätigkeit darstellt (wie z.B. die Prüfung datenschutzrechtlicher Aspekte bei einer M & ATransaktion), werden diese dennoch als Verpflichtete behandelt, weil sie an dem Mandat ihrer Kanzlei mitwirken.6 6 Auslegungs- und Anwendungshinweise der BRAK zum GwG, 8. Aufl. 2024, Rn. 12. 3. SITUATION BEI PARTNERINNEN UND PARTNERN EINER KANZLEI Bei Partnerinnen und Partnern, die an einem Kataloggeschäft ihrer Kanzlei mitwirken, ist die Auslegungs- und Verwaltungspraxis der Kammern dieselbe: Bei gemeinsamer Bearbeitung eines Mandats i.S.v. § 2 I Nr. 10 GwG durch Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mehrerer Kanzleien oder innerhalb einer Kanzlei ist nach den Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AAH) der BRAK7 7 Wie vor, Fn. 3. und auch nach der Rechtsprechung jeder für das Mandat verantwortliche sowie (mit-)bearbeitende Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin Verpflichtete/r i.S.d. GwG, wobei auch unwesentliche Bearbeitungselemente genügen, um die Verpflichtetenstellung zu begründen.8 8 S.a. Bay. VGH, Beschl. v. 11.7.2023 – 22 ZB 21.121 Rn. 18, zuvor VG Augsburg, Urt. v. 24.9.2020 – Au 2 K 19.254, 20. Nicht ausschlaggebend sei dabei der konkrete Teilbereich der Sachbearbeitung. Die Verpflichteteneigenschaft liege auch in Fällen vor, bei denen sich eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bei einer M & A-Transaktion der Kanzlei ausschließlich um einen Aspekt kümmert, der für sich genommen keine Katalogtätigkeit i.S.d. § 2 I Nr. 10 GwG darstellt, wie z.B. die Prüfung marken- oder datenschutzrechtlicher Aspekte einer solchen Transaktion. Das Maß der Bearbeitung sei dabei ohne Relevanz, so dass auch unwesentliche Bearbeitungselemente genügen können, um eine Verpflichtetenstellung zu begründen. 4. RECHTLICHE BEWERTUNG DER SITUATION Der Großteil der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte üben ihren Beruf in größeren Einheiten aus. Dazu gehören auch bei den Kammern zugelassene Berufsausübungsgesellschaften (BAGen) i.S.d. §§ 59b ff. BRAO. Auf 172.084 Mitglieder im gesamten Bundesgebiet kommen 5.126 BAGen, 54 freiwillig zugelassene Personengesellschaften, 49 LLPs und 27.789 Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte, die in Unternehmen tätig sind.9 9 Mitgliederstatistik der BRAK zum 1.1.2025. 138.715 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind entweder als Einzelanwälte tätig oder organisieren sich in zugelassenen oder nicht zugelassenen BAGen. Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte bearbeiten Geschäfte ihres Unternehmens, in welchem sie angestellt sind, und die der mit diesem verbundenen Unternehmen. In größeren Kanzleien mit arbeitsteiliger Arbeitsweise werden GwG-Pflichten wie das Risikomanagement (§§ 4 ff. GwG) einheitlich auf Führungsebene gebündelt. Dies ist notwendig, um die Einhaltung der GwG-Pflichten in großen Einheiten zu gewährleisten und zu überwachen. Auch weitere Pflichten wie die Sorgfaltsplichten (§§ 10 ff. GwG), die Meldepflichten (§§ 23a, 43 ff. GwG) und die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 8 GwG) werden nicht alleine durch die verpflichteten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sondern mit Unterstützung des von der BAG gestellten Fachpersonals erbracht. Der Fokus der Pflichterfüllung nach dem GwG durch Rechtsanwältinnen und -anwälte bzw. Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte liegt somit in Deutschland in den Unternehmen bzw. anwaltlichen BAGen. Soweit das GwG auf die einzelnen Berufsträger als natürliche AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 249
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0