ten Anlagen und die Sitzungsprotokolle, soweit dies noch nicht ausdrücklich erfolgt ist. AUS DEN GRÜNDEN: Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kl. hat keinen Anspruch auf Beschäftigung als Syndikusrechtsanwalt, da die Bekl. diesen Anspruch bereits erfüllt. Der Kl. hat ferner keinen Anspruch auf Zahlung immateriellen Schadensersatzes. Im Einzelnen: Der Kl. hat keinen Anspruch auf Beschäftigung aus §§ 611a, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB, da die Bekl. diesen Anspruch bereits erfüllt, § 362 I BGB. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitnehmer tatsächlich und vertragsgemäß zu beschäftigen. Im Dienstverhältnis fehlt es im Gegensatz zu anderen Vertragsarten an einer gesetzlichen Pflicht für den Arbeitgeber, die vom Arbeitnehmer angebotene Dienstleistung auch tatsächlich anzunehmen (zur Abnahmepflicht beim Werkvertrag vgl. § 640 I BGB). Eine Ausnahme besteht nur für den Beschäftigungsanspruch von schwerbehinderten Menschen. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage wird ein Anspruch des Arbeitnehmers auf tatsächliche Beschäftigung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses anerkannt. Der Beschäftigungsanspruch ist richterrechtlich entwickelt worden. Das BAG hat bereits frühzeitig aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eine Beschäftigungspflicht in einem bestehenden Arbeitsverhältnis hergeleitet (vgl. BAG 10.11.1955 – 2 AZR 591/54). Dieses Ergebnis hat der Große Senat im Jahr 1985 bestätigt und als Rechtsgrundlage des Beschäftigungsanspruchs die §§ 611, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB herangezogen. Der Arbeitgeber ist zur Förderung der Beschäftigungsinteressen des Arbeitnehmers aus dem bestehenden Arbeitsvertrag verpflichtet, was sich aus der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1, 2 GG ergibt, die über § 242 BGB auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen ist (vgl. BAG 27.2.1985 – GS 1/84). Der Anspruch ist auf die vertragsgemäße Beschäftigung gerichtet. Deren Konkretisierung obliegt gem. § 106 GewO grundsätzlich dem Arbeitgeber. Dieser kann bestimmen, welche Arbeitsleistung der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsvertrags und der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen zu erbringen hat. Der Beschäftigungsanspruch räumt dem Arbeitnehmer regelmäßig nicht das Recht ein, den Arbeitsplatz selbst zu bestimmen (vgl. BAG 15.6.2021 – 9 AZR 217/20). So auch hier. Die Bekl. beschäftigt den Kl. als Syndikusvertragsgemäße Beschäftigung rechtsanwalt und erfüllt so den vorstehenden Anspruch. Die Weisung v. 28.3.2024, das Inhouse Drafting zuvor genehmigen zu lassen, führt nicht dazu, dass es an einer vertragsgemäßen Beschäftigung des Kl. fehlt. Zunächst legt der Kl. nicht dar, dass auch vor der streitgegenständlichen Weisung das Aushandeln und Entwerfen der Kreditverträge den wesentlichen Teil seiner rechtlichen Tätigkeit bildeten. Insoweit ist auch zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kl. tatsächlich auch nach der streitgegenständlichen Weisung das Inhouse Drafting – nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten Herr C – vornahm. In einer Gesamtschau der dem Kl. nach wie vor unstreitig obliegenden Aufgaben ist nicht erkennbar, dass das Arbeitsverhältnis des Kl. nicht mehr durch die wesentlichen Kriterien die § 46 III BRAO geprägt ist. Nach § 46 III BRAO ist die anwaltliche Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts von den folgenden Kriterien geprägt: – die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten, – die Erteilung von Rechtsrat, – die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insb. durch das selbstständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und – die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten. Entscheidend für die Annahme einer Prägung i.S.v. § 46 III BRAO ist, dass die anwaltliche Tätigkeit den Kern bzw. Schwerpunkt der Tätigkeit darstellt, mithin das Arbeitsverhältnis durch die anwaltliche Tätigkeit beherrscht wird (vgl. BGH, Beschl. v. 28.9.2020 – AnwZ (Brfg) 16/20). Das Gesetz schreibt dabei keinen festen prozentualen Anteil der anwaltlichen Tätigkeit vor, da neben quantitativen auch qualitative Kriterien zu berücksichtigen sind. Dennoch ergibt sich, dass im Rahmen einer Gesamtschau mindestens die Hälfte der tatsächlichen Arbeitszeit auf anwaltliche Tätigkeiten entfallen müssen, um die Voraussetzungen für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu erfüllen (vgl. BGH, Beschl. v. 9.1.2020 – AnwZ (Brfg) 11/19). Gemessen hieran verbeiben dem Kl. eine Reihe anwaltlicher Tätigkeiten bei der Bekl., die sowohl nach Umfang als auch Gewichtung beachtenswert sind und den rechtlichen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bilden. So ist der Kl. für die Bekl. im Rahmen der Beratung und der rechtlichen Absicherung von Geschäftsvorgängen für die B tätig. Diese Aufgaben verlangen von dem Kl. eine eigenverantwortliche und fundierte rechtliche Analyse sowie die Erteilung von Rechtsrat. Entgegen der Ansicht des Kl. entzieht ihm die Weisung fachliche Unabhängigkeit nicht entzogen v. 28.3.2024 auch nicht seine fachliche Unabhängigkeit. Die fachliche Unabhängigkeit fehlt gem. § 46 IV BRAO, wenn der Antragsteller an Weisungen gebunden ist, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen (vgl. Henssler/ Prütting/Prütting, 6. Aufl. 2024, BRAO § 46 Rn. 31). Die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt erfordert jedoch keinen Ausschluss jeglichen Weisungsrechts eines Arbeitgebers. Auch der selbstständige Rechtsanwalt ist nämlich nicht völlig weisungsfrei, sondern ist SYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 237
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