BRAK-Mitteilungen 3/2025

den Kl. anwendbar sei. Dies sei nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union mit Wirkung zum 31.12.2020 nicht mehr der Fall. Die Klage sei zudem unbegründet, weil der Kl. erst am 30.12.2020 als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt bei der Bekl. aufgenommen worden sei und somit nicht die gem. § 4 S. 1 Nr. 2 BRAO i.V.m. §§ 11 ff. EuRAG erforderliche dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Deutschland vorweisen könne. Eine Eingliederung scheide auch deswegen aus, weil der Kl. keine hinreichenden Kenntnisse im deutschen Recht nachgewiesen habe. Der Kl. sei zwar als registrierter Rechtsdienstleister gem. § 10 S. 1 Nr. 3 RDG berechtigt gewesen, Rechtsdienstleistungen im Common Law und im Österreichischen Informationsrecht zu erbringen. Derartige Tätigkeiten seien aber nicht als Nachweis für praktische Kenntnisse im deutschen Recht geeignet. Die vom Kl. vorgelegten Listen, in denen der Kl. seine juristischen Tätigkeiten seit dem 11.3.2001 dargelegt habe, genügten ebenfalls nicht als Qualifikationsnachweis. Sie ließen nicht erkennen, ob eine Beratung im deutschen Recht erfolgt sei und ggf. zu welchem Rechtsgebiet. Außerdem seien viele der Mandate offenbar dem persönlichen Lebensbereich des Kl. zuzuordnen. Hierzu gehöre die Beratung von Gesellschaften der „...“, an der der Kl. maßgeblich beteiligt sei, da die ... ausweislich der beim Handelsgericht hinterlegten Gesellschafterliste zu 100 % vom Kl. gehalten werde. Auch die als arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Mandate gekennzeichneten Einträge stammten aus dem persönlichen Umfeld des Kl. Stichprobenhaft habe sich gezeigt, dass z.B. der Eintrag Nr. 13 der Anl. K11 eine Wort-/Bildmarke betreffe, deren Inhaber der Kl. selbst sei. Die vom Kl. vorlegten Listen ließen im Übrigen nicht erkennen, ob bzw. welche Mandate der Kl. im Rahmen seiner Tätigkeit als angestellter Syndikusrechtsanwalt bearbeitet habe. Es sei zumindest zweifelhaft, ob diese Tätigkeiten für die Eingliederung eines niedergelassenen europäischen Rechtsanwalts berücksichtigt werden könnten, weil der Kl. als Barrister (Syndikus) nach § 206 BRAO in die Bekl. aufgenommen worden sei und damit nicht im deutschen Recht beraten dürfe. Weiter seien einige der Fälle offenbar für die Sozietät ... bearbeitet worden, in der der Kl. in seiner Eigenschaft als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt Partner sei. Es sei zumindest fraglich, ob bei einer Beratung der eigenen Sozietät diese Tätigkeiten für einen Nachweis einer effektiven und regelmäßigen Tätigkeit Berücksichtigung finden könnten. Schließlich sei nicht zu erkennen, was genau die Tätigkeit des Kl. gewesen sei. Daher sei es nicht möglich zu beurteilen, ob der Kl. „effektiv“ tätig gewesen sei. Die Bekl. behauptet des Weiteren, dass der Kl. erst seit dem 25.6.2021 als Barrister (Syndikus) erstmals zugelassen worden sei, und nicht bereits seit dem 1.7.2019. Der Antrag des Kl. auf Verleihung eines Fachanwaltstitels sei vom Vorstand der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer abgelehnt worden, da der Kl. keine ausreichenden rechtsförmlichen Verfahren und damit keine ausreichenden besonderen praktischen Erfahrungen habe nachweisen können. Im diesbezüglichen Widerspruchsverfahren hätten sich hinsichtlich vier der zunächst von der Bekl. anerkannten sechs Fälle erhebliche Bedenken ergeben, ob diese dem Kl. zugerechnet werden könnten, da der Kl. in den Akten namentlich überhaupt nicht auftauche. Auf den vom Kl. behaupteten Abschluss als Compliance Officer komme es vorliegend nicht an. Mit Schriftsatz v. 17.6.2024 hat die Bekl. dem Senat mitgeteilt, dass der Kl. mit Beschluss des BGH v. 18.4. 2024 ((AnwZ (Brfg) 45/23) kein europäischer Rechtsanwalt mehr sei, da der BGH den diesbezüglichen Widerruf der Bekl. bestätigt habe. Als ausländischer Rechtsanwalt nach § 206 BRAO sei der Kl. aber weiterhin Mitglied der Bekl. Mit Schriftsatz v. 27.9.2024 hat die Bekl. dem Gericht mitgeteilt, dass der Kl. seit dem 20.8.2024 Mitglied der RAK Frankfurt sei. Die Bekl. äußert die Ansicht, dass dies die Zuständigkeit des Gerichts unberührt lasse. Daraufhin hat das Gericht den Kl. unter Bezugnahme auf den von der Bekl. mitgeteilten Kammerwechsel um Mitteilung gebeten, ob der Kl. seine Klage aufrechterhalten wolle. Mit Schriftsatz v. 21.10.2024 hat der Kl. erklärt, ebenfalls der Auffassung zu sein, dass der Kammerwechsel die Zuständigkeit des Gerichts unberührt lasse. Unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Bekl. v. 17.6.2024 hat der Kl. zudem die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen des § 11 I EuRAG zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bereits am 31.12.2023 – mithin vor dem Eintritt der Bestandskraft des Widerrufs der Aufnahme als europäischer Rechtsanwalt – erfüllt gewesen seien. Im Übrigen hat der Kl. seinen früheren Vortrag vertieft. Das Gericht hat die Parteien daraufhin gebeten, zur Passivlegitimation der Bekl. nach dem Kammerwechsel des Kl. Stellung zu nehmen. Die Bekl. hat mit Schriftsatz v. 30.10.2024 die Annahme geäußert, weiterhin passivlegitimiert zu sein. Sie hat die Ansicht vertreten, dass es hinsichtlich der Fortführung des Klageverfahrens nicht auf eine Zustimmung der nunmehr zuständigen Rechtsanwaltskammer ankomme. Anders als im Anwendungsbereich des § 78 VwGO scheine es im Anwendungsbereich des § 112d BRAO keine Rolle zu spielen, ob eine Anfechtungs- oder eine Verpflichtungsklage vorliege. § 112d BRAO sei als Iex specialis zu § 78 VwGO anders strukturiert als dieser. Jedenfalls nach der Literatur sei daher auch im Falle einer Verpflichtungsklage nach einem Kammerwechsel die bisherige Kammer die richtige Klagegegnerin, wenn sie den ablehnenden Bescheid erlassen habe. Der Kl. hat mit Schriftsatz v. 30.10.2024 die Ansicht vertreten, dass der Kammerwechsel unerheblich sei, da der Kl. bereits zum 31.12.2023 die Voraussetzungen einer Eingliederung erfüllt habe. Er hat zudem darauf BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 231

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