legt noch ist ein solcher ersichtlich. Auch der Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen greift nicht ein. Es ist nämlich nicht ersichtlich, wie die o.g. Verschärfungen der Wortwahl der legitimen eigenen Interessenwahrnehmung dienen könnten und/oder sollten. [29] 2. Der angeschuldigte Rechtsanwalt hat weiterhin Verstoß gegen §56BRAO gegen § 56 I BRAO verstoßen, indem er es abgelehnt hat, der Aufforderung des Vorstandes der RAK B. nachzukommen und seine Handakte vorzulegen. Spätestens mit der Aufforderung des Vorstandes der RAK an den Rechtsanwalt, sich zu einem erhobenen Vorwurf zu äußern, befindet sich das Verfahren im Stadium der Vorermittlungen bzgl. eines eventuellen berufsgerichtlichen Verfahrens. Nach Ansicht des Senats wurde der angeschuldigte Rechtsanwalt in ausreichendem Maße über sein Recht zur Aussageverweigerung sowie zur Nichtvorlage seiner Handakten belehrt. Die Hinweispflicht nach § 56 I 3 soll der drohenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Anwalts, nämlich des Rechts, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, vorbeugen. An die Hinweispflicht sind daher strenge Anforderungen zu stellen. Der Betroffene muss klar und inhaltlich eindeutig in verständlicher Sprache über seine Rechte unterrichtet werden. Der Hinweis auf das Auskunftsverweigerungsrecht muss beschreibend in Worten, möglichst mit dem Gesetzeswortlaut, erfolgen. Insbesondere muss der Hinweis auf berufsrechtliche Konsequenzen erfolgen, wenn er es unterlässt, sich auf das Auskunftsverweigerungsrecht ausdrücklich zu berufen, dass es also einen Pflichtenverstoß darstellt, einfach nicht zu antworten. Mit dem bloßen Hinweis auf die Rechtsnorm des § 56 I 2 und 3 werden die Anforderungen an die Hinweispflicht nicht erfüllt (Weyland/Nöker, 11. Aufl. 2024, § 56 BRAO Rn. 35). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe, genügt die Belehrung der RAK B. mit Schreiben v. 28.12.2020, welches ausführlich über das Auskunftsverweigerungsrecht belehrt. Auch in den folgenden Schreiben – im Rahmen des einheitlichen Auskunftsbegehrens (s. dazu Scharmer, in Hartung/Scharmer, § 56 BRAO Rn. 36) – wird ausdrücklich auf die in diesem Schreiben erteilte Belehrung verwiesen. Nach Ansicht des Senats ist die Belehrung durch den Verweis ausreichend erfolgt und umfasste auch die Belehrung, dass die Handakte nicht vorzulegen sei, falls ein Verweigerungsgrund nach § 56 I 3 BRAO vorläge und der Rechtsanwalt sich hierauf beruft. [30] Der angeschuldigte Rechtsanwalt beruft sich in keine Berufung auf Auskunfts- oder Vorlageverweigerungsrecht seinen Schreiben an die RAK B. nicht – auch nicht konkludent – auf sein Auskunfts- oder Vorlageverweigerungsrecht, sondern trägt lediglich vor, er hätte selbstverständlich die Handakte vor der Übersendung verändert und aus diesem Grunde würde eine Übersendung keinen Sinn ergeben. Das Ansinnen der RAK sei eine „Unverschämtheit“, die nur seine kostbare Zeit in Anspruch nehme. Auch in die Formulierung: [31] „Ich bin aber nicht bereit, der Rechtsanwaltskammer meine Akte zu übersenden, damit der Beschwerdeführerin so die ihr obliegende Darlegungs- und Beweislast abgenommen wird.“ [32] kann man im Gesamtkontext der E-Mail kein (konkludentes) Berufen auf sein Auskunfts- oder Vorlageverweigerungsrecht hineininterpretieren, da er in der E-Mail die „(Un)Sinnhaftigkeit“ der Übersendung in den Vordergrund stellt und mit der hier getätigten Aussage lediglich die Haltlosigkeit der Vorwürfe untermauern will. [33] Eine Berufung auf das Vorlageverweigerungsrecht hat auch in der Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgericht B. nicht stattgefunden. [34] Es kann dahingestellt bleiben, ob die in der Hauptverhandlung am 7.3.2025 Erklärung des Verteidigers, dass sich der angeschuldigte Rechtsanwalt nunmehr auf sein Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht berufe, überhaupt rückwirkende Wirkung hat, denn die bloße Äußerung ist nicht ausreichend. Es bedarf – zumindest nach bisher nicht erfolgter Berufung auf dieses Recht und bereits umfangreich getätigter Aussagen in dem Verfahren – einer zumindest ansatzweisen Substantiierung, auf welches der unterschiedlichen Verweigerungsrechte die Auskunfts- oder Vorlageverweigerung gegründet werden soll. Die Notwendigkeit dieser Substantiierung folgt schon daraus, dass es möglich sein muss, zu prüfen, ob der Grund für die Auskunftsverweigerung besteht bzw. möglicherweise beseitigt werden kann (siehe Hamburgischer AGH, BeckRS 2016, 131578). Dieser Anforderung genügte die pauschale Berufung des Verteidigers keinesfalls. [35] Die Entscheidung über die Frage, ob die Vorlage der Handakte sachdienlich ist oder nicht, obliegt sodann nicht dem Rechtsanwalt, sondern dem Kammervorstand. Ihm ist bei der Frage, ob er in Beschwerdeund Aufsichtssachen von seinen Mitgliedern eine Auskunft gem. § 56 I BRAO anfordert, ein weites Ermessen eingeräumt. Es kann nicht von ihm verlangt werden, in jedem Einzelfall zunächst abschließend darüber zu beraten und zu beschließen, ob eine Beschwerde gegebenenfalls auch ohne die Einholung einer Auskunft des Rechtsanwalts abgewiesen werden könnte (vgl. AGH Baden-Württemberg, BeckRS 2016, 18267). Vergleichbares gilt für die Frage einer Vorlage der Handakte. Es liegt auch kein rechtlich relevanter Irrtum vor, wenn der angeschuldigte Rechtsanwalt meint, er habe aus Gründen der allgemeinen Beweis- und Darlegungslast ein Zurückbehaltungsrecht. § 50 I BRAO dient zwar vor allem dem Rechtsanwalt selbst, aber auch dem Mandanten, der die Handakte als Beweismittel nutzen darf und mit ihr ein Beweismittel für ein etwaiges Fehlverhalten des Anwalts erhält (BGH, NJW 2018, 2319; BeckOK BRAO/Günther, § 50 BRAO Rn. 8-13). [36] Das gegen die nach seiner Ansicht unrechtmäßige Anfrage der RAK eingewendete Argument des angeschuldigten Rechtsanwalts, dass er im Zweifel das in ReBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 227
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