neues Berufsrecht nach den Bastille-Entscheidungen und der Bedeutungszuwachs der Europäischen Union im letzten Jahrzehnt in der Jahrtausendwende brachten Veränderungen für die Anwaltschaft und deren Selbstverwaltung mit sich, denen die BRAK sich stellen musste. Eberhard Haas übernahm diese Verantwortung mit Hingabe, Entschlossenheit und Weitsicht. Haas unterstützte persönlich den Aufbau der Selbstverwaltung in den neuen Bundesländern. Dies war Pionierarbeit, denn die alten Strukturen zerfielen und zugleich musste Vertrauen aufgebaut werden. Die Anwaltschaft und deren Kollegien in der ehemaligen DDR mussten eingebunden und ein Neuanfang gemacht werden. Mit der Auflösung der alten Kollegien im Herbst 1990 bestand die Notwendigkeit, schnell eine neue Form der Selbstverwaltung voranzutreiben. Eberhard Haas ging auf die neuen Kolleginnen und Kollegen zu und verstand diese. Er sorgte für sachliche und personelle Unterstützung der fünf neuen Rechtsanwaltskammern. In seiner Präsidentschaft wurde der erste frei gewählte Präsident der Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern, Dietrich Schümann, bereits 1996 Vizepräsident der BRAK. Dies war Haas ein besonderes Anliegen, um Augenhöhe zwischen Ost und West in der Hauptversammlung herzustellen. Die Einheit der deutschen Anwaltschaft ist auch ein Verdienst von Eberhard Haas. Die 1990er Jahre waren das Jahrzehnt des neuen Berufsrechts. Die BRAO-Novelle von 1994 führte zu Veränderungen, aber nicht zu Verschlechterungen der Rahmenbedingungen des anwaltlichen Berufsrechts. Die Übertragung von Regulierungsaufgaben auf die Satzungsversammlung war ein Zeichen des Vertrauens des Rechtsausschusses des Bundestags in die Selbstverwaltung. Dass dieses Vertrauen nicht missbraucht wurde, war eine Leistung von Eberhard Haas. Es war nicht leicht, in den Gründungsjahren die Satzungsversammlung zu organisieren und zu leiten, so dass die Aufgabenzuweisung an das Anwaltsparlament gelingen konnte. Haas sorgte mit Disziplin dafür und war als anerkannter Versammlungsleiter in allen Lagern der Satzungsversammlung Vorbild. Ein weiteres wichtiges Anliegen war ihm die Übertragung des Zulassungswesens auf die Anwaltschaft. Haas hielt es für nicht vermittelbar, dass eine unabhängige Anwaltschaft förmlich der Aufsicht der Gerichte unterlag. Ganz im Sinn von Gneis hielt er eine Freie Anwaltschaft nur für wirklich frei und staatsfern, wenn ihre Selbstverwaltung die Zulassungsverfahren und nicht die Gerichte diese betrieb. Was heute selbstverständlich ist, musste erkämpft werden – durch Eberhard Haas! Die Unabhängigkeit und Freiheit der Anwaltschaft waren Überzeugung von Eberhard Haas. Deshalb vertrat er schon damals die Auffassung, dass der Anwaltsberuf im Grundgesetz verankert sein müsse. Seine vorletzten Akzente in Heft 3 der BRAK-Mitteilungen von 1999 widmete Haas diesem grundlegenden Thema. Anlass seiner Forderung war das 50-Jährige Verfassungsjubiläum und die seinerzeit von der BRAK veranstaltete Ausstellung „50 Jahre Grundgesetz – In bester Verfassung?!“ informierte über die Bedeutung der Anwaltschaft für die Bürger bei der Durchsetzung der in unserer Verfassung garantierten Grundrechte. Zum Selbstverständnis von Haas gehörte auch das Bekenntnis für Verantwortung der Anwaltschaft. Der Aufbau von Beziehungen zur israelischen Anwaltschaft war ihm ein dringliches Anliegen. Er war es, der den Kontakt zur Israel Bar herstellte und mit seinem Präsidentenkollegen Shlomo Cohen eine persönliche Freundschaft entwickelte, die dann in gegenseitigen Besuchen beider Präsidien fortgesetzt und in einem Freundschaftsvertrag zwischen Israel Bar und BRAK mündete. Ebenso wie der Austausch mit Israel war Haas der Kontakt nach Europa wichtig. Er erkannte frühzeitig die zunehmende Bedeutung der europäischen Gesetzgebung und setzte sich für den Aufbau eines Büros in Brüssel ein. Seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass die BRAK heute bei allen Institutionen des europäischen Gesetzgebungsverfahren in Brüssel gut aufgestellt ist und die Gesetzgebung dort effizient im Interesse der deutschen Anwaltschaft begleitet. Die Bundesrechtsanwaltskammer verliert mit Dr. Eberhard Haas einen herausragenden Präsidenten, einen wegweisenden Vertreter der deutschen Anwaltschaft und überzeugten Verfechter ihrer Selbstverwaltung. Wir sind ihm zu höchstem Dank verpflichtet. PERSONALIEN BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 221
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0