BRAK-Mitteilungen 3/2025

STICHWORT BERUFSRECHT SYNDIKUSRECHTSANWALT Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1.1.2016 als Reaktion auf die Entscheidung des BSG1 1 BRAK-Mitt. 2014, 265 mit Anm. Krenzler. von 2014 eine gesetzliche Regelung für Syndikusrechtsanwälte geschaffen.2 2 BGBl I 2015, 2517. Angestellte Assessoren, die neben ihrer Tätigkeit für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber als Rechtsanwälte zugelassen waren, wollten sich als Angestellte von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 I 1 Nr. 1 SGB VI aufgrund ihrer freiberuflichen Anwaltstätigkeit befreien lassen. Ziel war es, ihre Altersversorgung über die Versorgungswerke der Rechtsanwälte sicherzustellen. Zugrunde lag dem die Doppelberufstheorie: Der niedergelassene Rechtsanwalt geht als Angestellter und als freier Rechtsanwalt zwei Berufen nach. Das BSG sah für eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für angestellte Assessoren, die im Zweitberuf Rechtsanwälte waren, keine gesetzliche Grundlage. Der Gesetzgeber hat diese sozialversicherungsrechtliche Frage durch die Schaffung des Syndikusrechtsanwalts gelöst. Die Rentenversicherungsträger sind an die Zulassungsentscheidung der Rechtsanwaltskammern bei der Befreiung von der Versicherungspflicht gebunden, haben aber ein eigenes Anfechtungsrecht gegen die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt (§ 46a II BRAO). Die Zulassung des Syndikusrechtsanwalts ist in § 46a BRAO gesondert geregelt. Neben den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen aus §§ 4, 7 BRAO muss der Syndikusrechtsanwalt zusätzlich die Voraussetzungen des § 46 II-V BRAO erfüllen. Dabei wird die Zulassung bezogen auf eine konkrete Tätigkeit, also tätigkeitsbezogen, erteilt. Sofern die konkrete Tätigkeit nicht mehr die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, ist die Zulassung gem. § 46b II 2 BRAO zu widerrufen. Daher hat der Syndikusrechtsanwalt der Rechtsanwaltskammer auch jede tätigkeitsbezogene Änderung des Arbeitsvertrages und jede wesentliche Änderung der Tätigkeit innerhalb des Arbeitsverhältnisses anzuzeigen, § 46b IV BRAO. Das Arbeitsverhältnis des Syndikusrechtsanwalts muss zunächst durch die Merkmale des § 46 III BRAO geprägt sein (Objekt der Tätigkeit). Zu den Aufgaben des Syndikusrechtsanwalts gehört danach die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten (Nr. 1), die Erteilung von Rechtsrat (Nr. 2), die Ausrichtung auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen oder auf die Verwirklichung von Rechten (Nr. 3) und die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten (Nr. 4). Eine Tätigkeit wird von diesen Merkmalen geprägt, wenn das Arbeitsverhältnis von ihnen quantitativ und qualitativ beherrscht wird. Ein Anteil von 65 % der anwaltlichen Tätigkeit liegt dabei am unteren Rand des für die anwaltliche Prägung Erforderlichen. Die Zulassung setzt weiterhin voraus, dass die Tätigkeiten fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausgeübt werden (Modus der Tätigkeit). Eine fachlich unabhängige Tätigkeit ist nach § 46 III 1 BRAO nicht gegeben, wenn sich der Syndikusrechtsanwalt an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Zur Art und Weise der Bearbeitung von Rechtsfragen dürfen einem Syndikusrechtsanwalt keine Vorgaben gemacht werden. Organisatorische Weisungen, wie Tätigkeiten unter einen Genehmigungsvorbehalt zu stellen, greifen nicht in die fachliche Unabhängigkeit ein, da keine fachlichen Vorgaben gemacht werden (ArbG Frankfurt, Urt. v. 28.1.2025 – 24 Ca 5262/24, BRAK-Mitt. 2025, 235 – in diesem Heft). In ihrer Befugnis zur Beratung und Vertretung ist der Syndikusrechtsanwalt auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitsgebers beschränkt, § 46 V BRAO. Über seinen eigenen Arbeitgeber hinaus, darf der Syndikusrechtsanwalt Konzernunternehmen beraten. Ist der Syndikusrechtsanwalt bei einem der in § 59c I 1 Nr. 1 bis 3 BRAO genannten Arbeitgeber angestellt, darf sein Arbeitgeber die Rechtsdienstleistung z.B. nach § 5 RDG (Rechtsdienstleistung als Nebentätigkeit) durch den Syndikusrechtsanwalt erbringen lassen. Geregelt wird hier insb. die Rechtsberatung von Angestellten eines Steuerberaters und eines Wirtschaftsprüfers. Der Syndikusrechtsanwalt erbringt die Leistung allerdings nicht in seiner Eigenschaft als Syndikusrechtsanwalt und muss hierauf gesondert hinweisen. Der zugelassene Syndikusrechtsanwalt übt seinen Beruf unter der Bezeichnung Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) bzw. Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) aus, § 46a IV Nr. 3 BRAO. Das anwaltliche Berufsrecht der Syndikusrechtsanwälte unterscheidet sich von dem der Rechtsanwälte in einer Reihe von Punkten. Dem Syndikusrechtsanwalt steht kein Zeugnisverweigerungsrecht zu, auch das Beschlagnahmeverbot greift nicht. Seinen Arbeitgeber darf er vor Gericht nur dort vertreten, wo sich dieser selbst vertreten könnte. Im Strafprozess und Ordnungswidrigkeitsverfahren ist die Vertretung des Arbeitgebers und seiner Mitarbeiter gänzlich ausgeschlossen. Syndikusrechtsanwälte können sich zusätzlich als Rechtsanwalt nach § 4 BRAO zulassen, also neben ihrer Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt als niedergelassener Rechtsanwalt tätig sein. Allerdings darf er auch als nach § 4 BRAO zugelassener Rechtsanwalt seinen BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 STICHWORT BERUFSRECHT 208

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