BRAK-Mitteilungen 3/2025

„übliche Übertragungszeit“ zugrunde legte. Der BayVGH will das hier offenbar auch tun und bezweifelt sogar, dass 20 Minuten ausreichend wären – dabei dauert die Übertragung von Dateien regelmäßig nur wenige Sekunden. Entscheidungserheblich war indes in beiden Fällen, dass dem Prozessbevollmächtigten angelastet wurde, dass er keine Ersatzeinreichung per Fax versucht hatte. Der BayVGH „reitet“ auf der seiner Meinung nach zu spät begonnenen Übertragung herum und meint, in dieser Situation habe es die anwaltliche Sorgfalt geboten, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 55d S. 3 VwGO rechtzeitig von den durch diese Norm eröffneten Möglichkeiten Gebrauch zu machen und insbesondere eine Übermittlung per Telefax vorzunehmen. Mit dem Verweis auf das fehlende Gerät im Homeoffice könne der Bevollmächtigte in dieser Situation angesichts seiner Sorgfaltspflichten nicht durchdringen. Nimmt man diese Anforderung ernst, müsste jeder Rechtsanwalt an jedem Arbeitsplatz ein zusätzliches Faxgerät stehen haben. Das kann nicht Sinn des elektronischen Rechtsverkehrs sein. Das OLG Frankfurt weist insoweit auch zurecht auf die BGH-Rechtsprechung2 2 BGH, Beschl. v.17.12.2020 – III ZB 31/20. hin, dass im Grundsatz ein Rechtsanwalt sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf einrichten darf, einen Schriftsatz auf einem bestimmten Weg – hier per beA – zu übermitteln. Scheitert die Übermittlung an einem unerwarteten Defekt, kann vom Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verlangt werden, innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte, vom Gericht offiziell eröffnete Zugangsart sicherzustellen. Die Ersatzeinreichung muss zumutbar sein. Das OLG Frankfurt ließ die Wiedereinsetzung nur daran scheitern, dass der Klägervertreter trotz des ausdrücklichen Hinweises des Senats auf § 130d S. 2 ZPO nicht vorgetragen hatte, dass ihm die Ersatzeinreichung unzumutbar war, etwa weil ihm weder Fax noch Computerfax zur Verfügung standen oder er diese Übermittlungswege zuvor nicht aktiv genutzt hatte. Wie so häufig hätte die Sache hier durch ausreichenden Vortrag womöglich gerettet werden können. Zum Wiedereinsetzungsantrag gehört dann auch noch die unverzügliche Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit, wobei das OLG Frankfurt hieran keine hohen Anforderungen stellt – aber zu diesem Punkt sind die Gerichte ebenfalls unterschiedlich streng. (ju) EINGANGSBESTÄTIGUNG IN BÜROSOFTWARE REICHT NICHT 1. Die Anzeige einer Büroverwaltungssoftware reicht zur Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments gem. § 130a V 2 ZPO nicht aus. 2. Für den Nachweis des rechtzeitigen Zugangs ist die Sicherung einer Eingangsbestätigung nach § 130a V 2 ZPO erforderlich. (eigene Ls.) BGH, Beschl. v. 11.3.2025 – XI ZB 17/24 Der Prozessbevollmächtigte hatte die Berufungsbegründung am Tag des Fristablaufs am 5.12.2022 aus dem beA an das zuständige Berufungsgericht übersandt. Mit Verfügung vom 12.4.2024 (!) wies die Vorsitzende des Berufungsgerichts die Klägerin darauf hin, dass die Berufungsbegründung erst am 12.12.2022 und damit verspätet bei Gericht eingegangen sei. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin legte daraufhin ein nicht vom Berufungsgericht erstelltes, mit „Zustellbestätigung“ überschriebenes Schriftstück vor, nach dem die Berufungsbegründung am 5.12.2022 versandt worden sei. Es handelte sich um eine Bestätigung aus der Kanzleisoftware, nicht um die automatisierte Eingangsbestätigung nach § 130a V 2 ZPO. Das reichte dem Berufungsgericht nicht aus. Der Prozessbevollmächtigte machte geltend, dass nach Ablauf von über zwei Jahren Zugangsnachweise im beA-Onlineportal nicht mehr verfügbar seien und daher nicht vorgelegt werden könnten. Sie würden automatisch nach wenigen Wochen gelöscht. Der Umstand, dass der Nachweis aufgrund des späten Hinweises des Gerichts nicht mehr vorgelegt werden könne, könne nicht zulasten der Klägerin gehen. Das lässt der BGH nicht gelten: Nur die Eingangsbestätigung nach § 130a V 2 ZPO biete Gewissheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Die Pflicht, den Versandvorgang zu überprüfen, bestehe auch dann, wenn der elektronische Rechtsverkehr über die Schnittstelle eines Büroverwaltungsprogramms abgewickelt wird. Dem Berufungsgericht könne auch nicht vorgeworfen werden, dass es versäumt habe, die Klägerin so rechtzeitig auf den ausweislich des Prüfvermerks verspäteten Eingang der Berufungsbegründung hinzuweisen, dass für die Klägerin noch die Möglichkeit bestanden hätte, die Zugangsnachweise aus dem beA ihres Prozessbevollmächtigten zu sichern und so den rechtzeitigen Zugang nachzuweisen. Es sei in jedem Fall zweckmäßig, für den späteren Nachweis die Eingangsbestätigung vor der Löschung im beA an anderer Stelle zu sichern. Man kann es also nicht oft genug wiederholen: Nur die Eingangsbestätigung im beA ist maßgeblich und muss kontrolliert werden. Sie sollte zudem an geeigneter Stelle außerhalb des beA abgespeichert werden. (ju) HINWEIS DER REDAKTION: Beim Export einer versendeten Nachricht aus dem beA z.B. in das Kanzleimanagementprogramm werden auch Daten zum Absender, zum Empfänger und zum Versand- und Zugangszeitpunkt exportiert. Mit der Export-Datei lässt sich also der vollständige und rechtzeitige Zugang von Nachrichten auf der Empfangseinrichtung des Gerichts auch dann noch sicher nachweisen, wenn die Nachricht im beA bereits gelöscht wurde. Eine Anleitung zum manuellen Exportieren von Nachrichten finden Sie hier. JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 205

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