ERFOLGSHONORAR UND KOSTENFINANZIERUNG IN DER ANWALTLICHEN PRAXIS RECHTSANWÄLTINNEN DANIELA NEUMANN UND DR. TANJA NITSCHKE, MAG. RER. PUBL.* * Die Autorin Neumann ist Rechtsanwältin in Berlin und Referentin im Berliner Büro der BRAK. Die Autorin Nitschke ist Rechtsanwältin in Karlsruhe und Geschäftsführerin im Berliner Büro der BRAK; sie ist Schriftleiterin der BRAK-Mitteilungen und des BRAK-Magazins. Durch das sog. Legal Tech-Gesetz wurden zum 1.10. 2021 die bislang beschränkten gesetzlichen Möglichkeiten für Anwältinnen und Anwälte, erfolgsbasierte Honorare zu vereinbaren und Kosten ihrer Mandantschaft zu übernehmen, gelockert. Das Gesetz war stark umstritten, auch die BRAK hatte wiederholt Kritik daran geäußert. Der Bundestag beschloss deshalb zusammen mit dem Gesetz eine Reihe von Prüfbitten sowie die Pflicht, das Gesetz nach drei Jahren zu evaluieren. Im Rahmen dieser Evaluation hat die BRAK Anwältinnen und Anwälte nach ihren praktischen Erfahrungen mit Erfolgshonoraren und Prozessfinanzierung befragt. Unabhängig davon befasste sich auch die STAR-Untersuchung 2024 damit, wie die Anwaltschaft die neuen Möglichkeiten von Erfolgshonoraren nutzt. Die Autorinnen erörtern und bewerten die Ergebnisse beider Befragungen. I. DIE DISKUSSION UM DAS LEGAL TECH-GESETZ Dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt (kurz: Legal TechGesetz) vom 10.8.2021 ging eine intensive rechtspolitische Diskussion voraus, die sich insb. um das in § 49b II BRAO normierte Verbot von Erfolgshonoraren drehte. Manche sehen in dem Verbot einen strukturellen Wettbewerbsnachteil von Anwältinnen und Anwälten gegenüber Legal Tech-Anbietern, denen es, anders als der Anwaltschaft, erlaubt ist, Kostenrisiken der Mandanten zu übernehmen.1 1 Vgl. etwa Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe Legal Tech, 51. Daher wurde von dieser Seite eine Lockerung des Verbots gefordert. Die BRAK kritisierte dies u.a. deshalb, weil damit die Rechtsdurchsetzung für Verbraucher im Ergebnis teurer und der Zugang zum Recht durch Legal Tech-Inkassodienstleister faktisch auf wirtschaftlich für diese attraktive Fälle beschränkt wird. Kritisch sah die BRAK zudem, dass durch die eingeschränkte Öffnung des Erfolgshonorars die Unabhängigkeit der Anwaltschaft sowie das System der Kostenerstattung und der Prozesskostenhilfe beeinträchtigt wird. Eine Evaluation insb. der Regelungen zum Erfolgshonorar hatte die BRAK angemahnt.2 2 S. dazu BRAK-Stn.-Nr. 10/2021 sowie BRAK-Stn.-Nr. 81/2020. Das Legal Tech-Gesetz trat am 1.10.2021 in Kraft, nachdem es Ende Juni 2021 vom Bundestag verabschiedet, vom Bundesrat gebilligt und am 17.8.2021 im Bundesgesetzblatt3 3 BGBl. I 2021, 3415. verkündet worden war. Zusammen mit dem Gesetzesbeschluss fasste der Bundestag zudem vor dem Hintergrund der kontroversen Diskussionen eine Entschließung,4 4 BT-Drs. 19/30495, 7. in der er den Bedarf feststellte, die Praxis weiter zu beobachten und noch ausstehende Entscheidungen des BGH zum Rechtsdienstleistungsrecht einzubeziehen; zudem gelangte er zu dem Ergebnis, dass die Aufsicht über registrierte Inkassodienstleister bei einer zentralen Stelle auf Bundesebene gebündelt werden müsse. Dies wurde durch das Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe5 5 BGBl. 2023 I Nr. 64 v. 15.3.2023. umgesetzt, das mit Wirkung ab dem 1.1.2025 die Aufsicht zentral dem Bundesamt für Justiz zuweist, ohne allerdings die bestehenden Unklarheiten in Bezug auf die Auslegung des Rechtsdienstleistungsbegriffs zu klären.6 6 Zur Kritik hieran s. BRAK-Stn.-Nr. 25/2022. Der Bundestag bat die Bundesregierung ferner, zu prüfen, ob die Kohärenz zwischen den berufsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsanwaltschaft einerseits und andere Rechtsdienstleister andererseits Anpassungen im Hinblick auf weitere Anforderungen (beispielsweise Verschwiegenheitspflichten) notwendig macht. Zudem sollen die Lockerungen bei der Möglichkeit, Erfolgshonorare zu vereinbaren und Kosten zu übernehmen, nach Ablauf von drei Jahren evaluiert werden. Weitere Prüfbitten betreffen die Regelungen für Inkassodienstleister u.a. im Hinblick auf deren Sachkundeanforderungen. II. DIE BEFRAGUNGEN Die beiden Befragungen wurden in unterschiedlichem Kontext durchgeführt. 1. BRAK-UMFRAGE ZUR EVALUIERUNG DES LEGAL TECH-GESETZES Vor dem Hintergrund der Prüfbitten und des Evaluierungsauftrags wandte sich das Bundesministerium der Justiz (BMJ) im November 2024 an die BRAK, um die Erfahrungen der Anwaltschaft mit den durch das Legal Tech-Gesetz geschaffenen Regelungen zu eruieren. Der Evaluierungsauftrag umfasst zum einen, in welchem Umfang die Anwaltschaft von den neuen Möglichkeiten zur Vereinbarung von Erfolgshonoraren seit dem 1.10. 2021 Gebrauch gemacht hat und ob dabei in bestimmten Konstellationen, wie z.B. bei der Vereinbarung eines Anteils an der Streitforderung als Erfolgshonorar (quota NEUMANN/NITSCHKE, ERFOLGSHONORAR UND KOSTENFINANZIERUNG IN DER ANWALTLICHEN PRAXIS AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 181
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