BRAK-Mitteilungen 3/2025

AUFSÄTZE DAS NEUE VERGÜTUNGSRECHT AB JUNI 2025 RECHTSANWALT DIRK HINNE* * Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, für Sozialrecht und für Versicherungsrecht in Dortmund. Er ist Vorsitzender des BRAK-Ausschusses Rechtsanwaltsvergütung. Am 1.6.2025 treten die Änderungen des RVG durch das Gesetz zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern sowie zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetze und des Justizkostenrechts (KostBRÄG 2025) in Kraft. Welche Änderungen bringt die neue gesetzliche Regelung und was müssen gesetzlich abrechnende Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Bezug auf sie beachten? I. GESETZGEBUNGSVERFAHREN Die Anpassung der gesetzlichen Vergütung stand in der 20. Legislaturperiode unter keinem guten Stern. Nachdem der damalige Justizminister Marco Buschmann eine Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung noch in der damaligen Legislaturperiode und ein Inkrafttreten zum 1.1.2025 angekündigt hatte, bestand eine große Erwartungshaltung in der Anwaltschaft. Immerhin waren die letzten Anpassungen erst nach Ablauf von zwei Legislaturperioden vorgenommen worden und die letzte Anpassung 2021 war weit hinter den eigentlichen Erfordernissen zurückgeblieben. Bundesrechtsanwaltskammer und Deutscher Anwaltverein nahmen daher nach intensiver und schneller Abstimmung eines gemeinsamen Forderungskatalogs1 1 BRAK-Stn.-Nr. 51/2023. zügig die Verhandlungen mit dem Justizministerium auf. Dabei war klar, dass dieses Mal neben den linearen Anpassungen auch strukturelle Anpassungen erforderlich wären. Insbesondere im Familienrecht waren die festgeschriebenen Gegenstandswerte über Jahrzehnte nicht angepasst worden. Die Vergütungen blieben daher bei vermehrtem Aufwand (z.B. wegen der Begleitung der Kindschaftssachen durch Sachverständigen-Begutachtungen) hinter dem noch Angemessenen zurück. Auch im strafrechtlichen Bereich sah der Forderungskatalog Anpassungen an die Rechtswirklichkeit, zum Beispiel durch die Schaffung einer eigenen Gebühr für das immer umfangreicher und bedeutender werdende Zwischenverfahren (bedingt durch die Überlastung der Staatsanwaltschaften) und eine Erstreckungsregelung für die Vergütung des beigeordneten Zeugenbeistands auf die Tätigkeiten außerhalb der Vernehmung vor. Wegen der Einzelheiten verweise ich auf die Erläuterung des Forderungskatalogs durchWitte.2 2 Witte, BRAK-Mitt. 2023, 370. Die Verhandlungen gestalteten sich wegen des ganz erheblichen Widerstands der Länder äußerst zäh. Die Justizministerinnen und -minister der Länder sahen sich dem Problem gegenüber, nicht nur die steigenden Kosten der Prozesskostenhilfe durch die Anpassung des RVG kompensieren zu müssen, sondern auch die noch länger überfälligen Anpassungen des JVEG und des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes, die nach der Vorstellung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) in einem Paket geschürt werden sollten. Die in den Verhandlungen erreichten Kompromisse sahen eine Anpassung der nicht wertabhängigen Betragsrahmengebühren um 9 %, sowie der wertabhängigen Gebühren um 6 % bei gleichzeitigen strukturellen Verbesserungen insb. im Familienrecht vor. Unter Berücksichtigung der strukturellen Anpassungen und der Streitwertsteigerungen durch die Inflation seit 2021 entspricht die Anpassung der wertabhängigen Gebühren ebenfalls in etwa einem Wert von 9 %. Das entspricht nach den Berechnungen des BMJ auch der durchschnittlichen Lohnentwicklung seit 2021. Die unzureichende Anpassung von 2021 konnte nicht aufgeholt werden; ebenso wenig waren die Verbesserungen im Strafrecht durchsetzbar. Das Verhandlungsergebnis war daher zwar nicht unbedingt enttäuschend, aber eben auch nicht übermäßig beglückend. Der Verwirklichung dieses Kompromissergebnisses war jedoch bis zuletzt unsicher. Erst verhinderten Streitigkeiten in der Koalition, dass der fertige Gesetzentwurf in den Bundestag kam, dann ergaben sich durch den Bruch der Koalition unkalkulierbare Hindernisse für den Gesetzentwurf. Erst auf die letzte Minute passierte der Gesetzentwurf in der letzten Sitzung der 20. Legislaturperiode am 31.1.2025 den Bundestag3 3 Dazu Nachr. aus Berlin 3/2025 v. 5.2.2025 und in der Sitzung am 21.3.2025 den Bundesrat.4 4 Dazu Nachr. aus Berlin 7/2025 v. 2.4.2025. Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt5 5 BGBl. 2025 I Nr. 109 v. 10.4.2025. trat die Gebührenanpassung nun zum 1.6.2025 in Kraft. II. WELCHE MANDATE SIND VON DEN ÄNDERUNGEN BETROFFEN? Die ungeänderte Übergangsvorschrift des § 60 RVG sieht vor, dass das RVG in der alten Fassung anzuwenden ist, wenn der unbedingte Auftrag für die AngeleHINNE, DAS NEUE VERGÜTUNGSRECHT AB JUNI 2025 BRAK-MITTEILUNGEN 3/2025 AUFSÄTZE 178

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