BRAK-Mitteilungen 2/2025

half der Beschwerde mit Verfügung v. 13.6.2024 nicht ab. Unter dem 19.6.2024 nahm die Steuerfahndungsstelle bei dem Finanzamt N.-Süd zum Beschwerdevorbringen Stellung. Am 28.6.2024 versandte die Bußgeldund Strafsachenstelle bei dem Finanzamt N.-Süd ein Aktendoppel per Daten-CD an die Verteidigerin zwecks Akteneinsicht. Mit Schriftsatz v. 26.7.2024 ergänzte die Verteidigerin die Beschwerdebegründung. Unter dem 21.8.2024 ergänzte die Steuerfahndungsstelle bei dem Finanzamt N.-Süd ihr Gegenvorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen v. 19.6., 26.7. und 21.8.2024 verwiesen. [12] II. Die Beschwerde ist teilweise zulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie auch begründet. [13] 1.a) Die Beschwerde ist gem. § 304 I StPO zulässig, soweit sie sich gegen die angeordnete Durchsuchung richtet. Prüfungsmaßstab bleibt im Beschwerdeverfahren allerdings die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses (MüKoStPO/Hauschild, 2. Aufl. 2023, StPO § 105 Rn. 41c m.w.N.). [14] Weil das Verfahren im Stadium der Durchsicht nach § 110 StPO noch einen Teil der Durchsuchung nach § 102 oder § 103 StPO bildet (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschl. v. 20.11.2019 – 2 BvR 31/19; BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 20.9.2018 – 2 BvR 708/18; BGH, Beschl. v. 24.10.2023 – StB 59/23; BGH, Beschl. v. 20.5.2021 – StB 21/21; BGH, Beschl. v. 5.8. 2003 – StB 7/03), deren Voraussetzungen für im Zeitpunkt der Entscheidung über eine richterliche Bestätigung i.S.d. §§ 110 IV, 98 II StPO noch vorliegen müssen (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschl. v. 20.11. 2019 – 2 BvR 31/19; BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 20.9.2018 – 2 BvR 708/18; BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 18.6.2008 – 2 BvR 1111/08; BGH, Beschl. v. 24.10.2023 – StB 59/23), besteht auch ein Rechtsschutzinteresse (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 22.11.2024 – 18 Qs 17/24). [15] Auch die erforderliche unmittelbare Beschwer ist gegeben. Hinsichtlich des Beschlusses gem. § 102 StPO zur Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume der Beschuldigten in der ... sowie der selbstgenutzten Räumlichkeiten im fremdvermieteten Objekt in der ... ergibt sich die Beschwer bereits daraus, dass die Beschuldigte unmittelbar Betroffene der Durchsuchungsanordnung ist. Dem steht nicht entgegen, dass der Durchsuchungsbeschluss nur teilweise vollzogen wurde. [16] Der Beschluss 57 Gs 14617-14618/23 ordnet die Durchsuchung der Geschäftsräume der M. GmbH in der ... an, welche zugleich die Wohnanschrift der Beschuldigten ist (Bl. 72). Eine Beschwerdebefugnis von Privatpersonen bei der Durchsuchung von Geschäftsräumen besteht, wenn und soweit die Räumlichkeiten der Privatsphäre der natürlichen Person zuzuordnen sind (vgl. BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschl. v. 16.4.2015 – 2 BvR 2279/13). Daher ist erst Recht die Beschwer gegeben, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine Trennung zwischen Privatwohnung und Firmensitz nicht möglich ist. [17] b) Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich „gegen die erfolgte Beschlagnahme“ wendet. Die Beschwerde setzt als Beschwerdegegenstand von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassene Beschlüsse oder Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters voraus (§ 304 I StPO). Daran fehlt es insoweit, weil eine Beschlagnahme weder beim Beschluss betreffend die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume der Beschwerdeführerin noch beim Beschluss betreffend die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma M. GmbH angeordnet wurde. [18] 2. Die Beschwerde ist begründet. Sowohl der unzulässige Durchsuchungsbeschlüsse Durchsuchungsbeschluss des AG Nürnberg gem. § 102 StPO, Az.: 57 Gs 14615-14616/23, als auch der Durchsuchungsbeschluss gem. § 103 StPO, Az.: 57 Gs 14617-14618/2, sind rechtswidrig. Sie erfüllen weder die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beschreibung der Verdachtslage, noch bestand nach Aktenlage eine die Durchsuchung rechtfertigende solche. Da die Durchsuchung in Form der Durchsicht nach § 110 StPO andauert, ist nicht die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung festzustellen, sondern die Durchsuchungsbeschlüsse sind aufzuheben (vgl. LG NürnbergFürth, Beschl. v. 7.6.2023 – 12 Qs 24/23; Rixe/Hölters, jurisPR-StrafR 19/2023 Anm. 3 v. 16.10.2023). [19] a) aa) Insbesondere bei Durchsuchungen, die in der Regel ohne vorherige Anhörung des Betroffenen ergehen, soll die Einschaltung des Richters für die gebührende Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten sorgen. Es ist die Aufgabe des Richters, die beabsichtigte Durchsuchungsmaßnahme eigenverantwortlich zu prüfen. Als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden trifft ihn die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Aus dieser richterlichen Pflicht folgt, dass der Durchsuchungsbeschluss bestimmten Mindestanforderungen genügen muss. Insbesondere sind bei Wohnungsdurchsuchungen auch tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs erforderlich, sofern sie nach dem Ermittlungsergebnis ohne weiteres möglich sind und den Zwecken der Strafverfolgung nicht zuwider laufen. Es sind also, wenn auch knappe, aber doch aussagekräftige Tatsachenangaben erforderlich (Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 67. Aufl. 2023, § 105 Rn. 5). [20] Zwingend erforderlich ist, dass in dem Durchsuchungsbeschluss die aufzuklärende Straftat tatsächlich und rechtlich so genau umschrieben wird, dass Umfang und Reichweite des dadurch legitimierten Grundrechtseingriffs deutlich werden und klar ist, worauf sich die Durchsuchung bezieht. Diese Umschreibung muss den BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 168

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0