bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Rechtsansprüche in einem Gerichtsverfahren oder in einem Verwaltungsverfahren oder einem außergerichtlichen Verfahren geltend gemacht, ausgeübt oder verteidigt werden (vgl. Erwägungsgrund 52 der DSGVO). Diese Regelung dient der Sicherung des Justizgewährleistungsanspruchs. Lässt sich ein rechtlicher Anspruch nur unter Verarbeitung sensitiver Daten durchsetzen, so soll es hieran nicht scheitern (Weichert, in Kühling/Buchner, DSGVO BDSG, 4. Aufl., Art. 9 Rn. 83). [94] (2) Die Verarbeitung der Daten steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit verfolgten Ziel. Bei der Beurteilung der Schwere des Eingriffs ist insb. der Art der in Rede stehenden personenbezogenen Daten Rechnung zu tragen, vor allem der möglicherweise sensiblen Natur dieser Daten, sowie der Art und den konkreten Modalitäten ihrer Verarbeitung, insb. der Zahl der Personen, die Zugang zu diesen Daten haben, und den Zugangsmodalitäten (EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 374 – Europäische Kommission/Republik Polen). [95] Die Schwere des Eingriffs ist mit der Bedeutung des geltend gemachten, dem Gemeinwohl dienenden Ziels abzuwägen (EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 379 – Europäische Kommission/Republik Polen). Zu diesem Zweck sind u.a. die konkreten Ausprägungen und das Ausmaß der Gefahr, die auf diese Weise bekämpft werden soll, und die mit den beanstandeten nationalen Bestimmungen tatsächlich verfolgten Ziele zu berücksichtigen, insb. im Hinblick auf den Kontext, in dem die Bestimmungen erlassen wurden, so dass das Ergebnis der Abwägung zwischen diesen Zielen einerseits und dem Recht der betroffenen Personen auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten andererseits nicht unbedingt für alle Mitgliedstaaten gleich ist (EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 380 – Europäische Kommission/Republik Polen). [96] Vorliegend führt die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zwar dazu, dass diese Angaben im Internet öffentlich und somit einer potenziell unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich gemacht werden, so dass durch diese Verarbeitung auch Personen, die sich aus Gründen, die nicht mit dem geltend gemachten, dem Gemeinwohl dienenden Ziel zusammenhängen, Kenntnis über die anwaltliche Tätigkeit des Betroffenen verschaffen wollen, auf diese Angaben zugreifen können (vgl. EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 376 – Europäische Kommission/Republik Polen). Allerdings muss die Abfrage über eine Suchfunktion erfolgen, so dass ein Nutzer nicht durch das bloße Aufrufen der Seite Zugang zu einer Gesamtübersicht hat. [97] Wie bereits dargelegt, verfolgen die in der BRAO und der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung getroffenen Regelungen das Ziel, der Information aller am Rechtsverkehr Beteiligten zu dienen. Im Bereich des elektronischen Anwaltspostfachs dienen die Regelungen zudem dazu, durch die Zuteilung der Zugangsberechtigungen auch die Vertraulichkeit innerhalb der jeweiligen Mandats- und Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten. In Bezug auf die Rechtsuchenden sollte durch die Neuregelungen auch der Verbraucherschutz gestärkt werden, indem die Wahl eines geeigneten Rechtsanwalts erleichtert werden sollte. Der Gesetzgeber verfolgt damit mehrere Ziele, um die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu erhalten und zu stärken. [98] Das Verfahren der Datenverarbeitung hat nicht gezielt zum Gegenstand, besondere personenbezogene Daten i.S.v. Art. 9 I DSGVO zu verarbeiten (vgl. BFHE 281, 482 Rn. 36). Der Zweck der Verarbeitung wird auch nach außen für die Abfragenden klar. Denn es geht ersichtlich darum, auf den Beruf des Rechtsanwalts/Syndikusrechtsanwalts bezogene Angaben zu machen, um den Rechtsuchenden die Auswahl des für sie geeigneten Anwalts zu ermöglichen und um den am Rechtsverkehr Beteiligten eine unkomplizierte Informationsmöglichkeit zu eröffnen. Durch die Angabe der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ bzw. „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)“ wird zudem die unabhängige Stellung des jeweiligen Berufsträgers nach außen deutlich gemacht. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass dem Syndikusrechtsanwalt die Befugnis zukommt, nach außen verantwortlich aufzutreten (vgl. § 46 III Nr. 4 BRAO), wobei er selbst jeweils angeben muss, für wen er tätig wird, wer also sein Arbeitgeber ist. [99] Zwar überwiegen die durch die Art. 7 und 8 der Charta geschützten Rechte der betroffenen Person im Allgemeinen gegenüber dem Recht von Internetnutzern auf freie Information; der Ausgleich kann in besonders gelagerten Fällen aber von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängen, das u.a. je nach der Rolle, die die Person im öffentlichen Leben spielt, variieren kann (EuGH, NJW 2019, 3503 Rn. 66 – GC u.a. (Auslistung sensibler Daten)). Vorliegend geht es nicht nur um das Recht auf freie Information, sondern um das Recht des Nutzers des Registers, zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen – also in Ausübung eines von Art. 9 II Buchst. f DSGVO geschützten erheblichen Interesses – auf das Register zuzugreifen, um so bspw. festzustellen, an wen er die Geltendmachung von Rechtsansprüchen adressieren kann, oder ob der Gegner in einem gerichtlichen Verfahren ordnungsgemäß vertreten ist. [100] (3) Der Wesensgehalt des Grundrechts ist nicht beeinträchtigt, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass grundlegende Bestandteile des Grundrechts völlig missachtet würden (vgl. Petri, in Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, 2019, Art. 9 Rn. 76). [101] (4) Die Vorschriften der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung sehen angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vor. BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 160
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