BRAK-Mitteilungen 2/2025

geber kommt dabei ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu (BVerfGE 116, 202, 224 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die namentliche Nennung des Arbeitgebers eines Syndikusrechtsanwalts im elektronischen Verzeichnis gerecht. [48] Die Angabe des Arbeitgebernamens ermöglicht – Zuordnung wie bei verschiedenartig tätigen Rechtsanwälten (vgl. dazu BT-Drs. 18/6915, 17) – eine Zuordnung, in welchem Rahmen die Entfaltung der beruflichen Tätigkeit im jeweiligen Fall erfolgt. Außerdem wird dem Rechtsverkehr dadurch ermöglicht, schnell und unbürokratisch zu klären, ob und in welchem Umfang eine bestimmte Person im konkreten Fall zur Vertretung herangezogen werden kann. [49] (3) Der durch §§ 46c I, 31 III Nr. 3 BRAO erfolgende Grundrechtseingriff steht weder außer Verhältnis zur angestrebten Transparenz des Rechtsdienstleistungsmarkts noch wird der Kl. dadurch unangemessen belastet. [50] (a) Ein Eingriff in die Berufsfreiheit ist nur dann erforderlich, wenn ein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerfGE 80, 1, 30 m.w.N.). Bei der Beurteilung dessen, was er bei der Verwirklichung der von ihm verfolgten Gemeinwohlzwecke für erforderlich halten darf, steht dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die vorgenommene Maßnahme abgeben können (vgl. BVerfGE 117, 163 189). [51] Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist ein weniger belastendes, aber gleich wirksames Mittel wie die Eintragung des Namens des Arbeitgebers eines Syndikusrechtsanwalts in das für jedermann zugängliche elektronische Verzeichnis nicht ersichtlich. [52] (aa) Insbesondere erweist sich der Vorschlag des keine gleich wirksamen Alternativen Kl., lediglich die Postadresse seiner Arbeitgeberin in das elektronische Verzeichnis einzutragen, als nicht gleichermaßen geeignet. Der Blick allein auf die Postadresse, die möglicherweise von mehreren Personen genutzt wird, gibt noch keinen Aufschluss darüber, mit wem der betreffende Syndikusrechtsanwalt im Anstellungsverhältnis verbunden ist, in welchem Rahmen er beruflich tätig wird und wie weit die Vertretungsbefugnis reicht. [53] (bb) Ferner ist der Vorschlag des Kl., die Einsehbarkeit des elektronischen Verzeichnisses von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig zu machen, nicht gleichermaßen geeignet wie ein Zugang ohne ein entsprechendes Erfordernis. Vielmehr würde mit dem Vorschlag des Kl. eine Zugangsschranke errichtet, die dem Zweck, den am Rechtsverkehr Beteiligten eine voraussetzungslose Informationsmöglichkeit zu verschaffen (vgl. § 31 II 2 BRAO), zuwiderliefe. [54] (cc) Gleiches gilt für den Vorschlag des Kl., den Rechtsverkehr darauf zu verweisen, eine Bescheinigung des Arbeitgebers über das Beschäftigungsverhältnis anzufordern. Auch dies würde auf eine zusätzliche Hürde hinauslaufen. Außerdem wäre damit, selbst wenn einer solchen Anforderung nachgekommen würde, jedenfalls eine zeitliche Verzögerung verbunden. [55] (dd) Auch ein halböffentliches Verzeichnis, auf das bspw. nur Gerichte und Behörden Zugriff hätten, liefe dem in § 31 II 1 und 2 BRAO ausdrücklich niedergelegten Zweck, auch den Rechtsuchenden die Einsicht in die elektronischen Verzeichnisse zu ermöglichen, zuwider (vgl. Siegmund, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 31 BRAO Rn. 42). [56] (ee) Ferner wäre eine Regelung, die den Rechtsanwaltskammern ein Ermessen einräumt, nicht gleichermaßen geeignet wie die streitgegenständliche Regelung, welche die Rechtsanwaltskammern zur Eintragung des Arbeitgebernamens verpflichtet. Die Einräumung von Ermessen könnte den bundesweit einheitlichen Vollzug der Regelung erschweren und damit dem Sinn des § 31 II BRAO, allen Rechtsuchenden einen schnellen, unbürokratischen und dem Stand der Technik entsprechenden Zugang zu den in § 31 III BRAO genannten Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BT-Drs. 16/513, 15; Siegmund, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 31 BRAO Rn. 2), zuwiderlaufen. [57] (b) Schließlich wird der Kl. durch die angegriffenen Regelungen nicht unangemessen belastet. Die namentliche Nennung seiner Arbeitgeberin in dem seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt betreffenden Eintrag im elektronischen Verzeichnis ist ihm zuzumuten. [58] Voraussetzung der Angemessenheit ist, dass das keine unangemessene Belastung Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Um dies feststellen zu können, ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, zu deren Wahrnehmung der Eingriff in Grundrechte erforderlich ist, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig (st.Rspr.; vgl. nur BVerfGE 117, 163, 193 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gewisse Härten für einzelne in Kauf genommen werden, da ein Gesetz, das seiner Natur nach typisieren muss, nicht alle Einzelfälle berücksichtigen kann und fast immer mit anderen Interessen in Konflikt gerät; es genügt, wenn es eine für möglichst viele Tatbestände angemessene Regelung schafft (vgl. BVerfGE 13, 230, 236). [59] (aa) Das Informationsinteresse der am Rechtsverkehr Beteiligten hat ein erhebliches Gewicht (vgl. BTDrs. 16/513, 15). Während Gerichten und Behörden keine mit dem elektronischen Verzeichnis vergleichbar niedrigschwellige Möglichkeit zur Verfügung steht, um die Zulassung einer Person als Rechtsanwalt oder Syndikusrechtsanwalt sowie den Umfang der VertretungsBRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 156

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