Mandats, wenn seine Angelegenheit geregelt ist, er das Ergebnis und auch die Leistung des Rechtsanwalts kennt und von diesem nicht mehr abhängig ist. Dies macht jedoch nach Überzeugung der Kammer ein Abweichen von der gesetzlichen Regelung, die hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit keinerlei Einschränkung in Bezug auf den Zeitpunkt der Vereinbarung enthält, jedoch nicht erforderlich oder gar zulässig. Die Schutzbedürftigkeit des Mandanten mag nach Abschluss des Mandats geringer sein, sie entfällt jedoch nicht vollständig. Dabei ist zu berücksichtigten, dass nach wie vor eine Überlegenheit des Rechtsanwalts besteht. Dieser führt solche Verhandlungen über zusätzliche Vergütungen im Zweifel nicht nur in dem einen Fall, sondern häufiger, ggf. auch regelmäßig. So hat auch der Beklagtenvertreter bei der Anhörung erklärt, dass er solche Gespräche seit über 40 Jahren erfolgreich führe. Dieser vermittelte zudem den Eindruck, auch in dieser Hinsicht äußerst versiert zu sein. Zudem kann bei einer solchen Verhandlung auch ein gewisser Zwang entstehen, wenn – wie auch vorliegend – neben der Betonung der Freiwilligkeit einer solchen zusätzlichen Vergütung, zugleich auch darauf abgestellt wird, dass man sich darauf verlasse, dass der Mandant zu seinem Wort (der Bereitschaft nach erfolgreichem Abschluss über eine Zusatzvergütung zu sprechen) stehe (so in der Textnachricht v. 12.1. 2022, vgl. Textnachricht v. 4.4.2023 (Anl. zur Klageerwiderung Bl. zu 16 GA)). So hat die Kl., die bei ihrer Arbeit mit Juristen zusammenarbeitet, sich bei diesen informiert hatte und sich selbst als nicht ganz unbedarft bezeichnete, erklärt, dass sie sich – trotz einer gewissen Bereitschaft, die gute Arbeit zusätzlich zu vergüten – gedrängt gefühlt habe. Vor diesem Hintergrund erscheint dem Gericht der mit der Textform einhergehende Schutzzweck, nämlich die Warnung durch (zusätzliche) textliche Abfassung, die i.R.d. ein Innehalten und zusätzliches Überdenken mit sich bringen dürfte, auch in dieser Situation durchaus angebracht. Gleiches gilt für die mit der textlichen Abfassung einhergehende Beweisfunktion. Schließlich beinhaltet die Textform keine erheblichen Hürden, so dass diese von den Parteien einfach und schnell eingehalten werden kann. Auch aus diesem Grund sieht das Gericht ein (praktisches) Bedürfnis für ein Abweichen von dieser nicht. Das von der Bekl. in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, dass Mandaten aus Verärgerung, dass die Bekl. nicht auf ihr Wort vertraue, sondern eine Vereinbarung in Textform fordere, sodann zur Leistung einer zusätzlichen Vergütung nicht mehr bereit wären, überzeugt das Gericht nicht. Hier dürfte im Übrigen ein Hinweis auf die gesetzliche Lage geeignet sein, Ärger zu vermeiden. cc) Die Kl. verstößt dadurch, dass sie sich auf die Formunwirksamkeit beruft, nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts ist nur ganz ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung kein Verstoß gegen Treu und Glauben unbeachtlich, weil sonst die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts ausgehöhlt würden (BGHZ 26, 142 (151) = NJW 1958, 217 = LM § 766 BGB Nr. 3; BGHZ 121, 224 (233) = NJW 1993, 1126 = LM H. 7/1993 § 766 BGB Nr. 26). Treuwidrig kann allerdings das Verhalten einer Partei sein, die über längere Zeit aus einem wichtigen Vertrag Vorteile gezogen hat und sich nunmehr ihren Verpflichtungen unter Berufung auf den Formmangel entziehen will oder wenn der sich auf die Formunwirksamkeit Berufende durch sein Handeln ein berechtigtes Vertrauen des Gläubigers auf die Wirksamkeit des Vertrags begründet und jener im Hinblick darauf seine Leistungen erbracht hat (BGHZ 26, 142 (151 f.) = NJW 1958, 217 = LM § 766 BGB Nr. 3; BGHZ 121, 224 (233 f.) = NJW 1993, 1126 = LM H. 7/1993 § 766 BGB Nr. 26). Gleiches gilt, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten hat. (MüKoBGB/Schubert, 9. Aufl. 2022, BGB § 242 Rn. 390) Gemessen an diesen Maßstäben ist hier ein Verstoß gegen Treu und Glauben zu verneinen. Die Kl. hat weder die Bekl. schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten, noch nach Abschluss der Vereinbarung, auf deren Formunwirksamkeit sie sich beruft, Vorteile aus dem Vertrag gezogen oder durch ein Handeln ein berechtigtes Vertrauen der Bekl. auf die Wirksamkeit des Vertrages begründet, aufgrund dessen die Bekl. irgendeine Leistung erbracht hätte. dd) Rechtsfolge des Verstoßes gegen die Textform ist Rechtsfolge =§4bRVG gem. § 4b RVG, dass der Rechtsanwalt keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern kann. Da die gesetzliche Vergütung, die Geschäftsgebühr, bereits an die Bekl. bezahlt war, bestand ein darüber hinausgehender Vergütungsanspruch, mit dem die Bekl. hätte gegen den unstreitigen Auszahlungsanspruch aufrechnen können, nicht. 3. Auch wenn man als Anspruchsgrundlage § 812 BGB für einschlägig erachtete, ergäbe sich ein abweichendes Ergebnis nicht. Der Rückforderungsanspruch der Kl. wäre in diesem Fall nicht gem. § 814 BGB ausgeschlossen. Eine Handlung in Kenntnis der Nichtschuld liegt nicht vor. Zwar dürfte zu unterstellen sein, dass die Kl. bei Versprechen der Leistung wusste, dass sie diese zusätzliche Vergütung nicht schuldete. Darauf kommt es jedoch nicht an. Maßgeblich für einen Rückforderungsausschluss gem. § 814 BGB ist, dass bei Vornahme der Leistung positive Kenntnis von der Nichtschuld besteht. Selbst wenn man die Zusage zur Verrechnung als Leistung ansehen wollte – anderenfalls wäre der Anwendungsbereich des § 814 BGB, der nur die condictio indebiti (§ 812 I 1 Alt. 1 BGB) umfasst, gar nicht eröffnet –, so dürfte die Kl. in diesem Moment davon ausgegangen sein, aufgrund der zuvor erteilten Zusage zur Zahlung verpflichtet zu sein. Dass die Kl. positiv wusste, VERGÜTUNG BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 149
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0