BRAK-Mitteilungen 2/2025

UNVERBINDLICHKEIT EINER MÜNDLICH VEREINBARTEN ZUSATZZAHLUNG RVG §§ 3a, 4b, 34 * 1. Auch Zusatzvereinbarungen unterliegen dem Formerfordernis der Textform. Dies gilt auch dann, wenn zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten nach Abschluss des Mandats ein wie auch immer gestalteter Zuschlag bzw. Bonus vereinbart wurde. * 2. Eine möglicherweise unterschiedliche Situation zu Beginn und nach Abschluss eines Mandats vermag ein Abweichen von der Formvorschrift nicht zu begründen. Die Schutzbedürftigkeit eines Mandanten kann nach Abschluss eines Mandats geringer sein, sie entfällt jedoch nicht vollständig. LG Koblenz, Urt. v. 18.12.2024 – 15 O 97/24 AUS DEM TATBESTAND: Die Kl. verlangt von der Bekl. die Zahlung von 23.800 Euro zuzüglich Zinsen. Die Parteien waren durch Anwaltsvertrag miteinander verbunden. Die Bekl. machte für die Kl. auftragsgemäß außergerichtlich Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem Unfallereignis zum Nachteil der Kl. geltend. Bei Mandatserteilung im Februar 2022 schlossen die Parteien die als Anl. K2 vorgelegte, weitere schriftliche Vereinbarung, die mit „Zusatzvereinbarung zur anwaltlichen Vergütung“ überschrieben ist. Darin heißt es u.a.: „Die Parteien sind sich einig, dass im Falle des Erfolgs, die Frage einer zusätzlichen, über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Vergütung noch einmal besprochen wird.“ Über diese Vorgehensweise, insb. die Freiwilligkeit einer solchen Zahlung und auch deren übliche Höhe, wurde die Kl. bereits mit E-Mail der Bekl. v. 12.1.2022 informiert. In der Folge setzte die Bekl. zugunsten der Kl. im Zuge außergerichtlich geführter Verhandlungen, die im Frühjahr 2023 zu einem erfolgreichen Abschluss kamen, einen Vergleichsbetrag durch. Jedenfalls erfolgte in diesem Zusammenhang eine Zahlung i.H.v. 150.000 Euro zugunsten der Kl. auf ein Konto der Bekl. Nach Abschluss der Tätigkeit kam es zu einem vorher vereinbarten Telefonat zwischen den Parteien, in dem ausschließlich über die Zahlung einer freiwilligen zusätzlichen Vergütung gesprochen wurde. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Mit Kostenrechnung v. 31.3.2023 (Anl. K4) stellte die Bekl. der Kl. sodann eine „Erfolgsunabhängige Vergütung, Vergütungsvereinbarung § 3a RVG, §§ 4, 3a RVG“ über einen Betrag i.H.v. 20.000 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, insgesamt somit 23.800 Euro in Rechnung. In einer Textnachricht an die Kl. vom gleichen Tag (Anl. K3) bedankte sich die Bekl. für die „entgegenkommende und anerkennende Zahlung der zwischen uns besprochenen Zusatzvergütung von 20.000 Euro netto“ und erteilte Abrechnung. Dabei zog sie von einem „geleisteten Abfindungsbetrag (...) Haftpflicht“ i.H.v. 150.000 Euro Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 23.800 Euro „gemäß anliegender Kostenrechnung“ ab. Den danach verbleibenden Zahlbetrag i.H.v. 126.200 Euro kehrte die Bekl. sodann an die Kl. aus. Nachdem die Kl. mit Schreiben v. 2.4.2023 den Betrag i.H.v. 23.800 Euro zurückforderte und die Bekl. dem mit Schreiben v. 4.4.2023 entgegengetreten war, forderte der Klägervertreter mit Schreiben v. 14.4.2024 die Bekl. vorgerichtlich zur Überweisung von 23.800 Euro binnen zwei Wochen auf. Eine Zahlung durch die Bekl. erfolgte darauf nicht. Die Kl. trägt vor: Eine wirksame Vertragsgrundlage für den Abzug von 23.800 Euro liege nicht vor. Abgesehen davon, dass es sowieso bei einer reinen Absichtserklärung geblieben sei, hätte ein Erfolgshonorar gem. § 49b II 1 BRAO nicht wirksam vereinbart werden können. Die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 4a I Nr.3 RVG hätten nicht vorgelegen. Die Kl. beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 23.800 Euro nebst 5 % Punkten über Basiszinssatz seit dem 1.5.2023 zu zahlen. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Die Bekl. trägt vor: In dem vor der Verrechnung erfolgten Telefongespräch hätten die Parteien eine keinerlei Formvorschriften unterliegende Bonusvereinbarung getroffen. Die Kl. habe dabei in Kenntnis aller Umstände, insb. dass der Bekl. ein Rechtsanspruch auf diese Zahlung nicht zustand, gehandelt. Es sei der Kl. gelungen, den üblichen Bonus auf 10 % der Gesamtentschädigung, mithin 20.000 Euro netto, „herunter zu handeln“. Hiermit habe sich die Kl. in diesem Telefonat nicht nur erfreut einverstanden erklärt, sondern sie habe sich auch nochmals für die komplexe, anspruchsvolle und erfolgreiche Tätigkeit von Rechtsanwalt ... bedankt. Selbstverständlich sei in diesem Telefonat auch abgesprochen worden, dass die Bekl. von dem eingehenden restlichen Entschädigungsbetrag unmittelbar die vereinbarte Bonuszahlung entnehmen solle, da auch die Kl. eine „Hin- und Herzahlung“ der einzelnen Beträge für überflüssig gehalten habe. Es handele sich bei der Bonusvereinbarung nicht um eine Erfolgshonorarvereinbarung. Die Erfordernisse einer Vergütungsvereinbarung nach RVG – insb. das Textformerfordernis – seien hier ohne Bedeutung, weil weder eine Gebührenvereinbarung noch eine Vergütungsvereinbarung i.S.d. § 3a RVG Gegenstand der Verhandlungen gewesen sei. Schutzvorschriften, insb. bei Vergütungsvereinbarungen, die vom Gesetzgeber als zwingend notwendig angesehen worden sind, verlören nach Beendigung des Mandates jegliche Bedeutung, da es dann nur noch um freiwillige Bonuszahlungen gehe, der Mandant also entscheide, ob VERGÜTUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 146

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