BRAK-Mitteilungen 2/2025

sei, dass bei Fahrten zum Lohnsteuerhilfeverein oder zum Kanzleiraum in A geheimhaltungsbedürftige Daten eingetragen würden. [72] Entgegen der Auffassung der Kl. genügt das vorgelegte Fahrtenbuch auch nicht den Anforderungen, die der Berichterstatter in seiner Verfügung v. 22.9.2023 formuliert hat. Darin heißt es, dass nicht davon auszugehen sei, dass bei allen beruflichen Fahrten Schwärzungen vorgenommen werden könnten; dies gelte insb. für Fahrten zum Lohnsteuerhilfeverein in A. Zudem hat der Berichterstatter im Erörterungstermin am 3.4.2024 darauf hingewiesen, dass es fraglich erscheine, ob das zuletzt vorgelegte Fahrtenbuch den Anforderungen genüge, da die Kopien nicht nur einzelne Schwärzungen enthielten, sondern die Daten in einer Spalte bei fast allen geschäftlichen Fahrten geschwärzt seien. [73] (3) Im Ergebnis hat der Bekl. den Wert der privaten Kfz-Nutzung daher zutreffend nach der 1 %-Methode ermittelt. Zwar sind dem Bekl. bei der Berechnung Fehler unterlaufen. Insgesamt wirken sich diese Fehler jedoch zu Gunsten der Kl. aus, so dass die Bescheide nicht abzuändern waren. (...) [81] cc) Die weiteren Argumente, die die Kl. für eine Rechtswidrigkeit der Bescheide anführen, greifen ebenfalls nicht durch. [82] (1) Soweit die Kl. vortragen, dass Fahrtenbuchdaten nicht vorgelegt werden müssten, weil diese beim Empfänger nicht ausreichend vor Missbrauch oder vor Zugriffen Dritter geschützt seien, kann dem nicht gefolgt werden. [83] Ob Daten nicht vorgelegt werden müssen, wenn sie bei dem Empfänger nicht sicher sind, muss hier nicht entschieden werden. Jedenfalls kommt dies nur bei gewichtigen strukturellen Sicherheitsmängeln oder bei einer konkreten, im Einzelfall unmittelbar bevorstehenden Gefahr in Betracht. Dass derartige Umstände vorliegen, ist nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Der Hinweis auf die abstrakte Möglichkeit, dass Daten missbraucht oder ausgespäht werden können, und der Verweis auf vereinzelte Fälle, in denen dies geschehen ist, reicht nicht aus, um die Kl. von der Obliegenheit zu entbinden, ein Fahrtenbuch vorzulegen. [84] (2) Offenbleiben kann auch, ob der Bekl. den Angaben der Kl. hätte folgen können, ohne das Fahrtenbuch anzufordern. Allein maßgeblich ist, dass das Gericht die Vorlage des Fahrtenbuchs für erforderlich hält, um dieses zu prüfen und damit seiner Amtsaufklärungspflicht aus § 76 FGO nachzukommen. [85] (3) Unerheblich ist auch, dass der Bekl. die Anforderung des Fahrtenbuchs für 2017 förmlich aufgehoben hat und ob es für 2018 und 2019 entsprechende Anforderungen gibt. Auch insoweit kommt es nur darauf an, dass das Gericht die Vorlage des Fahrtenbuchs für sämtliche Streitjahre für erforderlich hält. [86] (4) Es erscheint für den Kl. auch nicht unzumutbar, die Fahrtenbuchdaten, die der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, zu schwärzen und sich dabei auf die erforderlichen Schwärzungen zu beschränken. [87] Ist – wie hier – eine Abgrenzung betrieblicher Auferhöhte Mitwirkungspflicht wendungen von privaten Aufwendungen erforderlich, trifft den Steuerpflichtigen eine gegenüber der Regelung in § 90 AO erhöhte Mitwirkungspflicht (s. etwa BFH, Urt. v. 24.2.2000 – III R 59/98, BFHE 191, 286, Rn. 12; BFH, Beschl. v. 4.7.1990 – GrS 2-3/88, BFHE 161, 290 Rn. 110 m.w.N.). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Kl. nicht verpflichtet ist, ein Fahrtenbuch zu führen und vorzulegen. Es handelt sich hierbei um eine Obliegenheit, die ihn trifft, wenn er den Wert der privaten Kfz-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode berechnen möchte. Dem Kl. steht es frei, kein Fahrtenbuch zu führen und den Wert der privaten Pkw-Nutzung gem. § 6 I Nr. 4 S. 2 EStG nach der 1 %-Methode zu berechnen. [88] Hinzu kommt, dass Berufsgeheimnisträger organisatorische Vorkehrungen treffen können, um den Aufwand für spätere Schwärzungen zu reduzieren. So kann etwa darauf geachtet werden, der Verschwiegenheitsplicht unterfallende Daten nur dann in das Fahrtenbuch einzutragen, wenn dies erforderlich ist. Außerdem können geschützte Daten bereits beim Eintragen markiert werden. [89] Im Übrigen hält sich der Aufwand im vorliegenden Fall in Grenzen. Das Fahrtenbuch enthält für alle drei Streitjahre insgesamt ca. 460 Eintragungen. Es erscheint zumutbar, diese zu prüfen und ggf. zu schwärzen. [90] (5) Dass das Gericht das Fahrtenbuch nur dann anerkennt, wenn es den skizzierten Anforderungen genügt, steht im Einklang mit der DSGVO. [91] Nach der Rechtsprechung geht die FinanzgerichtsVorrang der FGO ordnung dem Datenschutzrecht vor (BFH, Beschl. v. 29.8.2019 – X S 6/19, BFH/NV 2020, 25 Rn. 23 m.w.N.; ebenso FG BadenWürttemberg, Beschl. v. 17.12.2019 – 2 K 770/17 Rn. 14). Dementsprechend ist in der Finanzgerichtsordnung – anders als etwa in § 2a V AO – keine Anwendung der Vorschriften der DSGVO geregelt. Der Ausschluss der Anwendung der DSGVO entspricht der Regelung in Art. 23 I Buchst. f) DSGVO zum Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und zum Schutz von Gerichtsverfahren (BFH, Beschl. v. 29.8.2019 – X S 6/19, BFH/NV 2020, 25 Rn. 23 m.w.N.; ebenso FG BadenWürttemberg, Beschl. v. 17.12.2019 – 2 K 770/17 Rn. 14). [92] Doch selbst, wenn die DSGVO im Rahmen der finanzgerichtlichen Sachverhaltsaufklärung anwendbar sein sollte (vgl. zur Beweisaufnahme im Zivilverfahren EuGH, Urt. v. 2.3.2023 – C-268/21), wäre die Vorlage eines Fahrtenbuchs, das den beschriebenen Anforderungen genügt, unbedenklich. Interessen von Mandanten wären nicht berührt, da Daten, die Rückschlüsse BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 141

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