HINWEISE DER REDAKTION: Ursprünglich hatte das AG Brühl die Eröffnung der Hauptverhandlung abgelehnt und dies mit einer zulässigen Machtkritik begründet. Daraufhin ist die Staatsanwaltschaft in Beschwerde gegangen und hat erwirkt, dass das LG Köln die Hauptverhandlung eröffnet hat. Eine andere Amtsrichterin hat sodann mit diesem Urteil den Rechtsanwalt wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. ANFORDERUNGEN AN DAS FAHRTENBUCH EINES RECHTSANWALTS BRAO § 43a II; AO § 125 II Nr. 3; EStG §§ 6 I Nr. 4 S. 3, 10INr.9S.3 1. Die in § 43a II BRAO normierte Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung. 2. Berufsgeheimnisträger können bei der Vorlage eines Fahrtenbuchs nach § 6 I Nr. 4 S. 3 EStG Schwärzungen vornehmen, soweit diese Schwärzungen erforderlich sind, um die Identitäten von Mandanten zu schützen. 3. Die Berechtigung, einzelne Eintragungen im Fahrtenbuch zu schwärzen, ändert nichts an der grundsätzlichen Beweislastverteilung; gegebenenfalls muss der Berufsträger substantiiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwärzungen in dem erfolgten Umfang erforderlich waren, und die berufliche Veranlassung der Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen. FG Hamburg, Urt. v. 13.11.2024 – 3 K 111/21 AUS DEM TATBESTAND: [1] Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob ein Berufsgeheimnisträger zum Nachweis des Verhältnisses von privaten Fahrten zu beruflichen Fahrten nach der Fahrtenbuchmethode ein teilweise geschwärztes Fahrtenbuch vorlegen darf. (...) [16] Mit Verfügung v. 22.9.2023 hat der Berichterstatter die Klägerseite gebeten, Kopien des Fahrtenbuchs für den Zeitraum v. 4.2.2017 bis 31.12.2019 vorzulegen. Der Berichterstatter hat dabei darauf hingewiesen, dass – nach vorläufiger Einschätzung – die Namen von Mandanten sowie Daten, die Rückschlüsse auf die Identität von Mandanten zulassen, geschwärzt werden können, wobei davon auszugehen sei, dass bei Anlegung dieses Maßstabs nicht bei allen beruflichen Fahrten Schwärzungen vorgenommen werden könnten. Daraufhin haben die Kl. neue Fotokopien des Fahrtenbuchs vorgelegt. Diese umfassen den genannten Zeitraum. Die Eintragungen in der Spalte „Fahrtstrecke/ Reiseziel“ sind in dieser Version nicht mehr geschwärzt. Die Eintragungen in der Spalte „Grund der Fahrt/besuchte Personen“ sind weiterhin – mit drei Ausnahmen – bei allen beruflichen Fahrten geschwärzt. Die Aufzeichnungen enthalten u.a. zahlreiche Fahrten nach A. Für 2017 sind Fahrten mit insgesamt 35.427 km eingetragen, davon 6,25 % als Privatfahrten. Für 2018 sind Fahrten mit insgesamt 32.446 km eingetragen, davon 7,14 % privat. Für 2019 sind Fahrten mit insgesamt 27.491 km eingetragen, davon 7,68 % privat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Fotokopien Bezug genommen (...). [17] Die Kl. machen geltend, dass der Wert der privaten Pkw-Nutzung in den Streitjahren gem. § 6 I Nr. 4 S. 3 EStG nach der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln sei. Dies habe auf der Grundlage des zuletzt vorgelegten, teilweise geschwärzten Fahrtenbuchs zu geschehen. Das Fahrtenbuch sei ordnungsgemäß geführt worden. Insofern unterscheide sich der vorliegende Fall von Fällen, in denen Berufsgeheimnisträger unter Verweis auf ihre Verschwiegenheitspflicht überhaupt kein Fahrtenbuch geführt hätten. Mit Blick auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht aus § 43a II BRAO, die gem. § 203 StGB strafbewehrt sei, könne der Kl. lediglich ein teilweise geschwärztes Fahrtenbuch vorlegen, da sich die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht auch auf die Identität seiner Mandanten und die Tatsache ihrer Beratung erstrecke. Auch Fahrten zu Gerichten könnten der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, da die Terminrollen der Gerichte öffentlich seien und das Finanzamt die Identität von Mandanten durch einen Abgleich der Terminrollen mit dem Fahrtenbuch leicht ermitteln könne. Namen von Straßen, in denen sich Mandanten aufhielten, müssten ebenfalls nicht offenbart werden, da auch dies zu einem Strafverfolgungsrisiko führen würde. Die Offenbarung von Daten sei für den Kl. immer schon dann unzumutbar, wenn ein Restrisiko bestehe, dass diese Offenbarung später als Verletzung seiner anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht eingestuft werde. [18] Der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht aus § 43a II BRAO entsprächen das Auskunftsverweigerungsrecht aus § 102 I Nr. 3 Buchst. b) der Abgabenordnung (AO) und das Recht aus § 104 AO, die Vorlage von Urkunden zu verweigern, sowie das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 84 I der Finanzgerichtsordnung (FGO) und die Einschränkung der Hilfspflichten von Zeugen nach § 85 S. 2 FGO. Das Auskunftsverweigerungsrecht gelte nicht nur in fremden, sondern auch in eigenen Steuerangelegenheiten. Daraus, dass der Kl. von seinem Recht Gebrauch mache, die Vorlage eines ungeschwärzten Fahrtenbuchs zu verweigern, dürften keine für den Kl. nachteiligen Schlussfolgerungen gezogen werden. Anderenfalls würde das Auskunftsverweigerungsrecht entwertet. [19] Daten, die der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterlägen, dürften der Finanzverwaltung im Übrigen auch deshalb nicht übermittelt werden, weil diese Daten dort wegen Missbrauchsmöglichkeiten und wegen der zunehmenden Verbreitung von „Hackerinstrumenten“ nicht sicher seien. BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 136
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0