BRAK-Mitteilungen 2/2025

der natürlichen oder juristischen Person erhoben wird, der ein unionsrechtlicher Schadensersatzanspruch zusteht, oder von einem Dritten, an den das Recht des mutmaßlich Geschädigten, Ersatz zu verlangen, abgetreten wurde. [69] Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2014/104 beinhaltet keine Pflicht zur Einführung eines Sammelklagemechanismus aber, wie der Generalanwalt in den Nrn. 100 und 101 seiner Schlussanträge der Sache nach ausgeführt hat, keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, einen Sammelklagenmechanismus wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden einzuführen. Ebenso wenig werden in diesem Artikel die Voraussetzungen geregelt, unter denen die Abtretung eines Anspruchs auf Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens durch den Geschädigten im Vorfeld einer entsprechenden Sammelklage gültig ist. [70] Folglich gehören sowohl die Einführung eines Sammelklagenmechanismus für Schadensersatzklagen als auch die Voraussetzungen, unter denen die Abtretung eines Schadensersatzanspruchs, der mutmaßlich mit einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht in Verbindung steht, an eine natürliche oder juristische Person zum Zweck der Erhebung einer solchen Sammelklage vor einem nationalen Gericht durch diese Person zu den Modalitäten der Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruchs, die nicht von der Richtlinie 2014/ 104 geregelt werden. [71] Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Regelung der Modalitäten für die Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatz eines durch Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens in Ermangelung einer einschlägigen Unionsregelung Aufgabe der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, wobei der Äquivalenz- und der Effektivitätsgrundsatz zu beachten sind (vgl. in diesem Sinne Urt. v. 20.9.2001, Courage und Crehan, C-453/99, EU:C:2001:465, Rn. 29, sowie v. 28.3.2019, Cogeco Communications, C-637/ 17, EU:C:2019:263, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). [72] Der Effektivitäts- und der Äquivalenzgrundsatz Effektivitätsgrundsatz maßgebend spiegeln sich in dem von der Richtlinie 2014/104 erfassten Bereich in deren Art. 4 wider, der in der Sache die Formulierung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgreift. Für die Prüfung der zweiten und der dritten Frage ist jedoch nur auf den Effektivitätsgrundsatz abzustellen, der allein vom vorlegenden Gericht angeführt wird. [73] In dieser Bestimmung heißt es, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem zuletzt angeführten Grundsatz gewährleisten, dass alle nationalen Vorschriften und Verfahren für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen so gestaltet sind und so angewandt werden, dass sie die Ausübung des Unionsrechts auf vollständigen Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. [74] Der Gerichtshof hat insb. entschieden, dass die nationalen Vorschriften im Bereich des Wettbewerbsrechts nicht die wirksame Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV beeinträchtigen dürfen und den Besonderheiten von Rechtssachen aus diesem Bereich angepasst sein müssen, die grundsätzlich eine komplexe Analyse der zugrunde liegenden Tatsachen und wirtschaftlichen Zusammenhänge erfordern (vgl. in diesem Sinne Urt. v. 20.4.2023, Repsol Comercial de Productos Petrol´ı feros, C-25/21, EU:C:2023:298, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). [75] Außerdem ist es mangels einer einschlägigen Unionsregelung Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus der Unionsrechtsordnung erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, wobei die Mitgliedstaaten allerdings für die Wahrung des in Art. 47 I der Charta verbürgten Rechts auf effektiven gerichtlichen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich sind (Urt. v. 19.11.2019, A. K. u.a. [Unabhängigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichts], C-585/18, C-624/ 18 und C-625/18, EU:C:2019:982, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der vierte Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/104 bezieht sich, wie in Rn. 65 des vorliegenden Urteils ausgeführt, auf das Recht auf einen solchen Schutz. [76] Wie sich den Rn. 28 bis 33 des vorliegenden Urteils entnehmen lässt, hat das vorlegende Gericht Zweifel, ob die nationale Rechtsprechung, die das RDG in dem Sinne auslegt, dass den durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht Geschädigten die Inanspruchnahme eines Sammelklage-Inkassos verwehrt wird, mit dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar ist. [77] Hierzu führt das vorlegende Gericht zum einen aus, diese Klage sei der einzige Rechtsbehelf, der diesen Personen eine wirksame gebündelte Geltendmachung ihres Schadensersatzanspruchs ermögliche. Zum anderen könnten diese Personen in eigenem Namen und für eigene Rechnung eine Schadensersatzklage erheben, was ihnen jedoch keine wirksame Durchsetzung ihres Anspruchs ermögliche. In Anbetracht des Umstands, dass eine individuelle Klage im Bereich von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht besonders komplex, langwierig und teuer sei, neigten die Geschädigten dazu, von der Erhebung einer solchen individuellen Klage abzusehen, insb. wenn es um einen geringen Betrag gehe. [78] Sämtliche Parteien des Ausgangsrechtsstreits mit Ausnahme der ASG 2 sowie die anderen in Art. 23 I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union beBRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 132

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