BRAK-Mitteilungen 2/2025

der Entscheidung von 2009 keine weitere Entscheidung gebe. [43] Wie der Generalanwalt in Nr. 55 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wurde die Entscheidung von 2009 aufgrund von § 32b GWB erlassen, dessen Wortlaut, wie vom Bundeskartellamt in seinen schriftlichen Erklärungen bestätigt, dem von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 entspricht. [44] Eine auf der Grundlage von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassene Verpflichtungszusagenentscheidung enthält allerdings keine bestandskräftige Feststellung eines Verstoßes gegen die Art. 101 und 102 AEUV. [45] Art. 9 dieser Verordnung sieht nämlich nach Maßgabe ihres 13. Erwägungsgrundes vor, dass die Kommission im Rahmen eines nach dieser Bestimmung eingeleiteten Verfahrens von der Verpflichtung freigestellt ist, eine Zuwiderhandlung zu benennen und festzustellen, da sich ihre Aufgabe darauf beschränkt, die von den beteiligten Unternehmen vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen gemäß den in ihrer vorläufigen Beurteilung festgestellten Bedenken und im Hinblick auf die von ihr verfolgten Ziele zu prüfen und gegebenenfalls zu akzeptieren. Der Erlass einer Verpflichtungszusagenentscheidung schließt somit das Verfahren über die Zuwiderhandlung gegenüber diesen Unternehmen ab und erlaubt es ihnen, die Feststellung eines Wettbewerbsverstoßes und gegebenenfalls die Verhängung einer Geldbuße zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urt. v. 29.6.2010, Kommission/Alrosa, C-441/07 P, EU:C: 2010:377, Rn. 40 und 48). [46] In Bezug auf die Entscheidung von 2009 lässt sich den Angaben des vorlegenden Gerichts entnehmen, dass das Bundeskartellamt darin Schwellenwerte für Kooperationen bei der Vermarktung von Rundholz sowie Maßnahmen zur Verringerung der Position des Landes auf dem betreffenden Markt festgelegt hat. [47] Daher kann die Entscheidung von 2009 nicht als eine bestandskräftige Zuwiderhandlungsentscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde i.S.v. Art. 9 I i.V.m. Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2014/104 angesehen werden. Die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Klage der ASG 2 kann daher nicht als eine Follow-onKlage auf Schadensersatz angesehen werden. [48] Die erste Frage ist daher unzulässig. Zur zweiten und zur dritten Frage [49] Mit seinen Fragen 2 und 3, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 101 AEUV i.V.m. Art. 2 Nr. 4, Art. 3 I und Art. 4 der Richtlinie 2014/104 sowie Art. 47 I der Charta dahin auszulegen sind, dass sie der Auslegung einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bewirkt, dass mutmaßlich durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht Geschädigte daran gehindert werden, ihre Schadensersatzansprüche an einen Rechtsdienstleister zur gebündelten Geltendmachung im Rahmen einer Stand-alone-Klage auf Schadensersatz abzutreten. [50] Falls ja, möchte das Gericht wissen, ob es die entsprechenden Bestimmungen dieser nationalen Regelung, sollte deren unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich sein, unangewendet zu lassen hätte. Zur Zulässigkeit [51] Die Otto Fuchs Beteiligungen und das Land stellen die Zulässigkeit der zweiten und der dritten Frage in Abrede. [52] Erstens sei die zweite Frage hypothetisch bzw. für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erforderlich, und weder sie noch die dritte Frage bezögen sich auf die Auslegung des Unionsrechts. [53] Aus dem Inhalt der dem Gerichtshof vorliegenden Akte geht jedoch hervor, dass die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits objektiv erforderlich ist. [54] Das vorlegende Gericht möchte nämlich wissen, ob die in Rn. 49 des vorliegenden Urteils genannten Bestimmungen des Unionsrechts der Auslegung einer nationalen Regelung entgegenstehen, die den durch das in Rede stehende Kartell Geschädigten eine Inanspruchnahme des Sammelklage-Inkassos verwehrt. Falls ja, wirft es die Frage auf, welche Konsequenzen aus einer solchen Unvereinbarkeit abzuleiten wären, falls eine unionsrechtskonforme Auslegung der Bestimmungen des RDG nicht möglich sei. [55] Zweitens machen die Otto Fuchs Beteiligungen und das Land der Sache nach geltend, dass die Fragen des vorlegenden Gerichts auf unzutreffenden Prämissen beruhten. So sei das Gericht insb. zum einen zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bestimmungen des RDG dahin auszulegen seien, dass sie einem Sammelklage-Inkasso im Bereich des Wettbewerbsrechts grundsätzlich entgegenstünden. Zum anderen habe es fälschlicherweise angenommen, dass es den durch ein Kartell Geschädigten, soweit sie nicht auf ein Sammelklage-Inkasso zurückgreifen könnten, praktisch unmöglich gemacht oder jedenfalls übermäßig erschwert werde, ihren durch das Unionsrecht zuerkannten Entschädigungsanspruch geltend zu machen, da das deutsche Recht ihnen keine ebenso wirksame Alternative biete, diesen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. [56] Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs werden die Vorlagefragen eines nationalen Gerichts zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen gestellt, den es in eigener Verantwortung festlegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat (vgl. in diesem Sinne Urt. v. 26.10. 2023, EDP – Energias de Portugal u.a., C-331/21, EU: C:2023:812, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). [57] Da allein das vorlegende Gericht für die Auslegung und Anwendung des einzelstaatlichen Rechts zuständig ist, hat der Gerichtshof in Bezug auf den rechtlichen Kontext, in den sich die Vorlagefragen einfügen, EUROPA BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 130

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