STICHWORT BERUFSRECHT DER ERWERB EINES FACHANWALTSTITELS Inzwischen stehen der Anwaltschaft 24 Fachanwaltstitel zur Verfügung. In diesem Beitrag wird der Weg zur Erlangung einer Fachanwaltschaft aufgezeigt. Die Erlangung einer Fachanwaltschaft setzt zunächst gem. § 4 FAO besondere theoretische Kenntnisse voraus, die ein Anwärter im Regelfall im Rahmen eines auf die Fachanwaltschaft vorbereitenden anwaltsspezifischen Lehrgangs erworben haben muss. Dieser Lehrgang muss alle relevanten Bereiche des jeweiligen Fachgebiets umfassen. Welche Bereiche als wesentlich anzusehen sind, ergibt sich aus den §§ 8 bis 14q FAO, die die jeweiligen Teilbereiche gesondert aufzählen. Für alle Fachanwaltschaften gilt der Grundsatz, dass der Lehrgang eine Gesamtdauer von mindestens 120 Zeitstunden umfassen muss. Für das Steuerrecht sind 40 zusätzliche Stunden für die Bereiche Buchhaltung und Bilanzwesen erforderlich. Das Insolvenzrecht erfordert 60 zusätzliche Stunden für betriebswirtschaftliche Grundlagen. Ein Fachanwaltsanwärter, der einen Lehrgang besucht hat, muss gem. § 4a FAO mindestens drei schriftliche Leistungskontrollen aus verschiedenen Bereichen seines Lehrgangs bestanden haben. Vorgesehen ist, dass eine Klausur mindestens eine Zeitstunde ausfüllen und fünf Zeitstunden nicht überschreiten darf. Die Gesamtdauer der bestehenden Leistungskontrollen darf 15 Zeitstunden nicht unterschreiten. In der Regel bieten die Veranstalter drei fünfstündige Klausuren an. Eine Benotung durch den Veranstalter ist nicht notwendig. Es reicht die Feststellung aus, dass eine Klausur bestanden worden ist. Da das Prüfungsverfahren nach der ständigen Rechtsprechung des BGH stark formalisiert ist, dürfen die Rechtsanwaltskammern keine inhaltliche Überprüfung der vom Veranstalter vorgenommenen Klausurbewertung nach Qualitätskriterien vornehmen. § 4 III FAO sieht die Möglichkeit vor, den Nachweis des Erwerbs der besonderen theoretischen Kenntnisse auch durch außerhalb eines Lehrgangbesuchs erbrachte Leistungen zu führen. Diese Kenntnisse müssen dem im jeweiligen Fachlehrgang vermittelten Wissen entsprechen. Hiermit wurde aber keine „Alte-Hasen-Regelung“ geschaffen, die es erfahrenen und langjährig tätigen Anwältinnen und Anwälten ermöglichen würde, ohne besonderen Nachweis des Erwerbs besonderer theoretischer Kenntnisse allein aufgrund ihrer umfangreichen praktischen Erfahrungen einen Fachanwaltstitel zu erwerben. Eine alternative Nachweismöglichkeit stellt z.B. der Besuch eines Masterstudiengangs zum Erwerb des „LL.M.“ an einer Universität dar. Auch kann eine Dozententätigkeit in Betracht kommen, wenn sich diese nicht auf einen eng umgrenzten Teil des Fachgebiets beschränkt, sondern alle relevanten Teilbereiche berücksichtigt und qualitativ über den Charakter einer Vermittlung von bloßem Basiswissen hinausgeht. Wer Fachanwalt werden möchte, muss zudem besondere praktische Erfahrungen nachweisen können. Gemäß § 5 FAO setzt der Erwerb dieser Erfahrungen voraus, dass ein Anwärter innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung eine bestimmte Anzahl von Fällen in seinem Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat. Die Anzahl praktischer Fälle variiert je Fachgebiet. Während z.B. im Steuerrecht 50 Fälle ausreichen, sind im Familienrecht 120 Fälle und im Verkehrsrecht sogar 160 Fälle nachzuweisen. Einige Fachgebiete sehen vor, dass Fälle aus bestimmten Gebieten bzw. Bereichen des Fachgebiets kommen müssen. Teilweise wird auch eine Mindestanzahl rechtsförmlicher bzw. gerichtlicher Verfahren gefordert. § 5 IV FAO sieht schließlich vor, dass Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit einzelner Fälle zu einer höheren oder niedrigeren Gewichtung führen können. Einem Anwärter ist es daher möglich, eine eigenständige Gewichtung vorzunehmen und einen Fall in der vorzulegenden Fallliste mit einem höheren Faktor als „1“ einzustellen. Diese Höhergewichtung sollte sorgfältig begründet werden. Sie ist auch stets mit dem Risiko verbunden, dass die Rechtsanwaltskammer die vorgenommene Gewichtung nicht teilt und den Antrag insgesamt ablehnt, weil die erforderliche Mindestanzahl von nachzuweisenden Fällen nicht erreicht ist. (Da) In der Rubrik „Stichwort Berufsrecht“ werden in jeder Ausgabe der BRAK-Mitteilungen Grundbegriffe des anwaltlichen Berufsrechts kurz erklärt. Die BRAK-Mitteilungen wollen so eine schnelle Information über wichtige Bereiche des Berufsrechts wie etwa die Selbstverwaltung oder die anwaltlichen Core Values ermöglichen. Die Stichworte verfassen abwechselnd u.a. Daniela Neumann (DN), Christian Dahns (Da), Dr. Tanja Nitschke (tn) und Prof. Dr. Christian Wolf (CW). STICHWORT BERUFSRECHT STICHWORT BERUFSRECHT BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 117
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