nicht unbedingt sein, wenn die Prüfung auf der ersten Stufe bereits angeordnet wurde. Das Übersendungsprotokoll bei Fax-Versand müsse eben auch nicht inhaltlich nochmals kontrolliert werden. Vielmehr müsse bei der abendlichen Kontrolle lediglich noch einmal nachgesehen werden, ob der fristgebundene Schriftsatz überhaupt versandt wurde. Ob also tatsächlich vielleicht sogar die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen getroffen wurden und lediglich unzureichender Vortrag zur Versagung der Wiedereinsetzung geführt hat, bleibt dem Leser der Entscheidung verborgen. In jedem Fall zeigt die Entscheidung einmal mehr auf, dass nicht nur die Kanzleiorganisation strengen Maßstäben unterliegt und exakt dokumentiert und nachgehalten werden sollte, sondern dass dies dann auch im Rahmen von Wiedereinsetzungsanträgen sehr detailliert geschildert werden muss. Am ausreichenden Vortrag fehlt es leider oft. (bc) NICHTVORLAGE DES beA-EMPFANGSJOURNALS KANN NEGATIV GEWÜRDIGT WERDEN 1. Gibt ein Anwalt trotz Nachfrage des Gerichts das elektronische Empfangsbekenntnis nicht ab und legt er trotz Aufforderung das beA-Nachrichtenjournal nicht vor, kann das Gericht im Wege einer Gesamtwürdigung nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung Schlüsse ziehen, wann dem Anwalt ein Urteil nach § 189 ZPO zugegangen ist. 2. Anwälte sind nach § 50 BRAO verpflichtet, beANachrichten und damit auch das Nachrichtenjournal vor der Löschung im beA zu exportieren und zu archivieren. KG, Beschl. v. 24.1.2025 – 7 U 17/24 Der Anwalt gab zu einem am 17.1.2024 vom LG Berlin mit Anforderung eines elektronischen Empfangsbekenntnisses (eEB) elektronisch versandten Urteil trotz Nachfrage kein eEB ab. Die automatisch generierte, elektronische Eingangsbestätigung datiert ebenfalls vom 17.1.2024. Eine Berufung ging beim KG am 15.3. 2024 ein. Auf einen Hinweis des KG, dass die Berufung verfristet sein könne, und eine Aufforderung, sich zu der Frage der Zustellung und der Nichtabgabe des eEB zu erklären, erfolgte keine Reaktion. Sodann forderte das KG die Vorlage des beA-Nachrichtenjournals an. Auch hierzu gab der Anwalt kein eEB ab. Nach erneuter Zustellung dieser Anforderung, nun per Postzustellungsurkunde, beantragte der Anwalt, die Frist zur Vorlage des Journals zu verlängern, was vom KG unter Vorbehalt bewilligt wurde. Hierauf erfolgte keine weitere Reaktion des Anwalts. Daraufhin verwarf das KG die Berufung als unzulässig. Das KG ging nach einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts von einer Zustellung des LG-Urteils jedenfalls gem. § 189 ZPO (tatsächlicher Zugang) deutlich vor dem 15.2.2024 aus, so dass die Berufung vom 15.3. verfristet sei. Die Nichtbefolgung der Anordnung zur Vorlage des beA-Journals sei nach §§ 286, 427 S. 2 ZPO nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung frei zu würdigen. Anwälte seien nach § 50 BRAO verpflichtet, beA-Nachrichten und damit auch das Nachrichtenjournal vor der Löschung im beA zu exportieren und zu archivieren. Es könne daher dahinstehen, ob der Anwalt das Journal trotz Besitzes oder wegen etwaiger Löschung nicht vorgelegt habe. Das beim LG auf die Versendung des Urteils eingegangene Protokoll bestätige, dass das Urteil am 17.1. empfangen worden sei (Eingang und Sichtbarwerden im beA). Der Anwalt habe nicht erläutert, warum zwischen dem Eingang und der Kenntnisnahme mehr als vier Wochen gelegen haben sollen. Das KG wies auf die Pflicht zur Vertreterbestellung nach § 53 I Nr. 1 BRAO bei Verhinderung des Anwalts von mehr als einer Woche hin. Das KG gehe daher von einer Kenntnisnahme von dem Urteil durch den Anwalt weit vor dem 15.2. aus. Anders könne der Senat sich die Nichtvorlage des Journals, aus der auch der Zeitpunkt des erstmaligen Öffnens einer eingegangenen Nachricht hervorgehe, nicht erklären. Zwar müsse für eine Zustellung neben dem tatsächlichen Zugang auch ein Empfangswille hinzukommen. Auch wenn das Unterlassen der Rücksendung des eEB für sich genommen nicht ausreiche, ließen die Gesamtumstände hinreichend auf eine Empfangsbereitschaft des Anwalts schließen, zumal der Anwalt auf die Nachfragen des Gerichts nicht reagiert habe. Auch der Umstand, dass der Anwalt die Anordnung der Vorlage des Journals ausweislich seines späteren Fristverlängerungsantrags empfangsbereit entgegengenommen habe, obwohl er auch dazu kein eEB abgegeben habe, lasse nicht den Schluss zu, dass die Nichtabgabe des eEB eine fehlende Empfangsbereitschaft belege. Das grundsätzliche Fehlen eines Empfangswillens eines Anwalts bzgl. ihm zuzustellender Dokumente wäre mit der Stellung eines Anwalts unvereinbar und rechtsmissbräuchlich. Die Würdigung durch das KG erscheint nachvollziehbar. (hg) MATERIELL-RECHTLICHE ERKLÄRUNGEN ÜBER beA – § 130e ZPO NEU 1. Bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist es auch für die elektronische Form zur Wahrung der Form nicht ausreichend, dass die Willenserklärung formgerecht abgegeben wurde; diese muss dem Erklärungsgegner vielmehr auch in der entsprechenden Form zugehen. Für den Zugang einer in einem qualifiziert elektronisch signierten elektronischen Dokument enthaltenen Willenserklärung ist es daher erforderlich, dass dieses Dokument so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser die qualifizierte elektronische Signatur des Erklärenden und damit die Echtheit des Dokuments prüfen kann. 2. Diese Voraussetzungen sind in dem Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 130e ZPO am JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 113
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