BRAK-Mitteilungen 2/2025

Voraussetzungen des § 115 I VVG hätten nicht vorgelegen. Auch aus § 8 IV 2 PartGG könne kein Anspruch hergeleitet werden, da es sich insoweit um eine Rechtsgrundverweisung und nicht, wie die Kläger meinten, um eine Rechtsfolgenverweisung handele. In der Praxis kommt es gar nicht so selten vor, dass Mandanten versuchen, ihre behaupteten Ansprüche gegen Rechtsanwälte, Rechtsanwaltssozietäten oder Sozietäten anderer rechts- und wirtschaftsberatender Berufe direkt gegen deren Berufshaftpflichtversicherer geltend zu machen. Das ist in manchen Fällen verständlich, v.a. wenn sich der eigentliche Anspruchsgegner nicht zur Sache einlässt oder nur schwer zu greifen ist. So einfach ist es aber nicht, denn oft wird verkannt, dass § 115 VVG nur in sehr eingeschränkten Fällen einen Direktanspruch zulässt. Insbesondere lässt sich mancher von § 115 I Nr. 1 VVG irreführen: Eine Versicherung nach § 1 Pflichtversicherungsgesetz ist die Berufshaftpflichtversicherung nämlich nicht. Bei einem Blick ins Partnerschaftsgesellschaftsgesetz stößt man auf § 8 IV 2: „Für die Berufshaftpflichtversicherung gelten § 113 III und die §§ 114 bis 124 des Versicherungsvertragsgesetzes entsprechend“ – also auch § 115 VVG. Die Kläger wollten hieraus den Schluss ziehen, dass es sich um eine Rechtsfolgenverweisung handele, der Direktanspruch sich also ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 VVG ergebe. Das OLG Köln macht aber – ebenso wie das LG Köln in der Vorinstanz – deutlich, dass es sich – entgegen einiger Stimmen in der Literatur – ohnehin um eine Rechtsgrundverweisung handele. Aus den Gesetzesmaterialien sei ersichtlich, dass die Verweisung nur angeordnet wurde, weil es sich bei der Berufshaftpflichtversicherung einer Partnerschaftsgesellschaft um eine freiwillige Versicherung handele. Daher sei sie nicht als Pflichtversicherung i.S.d. § 113 I VVG zu qualifizieren. Das Ergebnis ist auch stimmig, denn es ist nicht erkennbar, wieso in Bezug auf den Direktanspruch gegen den Berufshaftpflichtversicherer differenziert werden sollte, in welcher Rechtsform die Berufsträger tätig sind. Ohnehin sind aber mittlerweile alle Berufsausübungsgesellschaften nach § 59n BRAO verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Die Versicherung ist somit per se eine Pflichtversicherung, sodass die Verweisung in § 8 IV 2 PartGG für Rechtsanwaltssozietäten im Grunde obsolet ist. In der Berufungsinstanz hatten die Kläger hier dann den Direktanspruch nachträglich noch aus § 115 I Nr. 2 VVG hergeleitet, weil sie mittlerweile einen Insolvenzantrag über das Vermögen der Beklagten gestellt hatten. Damit war aber laut OLG die Voraussetzung, dass „entweder das Insolvenzverfahren bereits eröffnet, der Antrag mangels Masse abgelehnt oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden“ sein muss, immer noch nicht erfüllt. Das OLG Köln hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. (ju) FRISTEN AUSGANGSKONTROLLE BEI FRISTGEBUNDENEN SCHRIFTSÄTZEN DURCH DAS PERSONAL Vor Friststreichung muss im Rahmen der Ausgangskontrolle eines über das beA versandten Schriftsatzes stets die automatisierte Eingangsbestätigung nach § 130a V 2 ZPO überprüft werden; wird im Wiedereinsetzungsantrag nicht vorgetragen, dass entsprechende Anweisungen bestehen, darf das Gericht von einem Organisationsmangel ausgehen. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 21.11.2024 – I ZB 34/24, NJW-RR 2025, 188 Wegen eines verspätet eingereichten Berufungsbegründungsschriftsatzes wurde Wiedereinsetzung beantragt, die damit begründet wurde, dass die Auszubildende bereits mehr als zwei Wochen vor Fristablauf angewiesen worden sei, die Berufungsbegründung zum Versand über das beA vorzubereiten. Sie sei nach den internen Vorgaben verpflichtet gewesen, sich vom erfolgreichen Versand persönlich zu überzeugen, bevor die Frist im elektronischen und im Papierkalender gestrichen werden durfte. Sie habe die Fristen aber gestrichen, obwohl sie versehentlich die Begründung nur zur Kenntnis an den Gegner gesandt hatte, nicht aber ans Gericht. Dieses Versehen sei auch anlässlich der allgemein angeordneten abendlichen Fristenkontrolle nicht aufgefallen. Der BGH bestätigt die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags durch das Berufungsgericht. Mit Blick auf die Rechtsprechung zur Überprüfung des Ausgangs bei der Versendung von Telefaxen sei es unerlässlich, das Personal anzuweisen, stets die automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a V 2 ZPO zu prüfen und erst nach entsprechender Prüfung die Fristen zu streichen. Die Kontrollpflichten müssten sich darauf erstrecken, ob die Übermittlung vollständig und an das richtige Gericht erfolgt sei und ob auch die richtigen Dateien übermittelt wurden. Dazu hatte der Prozessbevollmächtigte nichts Konkretes vorgetragen. Der BGH beanstandet auch nicht, dass das Berufungsgericht diesbezüglich nicht noch einmal nachgefragt hatte. Die Anforderungen, die von der Rechtsprechung an eine wirksame Organisation des Fristenwesens und deren Darlegung im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrags gestellt werden, seien bekannt und müssten einem Rechtsanwalt auch ohne gerichtliche Hinweise geläufig sein. Dementsprechend könne dann auch ein Organisationsverschulden auf der zweiten Stufe der Ausgangskontrolle nicht ausgeschlossen werden. Hier habe der Bevollmächtigte nämlich ebenfalls nur allgemein behauptet, in der Kanzlei finde eine abendliche Ausgangskontrolle statt, ohne konkret vorzutragen und glaubhaft zu machen, in welcher Weise diese abendliche Fristenkontrolle durchzuführen sei, insb. ob noch einmal die elektronische Eingangsbestätigung geprüft werden müsse. Nach der BGH-Rechtsprechung müsse das allerdings BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 AUFSÄTZE 112

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