BRAK-Mitteilungen 2/2025

verwies die Sache zurück. Leider bleiben durch diese prozessuale Konstellation viele Fragen offen; dennoch gibt die Entscheidung Gelegenheit, noch einmal auf anwaltliche Pflichten im Zusammenhang mit Gestaltungsrechten einzugehen. Der Mandant hatte ein Haus unter Gewährleistungsausschluss erworben. Wegen eindringender Feuchtigkeit erklärten seine Anwälte in dessen Namen „Anfechtung und Rücktritt vom Vertrag“. Im anschließend eingeleiteten Beweissicherungsverfahren stellte der Sachverständige Feuchtigkeitsschäden fest und schätzte den notwendigen Reparaturaufwand auf ca. 27.000 Euro. Zwar hatte der Mandant auch behauptet, die Heizungsanlage funktioniere schlecht oder gar nicht, was dem Verkäufer hätte bekannt sein müssen, da er die Immobilie selbst jahrelang genutzt hatte; die Heizungsanlage war allerdings nicht Gegenstand des Gutachtens. Der Verkäufer ließ sich bei sich daran anschließenden Vergleichsverhandlungen nur noch auf die Rückabwicklung des Kaufvertrags ein. Der Mandant hingegen hätte seinerseits lieber das Haus behalten und warf seinen Anwälten vor, ihn über die möglichen Gestaltungsrechte und die Folgen von Anfechtung und Rücktritt nicht ausreichend belehrt zu haben. So habe er den Anspruch auf die Mängelbeseitigungskosten gegenüber dem Verkäufer verloren. Den Reparaturaufwand für die Heizung gab er nun mit etwa 11.000 Euro an. Die Regressklage blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Das Berufungsgericht hatte den Verkäufer und einen weiteren Zeugen zu den Vorgängen im Rahmen der Besichtigung befragt und kam im Ergebnis zu dem Schluss, der Kläger habe ausreichend Gelegenheit gehabt, sich über das Objekt zu informieren. Falsche Angaben des Verkäufers in Kenntnis ihrer Unwahrheit hätten sich nicht nachweisen lassen. Der BGH bemängelt, dass sich der OLG-Senat nicht mit dem Aspekt der mangelnden Funktionstüchtigkeit der Heizung auseinandergesetzt habe. Wäre das der Fall gewesen, hätte der Vorwurf arglistiger Täuschung durchgreifen können, so dass der Kläger ein Recht zur Vertragsanfechtung oder zum Rücktritt gehabt hätte. Wegen der Rücktrittserklärung konnte er aber nicht mehr Nachbesserung und Schadenersatz verlangen. Wäre kein Rücktritt erfolgt, sondern hätten die Anwälte den Anspruch auf den kleinen Schadenersatz geltend gemacht, wären also jene Ansprüche wegen der Heizung weiter durchsetzbar gewesen. Im Rahmen seiner Entscheidung konnte der BGH eine mangelhafte Belehrung unterstellen und offenlassen, wie sich der Mandant nach korrekter Beratung verhalten hätte, weil der dahingehende Vortrag schon gar nicht gewürdigt wordenwar. Damit liegt also die Beantwortung der wesentlichen Fragen jetzt wieder beim OLG. Dort ist darüber zu befinden, ob von einer unvollständigen Beratung auszugehen ist. Wie der BGH in seinem Urteil vom 1.3.20071 1 BGH, Urt. v. 1.3.2007 – IX ZR 261/03, WM 2007, 1138 = BRAK-Mitt. 2007, 158. ausführte, muss der Anwalt dem Mandanten in einer solchen Situation nicht notwendig eine vollständige rechtliche Analyse, sondern allein die Hinweise liefern, die diesem im Hinblick auf die aktuelle Situation und sein konkretes Anliegen die notwendige Entscheidungsgrundlage vermitteln. Erscheint unter mehreren rechtlich möglichen Alternativen die eine deutlich vorteilhafter als die andere, hat der Anwalt darauf hinzuweisen und eine entsprechende Empfehlung auszusprechen. Im Übrigen hat er den Mandanten über das Für und Wider der unterschiedlichen rechtlichen Möglichkeiten zu informieren. In Fällen wie dem vorliegenden wird man daran anschließend auch kaum vom Anscheinsbeweis beratungsgerechten Verhaltens ausgehen können, da offensichtlich verschiedene Vorgehensweisen möglich waren, die je für sich auch zu unterschiedlichen Rechtsfolgen geführt hätten. Der Mandant hat also im Zweifel nachzuweisen, wie er sich bei vollständiger Information über seine rechtlichen Möglichkeiten tatsächlich entschieden hätte. Hier war Grundlage seines Vortrags, dass er das Haus behalten und lediglich die Mängelbeseitigungskosten durchsetzen wollte. Wie der IX. Zivilsenat schon erläutert, wird er dann konsequenterweise nur noch jene Ansprüche im Wege des Regresses geltend machen können. Hinsichtlich der Feuchteschäden hätte die vertragliche Ausschlussklausel nach den Feststellungen in zweiter Instanz solche Ansprüche „gesperrt“, so dass es jetzt nur noch um die Mängel an der Heizung gehen kann, die bisher übergangen worden sind. (bc) (KEIN) DIREKTANSPRUCH GEGEN VERSICHERER 1. (...) 2. Bei einer Partnerschaftsgesellschaft mbB ergibt sich aus § 8 IV 2 PartGG i.V.m. § 115 VVG ein Direktanspruch gegen die Berufshaftpflichtversicherung der Gesellschaft nur, wenn die Voraussetzungen des § 115 I 1 Nr. 2 oder Nr. 3 VVG erfüllt sind. § 8 IV 2 PartGG stellt keine Rechtsfolgenverweisung auf § 115 I VVG in dem Sinne dar, dass es auf das Vorliegen der dort geregelten Voraussetzungen für einen Direktanspruch nicht ankommt. OLG Köln, Urt. v. 23.10.2024 – I-16 U 139/23, NJW-RR 2025, 99 = VersR 2025, 86 Die Kläger nahmen eine Partnerschaftsgesellschaft (PartGmbB) – in diesem Fall von Wirtschaftsprüfern – sowie (im Hinblick auf die Haftungsbeschränkung nicht recht verständlich) deren Partner wegen Pflichtverletzungen und Fehlern im Rahmen von Prüfungsleistungen in Anspruch und begehrten Ersatz von Gutachterkosten. Sie erstreckten die Klage noch in der ersten Instanz auf die Berufshaftpflichtversicherung der WirtschaftsprüferPartnerschaft und begründeten diese mit einem Direktanspruch nach § 8 IV 2 PartGG i.V.m. § 115 I 1 Nr. VVG. Das LG Köln hatte die Klage gegen den Berufshaftpflichtversicherer mit einem Teilurteil abgewiesen. Die AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 111

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