BRAK-Mitteilungen 2/2025

auf die herausgehobene Bedeutung der Unabhängigkeit der Organe der Rechtspflege sowie im Interesse einer in der Praxis mit vertretbarem Aufwand möglichen und ordnungsgemäßen Kontrollmöglichkeit der Rechtsanwaltskammern auch keinen verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Bedenken. Dem Gesetzgeber ging es darum, die berufsrechtlichen Vorgaben für mehrstufige Gesellschaften zu vereinheitlichen und diese grundsätzlich zuzulassen, durch die Beschränkung auf zugelassene Berufsausübungsgesellschaften und die damit verbundene Kammerzulassung aber zugleich die Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben nach der BRAO durch die Kammern sicherzustellen. Eine solche Einschränkung ist für Sozietäten auch zumutbar, weil es für diese weiterhin möglich ist, ihren Beruf in einer Vielzahl von Rechtsformen auszuüben. 7. INTRANSPARENTES KANZLEIBASHING Das OLG Oldenburg9 9 BRAK-Mitt. 2024, 349 ff. mit Anm. Modi. hat klargestellt, dass die Mitglieder einer Anwaltssozietät nicht jegliche Kritik erdulden müssen. Nutzt eine Person zur Bewertung einer Kanzlei das Google-Bewertungs-Portal, ohne eine anwaltliche Leistung in Anspruch genommen zu haben, ist eine negative Google-Bewertung lediglich dann zulässig, wenn gleichzeitig deutlich gemacht wird, dass diese Person kein Mandant der bewerteten Kanzlei ist. Das OLG Oldenburg stellte zunächst klar, dass eine Google-Bewertung regelmäßig als Meinungsäußerung, die auch eine tatsächliche Behauptung enthält, einzuordnen ist. Bewertungen unternehmerischer Leistungen auf Google-Profilen werden vom angesprochenen Verkehr nicht als reine Meinungsäußerung verstanden, sondern als Bewertung einer tatsächlich in Anspruch genommenen Dienstleistung. In diesem Fall beanspruchte die bewertende Person für sich – obwohl nie Mandant der Kanzlei gewesen zu sein –, mit ihr in einem geschäftlichen Austausch gestanden zu haben, als sie die Sozietät wegen der Überprüfung und Begleichung einer Rechnung kontaktierte, die sie an eine von der Kanzlei vertretene Mandantin gestellt hatte. Nach Auffassung des OLG Oldenburg würde man vor diesem Hintergrund dem hohen Stellenwert der Meinungsäußerungsfreiheit nicht gerecht werden, wenn man der bewertenden Person grundsätzlich untersagen würde, eine Bewertung des Kontakts mit der Kanzlei abzugeben. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass die Eigenart des Anwaltsberufs darin bestehe, die Interessen von Mandanten zu vertreten und dass sich Bewertungen von Anwälten in erster Linie an Personen richten, die auf der Suche nach einem Interessenvertreter sind. Vor diesem Hintergrund besitzt die Bewertung nicht dieselbe Aussagekraft wie die von richtigen Mandanten der Kanzlei, weil für die Zielgruppe von Rechtsanwaltsbewertungen vornehmlich die Leistung des Anwalts für seinen Mandanten und sein Auftreten ihm gegenüber von Interesse ist. Vor diesem Hintergrund hätte die bewertende Person im Rahmen ihrer Google-Bewertung deutlich machen müssen, dass sie kein Mandant der bewerteten Kanzlei ist bzw. war.10 10 Modi kritisiert in seiner Anmerkung, dass auch im Falle einer Bewertung wie der vorliegenden das nicht unerhebliche Risiko bestehe, dass die Bewertung nicht mehr ehrlich und unvoreingenommen ist, sondern vielmehr auf sachfremden Erwägungen beruht. Hieran könne der Hinweis, nicht Mandant der bewerteten Kanzlei zu sein, nichts ändern. II. SYNDIKUSRECHTSANWÄLTINNEN UND -RECHTSANWÄLTE 1. KEINE beA-NUTZUNGSPFLICHT DasBAG11 11 BRAK-Mitt. 2024, 62 f. hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein juristischer Verbandsvertreter, der nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen ist, gleichwohl zwingend sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach nutzen muss, auf welches er als niedergelassener Rechtsanwalt zugreifen kann. Ist ein Verbandsvertreter nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen, ist er im Rahmen seiner Tätigkeit für den Verband nicht verpflichtet, den elektronischen Rechtsverkehr zu nutzen. Dies gilt auch dann, wenn dieser außerhalb seines Arbeitsverhältnisses zum Verband über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügt, im konkreten Verfahren aber nicht mandatiert ist. Insoweit ist er nicht als Rechtsanwalt am Prozess beteiligt, sondern wird in einem anderen Rechtsverhältnis als mit der Prozessführung beauftragter Vertreter des Verbands tätig. Bereits im Jahr 202312 12 BRAK-Mitt. 2023, 255. hatte das BAG klargestellt, dass ein Syndikusrechtsanwalt, der für einen Verband nach dem ArbGG und der BRAO erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber den Verbandsmitgliedern erbringt, hingegen verpflichtet ist, den elektronischen Rechtsverkehr aktiv zu nutzen, wenn er gegenüber einem Gericht tätig wird und beispielsweise ein Rechtsmittel einlegt.13 13 Zu beachten gilt, dass für bestimmte Verbandsvertreter, beispielweise Vertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, ab dem 1.1.2026 eine aktive Nutzungspflicht des elektronischen Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) bestehen wird. Zwischen dem beA und dem freiwillig bereits jetzt genutzten Verbands-eBo besteht ein Wahlrecht, so jüngst BAG, BRAK-Mitt. 2025, 162 ff. mit Anm. Nitschke (in diesem Heft). 2. WAS GILT IN DER PASSIVPHASE? Der AGH Berlin14 14 BRAK-Mitt. 2024, 168 ff. hat klargestellt, dass ein Syndikusrechtsanwalt, der mit seinem Arbeitgeber einen Altersteilzeitvertrag geschlossen hat, der auch eine sog. passive Phase vorsieht, in der das Arbeitsverhältnis zwar weiter besteht, jedoch keine Arbeitsleistung erbracht wird, auch in diesem Zeitraum über eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt verfügen darf. Die Freistellungsphase der Altersteilzeit und damit die Nichtausübung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt sind ebenso wie die Elternzeit bis zum Vertragsende zeitlich begrenzt. Zwar kehrt der Syndikus nach der Freistellungsphase aufgrund ihrer Unwiderruflichkeit nicht an seinen Arbeitsplatz zurück, so wie es nach der Elternzeit im Grundsatz der Fall ist. Jedoch soll genau wie derjenige, DAHNS, DER BERUFSRECHTLICHE JAHRESÜBERBLICK AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 109

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