BRAK-Mitteilungen 2/2025

sind bei Gesellschaften aus Drittstaaten Gesellschafter mit Berufen gem. § 59c I 1 Nr. 1 und 2 BRAO zwingend. Für die Berufe der Gesellschafter sind somit nur die klassisch sozietätsfähigen Berufe wie Patentanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer vorgesehen sowie ausländische Rechts- und Patentanwälte, die einem Beruf aus der Anlage zu § 1 EuRAG bzw. der Verordnung zur Durchführung des § 206 BRAO bzw. der Verordnung zur Durchführung des § 157 II PAO angehören. In letzterer sind jedoch nur drei Patentanwaltsberufe aufgeführt, nämlich für Israel der Orech Patentim, für Singapur der Patent Agent und für das Vereinigte Königreich der Patent Attorney. Somit ist der Gesellschafterkreis kraft Gesetzes sehr beschränkt. Auch wenn im außereuropäischen Ausland noch rechtsberatende Berufe existieren mögen (beispielsweise der Chartered Trade Mark Attorney im Vereinigten Königreich), ist die Zulassung abzulehnen, wenn diese nicht ausdrücklich in den entsprechenden Verordnungen aufgeführt sind. Ein anderer Maßstab ergibt sich für die (ausschließlichen) Mitglieder des Geschäftsführungsorgans, für welche über die Verweisungskette der §§ 207a II 1, 59j I 1 BRAO theoretisch die Berufe gem. § 59c I 1 Nr. 1–4 BRAO möglich sind. XII. BETEILIGUNG VON FINANZINVESTOREN AN BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN Reine Kapitalbeteiligungen an anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften wurden auch durch die BRAO-Reform 2022 nicht ermöglicht. Ein bereits vor der BRAO-Reform anhängiges Verfahren hat in diesem Zusammenhang vor kurzem für Aufsehen gesorgt: Eine deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft klagte gegen den Widerruf ihrer Zulassung, nachdem eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung Geschäftsanteile an ihr zu rein finanziellen Zwecken erworben hatte. Nach der damaligen deutschen Regelung konnten nur Rechtsanwälte und Angehörige bestimmter freier Berufe Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft werden. Der Bayerische Anwaltsgerichtshof hat im sich anschließenden Klageverfahren den EuGH zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Unionsrecht befragt. Der EuGH hat am 19.12.202423 23 EuGH, Beschl. v. 19.12.2024 in der Rechtssache C-295/23, BRAK-Mitt. 2025, 40 sowie ausf. Pott/Wietoska, BRAK-Mitt. 2025, 2. entschieden, dass ein Mitgliedstaat die Beteiligung reiner Finanzinvestoren am Kapital einer Rechtsanwaltsgesellschaft verbieten darf. Eine solche Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist durch das Ziel gerechtfertigt, zu gewährleisten, dass Rechtsanwälte ihren Beruf unabhängig und unter Beachtung ihrer Berufs- und Standespflichten ausüben können. Der EuGH hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die anwaltliche Vertretungsaufgabe, die im Interesse einer geordneten Rechtspflege auszuüben ist, vor allem darin bestehe, in völliger Unabhängigkeit und unter Beachtung des Gesetzes sowie der Berufs- und Standesregeln die Interessen des Mandanten bestmöglich zu schützen und zu verteidigen. Den Rechtsanwälten sei die in einer demokratischen Gesellschaft grundlegende Aufgabe übertragen worden, für Rechtsuchende einzutreten. Die Aufgabe impliziere zum einen das Bestehen der Möglichkeit für jeden Rechtsuchenden sich völlig frei an seinen Rechtsanwalt zu wenden, zu dessen Beruf es nach seinem Wesen gehört, all denen unabhängig Rechtsberatung zu erteilen, die sie benötigen. Zum anderen geht mit ihr das Erfordernis der Loyalität des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten einher. Für die Ausübung des Anwaltsberufs sei es unerlässlich, dass es nicht zu Interessenskonflikten kommt, was insb. voraussetzt, dass Rechtsanwälte sich in einer Position der Unabhängigkeit – einschließlich in finanzieller Hinsicht – gegenüber staatlichen Stellen und anderen Wirtschaftsteilnehmern befinden, deren Einfluss sie nicht ausgesetzt sein dürfen. Ein Mitgliedstaat könne daher legitimerweise davon ausgehen, dass der Rechtsanwalt nicht in der Lage wäre, seinen Beruf unabhängig und unter Beachtung seiner Berufs- und Standespflichten auszuüben, wenn er einer Gesellschaft angehört, zu deren Gesellschaftern Personen zählen, die zum einen weder den Rechtsanwaltsberuf noch einen anderen Beruf ausüben, für den es Regulative in Form von Berufs- und Standesregeln gibt, und die zum anderen ausschließlich als reine Finanzinvestoren handeln, ohne die Absicht zu haben, in dieser Gesellschaft eine Berufstätigkeit auszuüben. Die Entscheidung des EuGH bestätigt die anwaltliche Unabhängigkeit und ihre Absicherung durch nationales Berufsrecht, welches Fremdbesitz in Deutschland grundsätzlich verbietet – auch wenn sich die Entscheidung eigentlich auf die Rechtslage vor der BRAO-Reform am 1.8.2022 bezieht. Es bleibt daher nun abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber sich trotz dieser klaren Ausführungen des EuGH in den nächsten Jahren mit einer Öffnung der Vorschriften in der BRAO und damit weiteren Überarbeitungen des anwaltlichen Gesellschaftsrechts beschäftigen wird. KOLB/SCHMELCHER/HORLBECK, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND PROBLEMSTELLUNGEN IM ANWALTLICHEN GESELLSCHAFTSRECHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 97

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