Zunächst stellt sie an die Mitglieder des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans wesentlich strengere Anforderungen als an Berufsträger, die (nur) eine Stellung als Gesellschafter innehaben, ohne zugleich Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans zu sein. Während bei den Mitgliedern des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans der komplette Katalog der Versagungsgründe des § 7 BRAO zu prüfen und zu verneinen ist, gibt es für die Gesellschafterinnen und Gesellschafter keine entsprechend strenge Regelung. Die Gesellschafterinnen und Gesellschafter hingegen reglementiert das Gesetz an zwei Stellen, nämlich in § 59g II BRAO und – jedoch dort auch nur die nicht klassisch sozietätsfähigen Berufe – in § 59c I 2 BRAO. § 59g II BRAO sieht die Möglichkeit der Aussetzung des Zulassungsantrags der Gesellschaft vor, wenn gegen einen Gesellschafter oder ein Mitglied des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans ein auf Rücknahme oder Widerruf seiner Zulassung oder Bestellung gerichtetes Verfahren betrieben oder ein vorläufiges Berufs- oder Vertretungsverbot erlassen worden ist. Abgesehen davon, dass die Regelung lediglich als Ermessenvorschrift „kann“ ausgestaltet ist, ist die Rechtsfolge auch nicht die Ablehnung der Zulassung wie bei § 59j II i.V.m. § 59f II 1 Nr. 1 BRAO, sondern lediglich die Aussetzung. Zur Ablehnung des Zulassungsantrags führt dagegen die zweite die Gesellschafterinnen und Gesellschafter regulierende Vorschrift des § 59c I 2 BRAO (i.V.m. § 59f II 1 Nr. 1 BRAO). Demnach kann insb. eine Verbindung mit den in § 59c I 1 Nr. 4 BRAO benannten Gesellschaftern ausgeschlossen sein, wenn ein Grund vorliegt, der bei einer Rechtsanwältin bzw. einem Rechtsanwalt nach § 7 zur Versagung der Zulassung führen würde. Auch diese Vorschrift enthält keinen so weitreichenden Regelungsgehalt wie § 59j II BRAO. Zum einen zielt sie ausschließlich auf die Berufe des § 1 II PartGG ab. Die auch in der Vergangenheit klassisch sozietätsfähigen Berufe, wie beispielsweise Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Patenanwälte sind davon ausgenommen, genauso wie ihre sozietätsfähigen ausländischen Kolleginnen und Kollegen nach § 59c I 1 Nr. 2 und 3 BRAO. Zum anderen ist es ebenfalls nur eine Ermessensvorschrift. Auch die Gesetzesbegründung sagt zu § 59j II BRAO ausdrücklich, dass die Berufsausübungsgesellschaft nicht nur Vehikel der Kooperation ist, sondern auch Erbringerin von Rechtsdienstleistungen und somit auch sie den grundlegenden Anforderungen gerecht werden muss, die die BRAO formuliert. Hiermit wäre es nicht vereinbar, wenn die Leitungspersonen einer Berufsausübungsgesellschaft nicht die Anforderungen des § 7 BRAO erfüllen würden. Denn die Leitungspersonen der Gesellschaft befähigen diese erst zum Handeln. Mit Blick auf das Vertrauen der Rechtsuchenden ist daher entscheidend, dass die Leitungspersonen den in § 7 BRAO formulierten grundlegenden Anforderungen entsprechen.17 17 BT-Drs. 19/27670, 194. Zur Sicherung der Integrität der Anwaltschaft sowie der Gewährleistung einer funktionierenden Rechtspflege ist es vielmehr nur angebracht, dass auch die nichtanwaltlichen Mitglieder des Geschäftsführungsorgans keinen Versagungsgrund des § 7 BRAO erfüllen dürfen.18 18 Löwe/Theus/Wallner, BRAK-Mitt. 2023, 356, 360. Dies kann im ersten Moment zu irritierenden Ergebnissen führen. So begründet ein Verhalten, das eine Person unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben gem. § 7 Nr. 5 BRAO die Versagung der Zulassung. Der klassische Anwendungsfall ist hier die Verurteilung wegen berufsbezogener Straftaten. Ein § 7 Nr. 5 BRAO entsprechender Widerrufsgrund existiert aber in § 14 BRAO nicht. Die Zulassung eines Rechtsanwalts, der Straftaten verwirklicht, kann somit nur widerrufen werden, wenn er infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat, § 14 II Nr. 2 BRAO i.V.m. § 45 I, II StGB. Bei einer sonstigen Verwirklichung von Straftaten ist ein Ausschluss aus der Anwaltschaft nur über ein berufsrechtliches Verfahren vorgesehen, § 114 I Nr. 5BRAO. Bei der Versagung der Zulassung wegen Unwürdigkeit können bereits vorsätzliche Straftaten mit einer Strafbemessung von 90 Tagessätzen oder – zumindest wohl bei Straftaten mit Berufsbezug – auch niedriger relevant sein. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen kann ein zugelassener Rechtsanwalt bei Verwirklichung einer Straftat zwar ggf. weiterhin ungehindert Rechtsanwalt sein. Ist er jedoch Geschäftsführungsorgan einer Berufsausübungsgesellschaft, kann auch eine Straftat, die nicht zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft führen wird, die Ablehnung der Berufsausübungsgesellschaft zur Folge haben. Insofern gibt § 59j II BRAO den Kammern eine erhebliche Eingriffsgrundlage in die gesellschaftlich organisierte Berufsausübung eines zugelassenen Rechtsanwalts. Die Verpflichtung der Rechtsanwaltskammern, die Versagungsgründe des § 7 BRAO zu prüfen, führt aber auch bei Nebentätigkeiten der Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer dazu, dass Gesellschaften nicht zugelassen werden können: Wenn ein nichtanwaltliches Mitglied eines Geschäftsführungsorgans eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts unvereinbar ist, § 7 Nr. 8 oder § 7 Nr. 10 BRAO. So ist es z.B. nach dem StBerG möglich, dass ein Steuerberater als auf Lebenszeit ernannter Beamter als Professor einer Hochschule tätig werden darf. Gemäß § 7 Nr. 10 BRAO ist eine Beamtenstellung – unabhängig davon, ob eine Verbeamtung auf Widerruf bzw. Zeit oder auf Lebenszeit vorliegt19 19 Schmidt-Räntsch, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, §7Rn. 95. – im anwaltlichen Berufsrecht jedoch ein Versagungsgrund. So hat das BVerfG bereits in einem Beschluss von 2009 entschieden, dass ein Juniorprofessor für Bürgerliches Recht, der vorliegend auf Zeit verbeamtet war, keine Genehmigung zur AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 95
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