VI. ZULASSUNGSPFLICHT DES § 59f I 1 BRAO Durch Mitteilungen der Registergerichte und teilweise auch durch den Abgleich mit eigenen Datenbeständen kann sich herausstellen, dass Sozietäten es trotz Zulassungspflicht unterlassen haben, einen Antrag auf Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft bei der für sie zuständigen Rechtsanwaltskammer einzureichen. Die Vorschriften in der BRAO sehen keinen eigenen Sanktionstatbestand für diese Art der Unterlassung vor. Aktuell werden die betroffenen Sozietäten in aller Regel angeschrieben und gebeten, einen entsprechenden Antrag zu stellen bzw. mitzuteilen, falls bereits eine Zulassung (ggf. bei einer anderen Kammer oder einhergehend mit einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung oder Umfirmierung) vorliegt. Problematisch sind diese Fälle vor allem deswegen, weil die fehlende Zulassung neben berufsrechtlichen Konsequenzen auch eine fehlende Postulations- und Rechtsdienstleistungsbefugnis der Gesellschaft zur Folge hat, die Auswirkungen auf die bearbeiteten Mandate haben kann. Darüber hinaus drohen den Berufsausübungsgesellschaften insb. auch haftungsrechtliche und zivilrechtliche Auswirkungen. Auf jeden Fall müssen die anwaltlichen Gesellschafterinnen oder Gesellschafter der Berufsausübungsgesellschaft aber damit rechnen, dass berufsrechtliche Verfahren wegen Verstoß gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung § 43 BRAO i.V.m. § 59f BRAO eingeleitet werden. VII. ABWICKLUNG Nach § 59h VI BRAO kann für eine Berufsausübungsgesellschaft ein Abwickler bestellt werden, wenn die Berufsausübungsgesellschaft die Zulassung verloren hat und die zur gesetzlichen Vertretung bestellten Personen keine hinreichende Gewähr zur ordnungsgemäßen Abwicklung der schwebenden Angelegenheiten bieten. § 55 BRAO ist in diesen Fällen entsprechend anzuwenden. Für die festgesetzte Vergütung des Abwicklers haften die Gesellschafter als Gesamtschuldner. § 54 IV 4 BRAO bleibt unberührt. Die Abwicklung einer Berufsausübungsgesellschaft setzt somit zum einen voraus, dass sie ihre Zulassung verloren hat (entweder durch Auflösung oder durch Widerruf) und zusätzlich die zur gesetzlichen Vertretung bestimmten Personen keine hinreichende Gewähr zur ordnungsgemäßen Abwicklung der schwebenden Angelegenheiten bieten. Diese Vorschrift stellt Rechtsanwaltskammern zum Teil vor größere Probleme. Zwar bieten in der Regel die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen für die Beendigung von Gesellschaften einen ausreichenden Schutz – sowohl für die Gesellschaft als auch für die Mandanten. So wird beispielsweise bei einer führungslosen GmbH, die durch den Tod des einzigen anwaltlichen geschäftsführenden Gesellschafters oder durch dessen Verlust der Zulassung führungslos geworden ist, zunächst ein Notgeschäftsführer zu bestellen sein, der die Geschäfte bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers vorübergehend übernimmt oder die Gesellschaft auflöst oder bei Bedarf einen Insolvenzantrag stellt. Ist die Gesellschaft bereits aufgelöst, wird für die Abwicklung einer Gesellschaft im Gesellschaftsrecht sowohl bei Personengesellschaften als auch bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich ein Liquidator bestellt. Aufgabe der Liquidatoren bei einer GmbH (§§ 66 ff. GmbHG) ist es, die laufenden Geschäfte der Gesellschaft zu beenden, die Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen, Forderungen einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen, § 70 GmbHG. Die Liquidation einer Partnerschaftsgesellschaft richtet sich nach den §§ 143–152 HGB und hat ebenfalls den Zweck, alle Rechtsangelegenheiten der Partnerschaft abzuwickeln. Zusätzlich zu dem Notgeschäftsführer oder Liquidator ist es in der Regel nicht notwendig, dass seitens der Rechtsanwaltskammer ein Amtsvertreter oder Abwickler bestellt wird. Wird jedoch beispielsweise unter den engen Voraussetzungen des § 53 IV BRAO ein Amtsvertreter für eine Berufsausübungsgesellschaft bestellt, der den Notgeschäftsführer unterstützt, die schwebenden Verfahren fortzuführen, dürfte es in der Praxis immer wieder zu Problemen in der Zusammenarbeit kommen, da die Interessen des Notgeschäftsführers und des Amtsvertreters nicht gleichgerichtet sind. Allein ein Amtsvertreter oder Abwickler würde einer Gesellschaft demgegenüber nicht weiterhelfen, da beide lediglich befugt sind, die schwebenden anwaltlichen Verfahren zu bearbeiten, jedoch nicht für die Übernahme der Geschäfte (Kanzleiorganisation, Personal, Buchhaltung, etc.) zuständig sind. In der Praxis wird daher in den allermeisten Fällen der Rechtsanwalt, der als Notgeschäftsführer bestellt wurde, sowohl die anwaltlichen Mandate als auch die Geschäfte der Gesellschaft übernehmen müssen. Ist die Gesellschaft zahlungsunfähig, führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Auflösung der Gesellschaft. Das gilt für Kapitalgesellschaften (GmbH, § 60 I Nr. 4 GmbHG; AG, § 262 I Nr. 3 AktG) und für Personengesellschaften, wie die KG (§ 161 II i.V.m. § 131 I Nr. 3 HGB), die GbR (§ 728 I 1 BGB bzw. § 729 I Nr. 2 BGB n.F. 2024), die Partnerschaft und die PartG mbB (§ 9 I PartGG i.V.m. § 131 I Nr. 3 HGB). Dem Insolvenzverwalter steht in diesem Fall nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 103 InsO ein Wahlrecht dahingehend zu, ob er den Vertrag anstelle des Schuldners erfüllt oder die Erfüllung ablehnt. Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für die Nichterfüllung des Vertrags, so bleibt der Vertrag selbst bestehen KOLB/SCHMELCHER/HORLBECK, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND PROBLEMSTELLUNGEN IM ANWALTLICHEN GESELLSCHAFTSRECHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 93
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