BRAK-Mitteilungen 2/2025

Beitragshöhe dem deutlich eingeschränkten Nutzen, der den nichtanwaltlichen Kammermitgliedern im Vergleich zur Anwaltschaft aus der Mitgliedschaft erwächst, nicht hinreichend Rechnung trage. Die Aufgabe einer Rechtsanwaltskammer bestehe wesentlich darin, die Belange der Rechtsanwaltschaft zu wahren und zu fördern. Nichtanwaltlichen Mitgliedern werde hingegen mit Rücksicht auf die Aufgabe einer Rechtsanwaltskammer keine vergleichbare Wahrnehmung und Förderung beruflicher Belange zuteil. Die Aufnahme von berufsfremden Mitgliedern nach § 60 II Nr. 3 BRAO solle nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu führen, dass die Rechtsanwaltskammern nunmehr auch die Interessen von anderen Berufsgruppen wahrnehmen. Auch vom Vorteil der Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) seien die nichtanwaltlichen Mitglieder von vorneherein ausgeschlossen. Denn die Nutzung des beA sei der Anwaltschaft vorbehalten (§ 31a I 1 i.V.m. § 31 I 1 BRAO). Dieser Unterschied sei von einem solchen Gewicht, dass seine beitragsrechtliche Außerachtlassung nicht mehr mit der grundsätzlich zulässigen Typisierung und Pauschalierung gerechtfertigt werden könne, sondern bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sei. Zum 1.1.2025 ist nun durch das Gesetz zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen in der Bundesnotarordnung, der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz sowie weiterer Vorschriften eine Neuregelung in Kraft getreten, für die sich die berufsständischen Kammern eingesetzt hatten: Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften, die bereits Mitglied der Patentanwaltskammer oder Steuerberaterkammer sind, werden nach der neuen Fassung des § 60 II Nr. 3 BRAO zukünftig nicht mehr Pflichtmitglieder der Rechtsanwaltskammern. Der Gesetzgeber hat die Notwendigkeit der berufsrechtlichen Aufsicht nunmehr dadurch gelöst, dass Steuerberater- und Patentanwaltskammern zukünftig auch Verstöße gegen die BRAO prüfen und sanktionieren können. Rechtsanwaltskammern werden im Gegenzug natürlich auch Verstöße gegen das Steuerberatungsgesetz oder die Patentanwaltsordnung ahnden, wenn eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt im Rahmen der Tätigkeit bei einer Steuerberatungs- oder Patentanwaltsgesellschaft gegen das dortige Berufsrecht verstößt. Aus diesem Grund endete die Mitgliedschaft zahlreicher Mitglieder der Patent- und Steuerberaterkammern mit Ablauf des Jahres 2024 kraft Gesetzes. Dass Mitglieder der Steuerberater- und Patentanwaltskammer sich am häufigsten mit der Anwaltschaft zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden, lässt sich dann auch gleich an den Zahlen erkennen: Die Zahl der nichtanwaltlichen Pflichtmitglieder ist von 1.889 am 1.1.2024 auf 335 am 1.1.2025 gesunken.3 3 https://www.brak.de/presse/zahlen-und-statistiken/. III. DIE SOZIETÄTSFÄHIGKEIT NACH § 59c I 1 NR. 4 BRAO Eine Hauptproblematik im Rahmen von Anträgen auf Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft stellte und stellt sich bislang bei der Einordnung von bestimmten Berufsbezeichnungen unter die Vorschrift des § 59c I 1 Nr. 4BRAO. Als eine der wichtigsten Reformen der neuen BRAO erlaubt § 59c I 1 Nr. 4 BRAO den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die gemeinschaftliche Berufsausübung mit allen Angehörigen eines freien Berufs. Die Vorschrift verweist pauschal auf den entwicklungsoffenen Begriff des § 1 II PartGG, so dass sämtliche freien Berufe, welche die allgemein formulierten Kriterien dieser Vorschrift erfüllen, erfasst sind. Über die Katalogberufe des § 1 II PartGG hinaus ist der Kreis der einbezogenen Berufe also variabel.4 4 Henssler, in Henssler/Prütting, BRAO, 6. Aufl. 2024, § 59c Rn. 37. Eine Auseinandersetzung mit der Sozietätsfähigkeit ist u.a. bei folgenden Berufen erforderlich: 1. BERATENDE BETRIEBSWIRTINNEN UND -WIRTE Welche Qualifikation erforderlich ist, um als beratender Betriebswirt in eine Berufsausübungsgesellschaft eintreten zu können, ist bei einem Studium der Betriebswirtschaftslehre in aller Regel eindeutig: Für den Nachweis genügt eine Kopie des Abschlusszeugnisses. Problematischer wird es dann, wenn die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse nicht in einem klassischen BWLStudium erlangt wurden. Die Rechtsanwaltskammern müssen daher im Einzelfall prüfen, ob z.B. eine IHK-Ausbildung zum Betriebswirt oder ähnliche Angebote dem hohen fachlichen Standard an einen beratenden Betriebswirt genügen. Bei der Beurteilung wird dabei gerne auf Grundsätze aus dem Steuerrecht zurückgegriffen. Nach § 18 EStG gehören beratende Betriebswirte zu den freien Berufen. Dies gilt allerdings im Steuerrecht nur, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Gemäß ständiger Rechtsprechung des BFH muss ein beratender Betriebswirt in der Regel ein (Fach-)Hochschulstudium abgeschlossen haben oder ein vergleichbares Selbststudium nachweisen können. Das Selbststudium muss in Breite und Tiefe dem (Fach-)Hochschulstudium entsprechen.5 5 Eine gute Hilfestellung zur Einordnung des beratenden Betriebswirts als freier Beruf bietet eine Praxishilfe des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, abrufbar unter https://www.existenzgruendungsportal.de/Redaktion/DE/Downloads /DE/Praxishilfen-loeschen/PRAXISHILFE-Beratender-Betriebswirt-als-freier-Beruf. pdf. Die Tätigkeit als beratender Betriebswirt kann im Übrigen nur dann als freier Beruf i.S.d. § 1 II PartGG eingestuft werden, wenn neben der Qualifikation auch die konkrete Tätigkeit in der Berufsausübungsgesellschaft der eines beratenden Betriebswirts entspricht. KOLB/SCHMELCHER/HORLBECK, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND PROBLEMSTELLUNGEN IM ANWALTLICHEN GESELLSCHAFTSRECHT BRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 AUFSÄTZE 90

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