BRAK-Mitteilungen 2/2025

AUFSÄTZE AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND PROBLEMSTELLUNGEN IM ANWALTLICHEN GESELLSCHAFTSRECHT RECHTSANWÄLTINNEN SIMONE KOLB UND KATHARINA SCHMELCHER UND RECHTSANWALT MAXIMILIAN HORLBECK* * Die Autorinnen und der Autor sind als Rechtsanwältinnen bzw. Rechtsanwalt in München zugelassen. Die Autorin Kolb ist Geschäftsführerin, die Autorin Schmelcher stv. Geschäftsführerin und der Autor Horlbeck Referent bei der Rechtsanwaltskammer München. Der Beitrag gibt ausschließlich ihre persönliche Meinung wieder. Durch die BRAO-Reform wurde zum 1.8.2022 die Berufsausübungsgesellschaft als eigenständige Trägerin berufsrechtlicher Rechte und Pflichten etabliert, die in bestimmten Fällen nach der BRAO der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer bedarf. Zudem wurde der Kreis der sozietätsfähigen Berufe deutlich erweitert. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung verpflichtend und freiwillig zugelassener Berufsausübungsgesellschaften, über erste Rechtsprechung zu den neuen Vorschriften und über wiederkehrende Diskussionsfelder, die in der Praxis der Rechtsanwaltskammern auftreten. I. EINFÜHRUNG Die BRAO-Reform zum 1.8.2022 hat das anwaltliche Gesellschaftsrecht umfassend neu geregelt und mit den Regelungen in der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz vereinheitlicht. Die Berufsausübungsgesellschaft ist seitdem selbst Trägerin berufsrechtlicher Rechte und Pflichten und bedarf der Zulassung durch die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer. Nicht haftungsbeschränkte Gesellschaften, in denen nur Anwältinnen und Anwälte bzw. Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer oder Patentanwaltskammer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer zusammengeschlossen sind, müssen sich nicht zulassen, können die Zulassung aber fakultativ beantragen. Zusammenschlüsse sind zudem in sämtlichen Rechtsformen des deutschen Rechts zulässig; auch mehrstöckige Gesellschaften wurden möglich. Außerdem können Anwältinnen und Anwälte sich seit der Reform mit Angehörigen aller freien Berufe beruflich zusammenschließen. Nicht angetastet wurde vom Gesetzgeber seinerzeit das sog. „Fremdbesitzverbot“, das reine Kapitalbeteiligungen an anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften verbietet. Mittlerweile haben sich 5.126 Berufsausübungsgesellschaften im Bundesgebiet zugelassen (Stand 1.1.2025). Die Zahl hat sich damit in den letzten zweieinhalb Jahren ständig erhöht – zuletzt um weitere 8,44 % von 4.727 am 1.1.2024. Den größten Anteil daran haben weiterhin die PartG mbB (3.376) und die GmbH (1.525). Im Vergleich fallen beispielsweise die zugelassenen GmbH & Co. KG (61) sowie die AG (31) weit weniger ins Gewicht. Die Öffnung der Rechtsformwahl hat somit bei der überwiegenden Zahl der Rechtsanwältinnen und -anwälte nicht dazu geführt, eine andere Form des Zusammenschlusses zu wagen. Auch die Anzahl der ausländischen Berufsausübungsgesellschaften steigt nur wenig. Die Voraussetzungen für eine Zulassung in Deutschland sind nicht für alle Gesellschaften einfach zu erreichen. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass sich die ausländischen Rechtsordnungen zum Teil grundlegend von den deutschen und europäischen berufsrechtlichen Vorgaben unterscheiden. Die aktuelle Statistik hat die BRAK vor kurzem auf ihrer Website veröffentlicht (siehe S. 89).1 1 https://www.brak.de/presse/zahlen-und-statistiken/; s. dazu ausf. Witte, BRAKMitt. 2025, 102 (in diesem Heft). II. NICHTANWALTLICHE PFLICHTMITGLIEDER VOR UND NACH DEM 1.1.2025 Nach § 60 II Nr. 3 BRAO sind Rechtsanwaltskammern verpflichtet, nichtanwaltliche Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften als Mitglieder aufzunehmen. Mit der am 1.8.2022 in Kraft getretenen BRAO-Reform hat diese Vorschrift vorübergehend für Diskussionen gesorgt. Durch die Zulassungspflicht für alle haftungsbeschränkten interprofessionellen anwaltlichen Gesellschaften ist die Zahl der nichtanwaltlichen Pflichtmitglieder bei den Rechtanwaltskammern erheblich gestiegen. Durch die vereinheitlichten Vorschriften waren auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte betroffen, die in Steuerberatungs- oder Patentanwaltsgesellschaften als Geschäftsführer oder Partner tätig waren. Sie wurden Mitglieder der Steuerberater- oder Patentanwaltskammer. Dass Partner einer interprofessionellen Partnerschaftsgesellschaft teilweise in mehreren berufsBRAK-MITTEILUNGEN 2/2025 AUFSÄTZE 88

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