persönliche Eindrücke des Beraters wiedergeben. Diesem sei ein „gewisser Freiraum“ zuzugestehen, Hintergrundinformationen eigens für sich zu sammeln, ohne dass diese für den Mandanten bestimmt seien. Nicht herauszugeben seien auch der Briefwechsel mit dem Mandanten selbst und Notizen über Gespräche mit dem Mandanten. Als sog. verhaltener Anspruch beginne die dreijährige Verjährungsfrist von Auskunfts- und Rechenschaftspflichten erst mit entsprechendem Verlangen und nicht vor Beendigung des Auftragsverhältnisses. Daher liege hier ein anderer Fall vor als ihn der BGH mit seiner Entscheidung vom 15.10.2020 zu beurteilen hatte.10 10 BGH, Urt. v. 15.10.2019 – IX ZR 243/19, BRAK-Mitt. 2020, 340 ff. = NJW 2020, 3725. Die Ansprüche waren dementsprechend noch nicht verjährt. Was für den unbefangenen Leser noch relativ unspektakulär klingen mag, kann in der Praxis enorme Auswirkungen auf die Frage haben, wie Akten überhaupt anzufertigen sind, wie also die eigene Tätigkeit zu dokumentieren ist, was wie in eine (regelmäßig elektronisch geführte) Akte gehört und wie man schließlich die herauszugebenden von den internen Arbeitspapieren im engen Sinne abschichten kann. In komplexen Fällen bzw. Prüfungen kann es da schnell bspw. um tausende E-Mails gehen, die z.T. auch unter den jeweiligen Berufsträgern intern versandt werden. Es geht also keinesfalls um Lappalien, sondern im Endeffekt auch um hohe Kosten, die es allein schon auslösen kann, wenn die nur irgendwann mögliche Herausgabepflicht dazu zwingt, die Aktenanlage und -führung so zu organisieren, dass mehr oder weniger „auf Knopfdruck“ die Bereitstellung möglich wird. Das OLG hat die Revision zugelassen; das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen VII ZR 235/23 beim BGH anhängig. (bc) AUSKUNFTSANSPRUCH NACH DSGVO NEBEN DEN ANSPRÜCHEN GEM. §§ 675, 666, 667 BGB Die dreijährige Verjährung von Auskunftsansprüche gem. §§ 675, 666, 667 BGB beginnt mit Schluss des Jahres, in dem der Auftrag beendet wurde. Daneben können eigene Ansprüche nach der DSGVO treten, die dieser Verjährung nicht unterliegen. (eigener Ls.) LG Bonn, Urt. v. 19.12.2023 – 5 S 34/23, BRAK-Mitt. 2024, 117 mit Anm. Schulz(in diesem Heft) Hier machte der Kläger gegen seinen ehemaligen Anwalt Auskunftsansprüche geltend, u.a. auch wegen Auskünften zum Sachstand, der sich auf die Gebührenforderungen bezog. Diese Ansprüche hielt das AG auf Basis der dreijährigen Frist ab Ende des Jahres, in dem das Mandat beendet wurde, für verjährt. Das LG bestätigt diese Auffassung unter Berufung auf die Rechtsprechung des IX. Zivilsenat des BGH,11 11 BGH, Urt. v. 15.10.2019 – IX ZR 243/19, BRAK-Mitt. 2020, 340 ff. = NJW 2020, 3725. ohne die Unterschiede zwischen Herausgabe- und Auskunftsansprüchen zu thematisieren. In der Berufungsinstanz stützte der Kläger seine Ansprüche zusätzlich auf § 15 DSGVO. Diese Erweiterung hielt das LG für sachdienlich und auch nicht für verjährt. Im Rahmen des § 15 I, III DSGVO stünde dem Kläger ein Anspruch auf Überlassung einer kostenlosen Kopie der Handakte und aller sonstigen im Zusammenhang mit seiner Person gespeicherten Daten zu. Dieser erstaunlich weite Umfang der Herausgabepflichten wird mit dem angeblich vergleichbaren Fall von Patientenakten im medizinischen Bereich unter Hinweis auf eine Entscheidung des EuGH12 12 EuGH v. 26.10.2023 – C-307/22. begründet. Hier hätte man von der Berufungskammer schon etwas höheren Begründungsaufwand erwartet. Die Analogie zu Patientenakten versteht sich nicht von selbst. Der Mandant ist regelmäßig in die Vorgänge eingebunden, während der Patient oft nicht wissen kann, was während der Behandlung mit ihm geschieht. Ob man bei Mandantenakten allgemein von „personenbezogenen Daten“ sprechen kann, versteht sich auch nicht von selbst. Mit dieser sehr weiten Auffassung zum Umfang personenbezogener Daten konnte der Mandant also schlussendlich doch noch einen Herausgabeanspruch bzgl. der kompletten Handakten i.S.d. § 50 BRAO durchsetzen, obwohl dieser gem. §§ 675, 667 BGB bereits verjährt war. Dabei bleibt der Umfang der Herausgabepflicht etwas vage. Anhand der zuvor besprochenen Entscheidung des OLG Stuttgart ist zu erkennen, in welchen Details man sich da verbeißen kann. Wenn schlicht „eine Kopie der Handakte“ auf Basis der DSGVO herausverlangt werden kann, geht das zu weit und unterläuft letztlich § 50 BRAO. FRISTEN FRISTBEGINN NICHT IMMER ERST AB EMPFANGSBEKENNTNIS Legt ein prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt gegen ein Urteil, das ihm zugestellt werden soll, ein Rechtsmittel ein und benennt er dabei ein Datum der tatsächlichen Zustellung, so bestätigt er damit nicht nur den Eingang des Urteils in seiner Kanzlei an diesem Tag, sondern auch, dass er – oder ein empfangsbevollmächtigter Vertreter – bereit war, das Urteil an diesem Datum entgegen und zur Kenntnis zu nehmen. Die Hinausgabe einer solchen Erklärung ist einem Empfangsbekenntnis gleichgestellt. (Os.) BayVGH, Beschl. v. 10.8.2023 – 6 ZB 23.1135 1. Eine wirksame Zustellung nach § 173 ZPO setzt neben der Übermittlung des Schriftstückes in Zustellungsabsicht dessen Entgegennahme durch den Empfänger in dem Willen voraus, es als zugestellt gegen sich geltend zu lassen. Dieser Wille muss durch Unterzeichnung bzw. Signatur des Empfangsbekenntnisses beurkundet werden. JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 2/2024 AUFSÄTZE 88
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