BRAK-Mitteilungen 6/2023

12. Im Rahmen der Antragsbegründung wiederholt der Ast. im Wesentlichen seine vorangegangene Argumentation und meint, er habe auch keine Freigabe seines Mandanten gehabt, telefonisch Kontakt mit RA ... aufzunehmen, um Bestand und Umfang von dessen Vollmacht in Erfahrung zu bringen, und befürchtete einen Haftungsfall, falls RA ... die ausgesprochene Vertragskündigung zurückgewiesen hätte. Der Ast. beschuldigt weiterhin RA ..., falsch gehandelt zu haben, da dieser keine Vollmacht im Original vorgelegt habe. III. Der Antrag auf anwaltsgerichtliche Entscheidung ist unzulässig, da er jedenfalls nicht fristgerecht gestellt worden ist. 1. Zunächst ist aus Sicht der Kammer aufgrund der nachfolgenden Erwägungen bereits zweifelhaft, ob der Antrag auf gerichtliche Entscheidung formgerecht gestellt worden ist, wobei dies im Ergebnis offenbleiben kann. Der Antrag ist nach § 74a II 1 BRAO schriftlich einzureichen. Ist nach der BRAO für die Abgabe einer Erklärung die Schriftform vorgeschrieben, so kann gem. § 37 S. 1 BRAO die Erklärung auch über das besondere elektronische Anwaltspostfach abgegeben werden, wenn – wie hier – Erklärender und Empfänger über ein solches verfügen. Ist die Erklärung von einer natürlichen Person abzugeben, so ist nach § 37 S. 2 BRAO das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der Person zu versehen oder von ihr zu signieren und selbst zu versenden. Diesen Anforderungen wird der Antrag nicht gerecht. Zwar wurde der Antrag vom Ast. in einfacher Form signiert (indem in der Unterschriftenzeile der Name des Ast. gedruckt steht); der Ast. hat den Antrag jedoch sodann nicht selbst aus seinem besonderen elektronischen Anwaltspostfach heraus versendet. Vielmehr geschah dies über das Postfach von Herrn RA ... Der Antrag wurde vor Versand nicht von dem Ast. qualifiziert elektronisch signiert, sondern von RA ... Es fehlt damit an einer formgerechten Einreichung. Der vom Ast. einfach signierte Schriftsatz hätte über sein eigenes Anwaltspostfach versendet werden müssen (§ 37 S. 2 Alt. 2 BRAO), was nicht geschehen ist. Es kann auch nicht auf die qualifizierte elektronische keine qualifiziert elektronische Signatur des Antragstellers Signatur von Herrn RA ... abgestellt werden; diese weicht von der einfachen Signatur ab und steht im Widerspruch zu dem sonstigen Auftreten des Ast. Zwar könnte es für eine wirksame Einreichung ausreichend sein, wenn überhaupt irgendein Rechtsanwalt eine qualifizierte elektronische Signatur angebracht habe, sofern davon ausgegangen werden könnte, dass er die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen habe (so möglicherweise BGH, NJW 2022, 2415). Eine solche Rechtsmeinung lässt sich nach Ansicht der Kammer jedoch vor allem dann vertreten, wenn es an einer einfachen Signatur und sonstigen Hinweisen auf die verantwortende Person fehlt. Im vorliegenden Fall fehlt es daran jedoch nicht, sondern die übrigen Angaben stehen vielmehr im Widerspruch zu der qualifizierten elektronischen Signatur. So ist auf der ersten Seite der Antragsschrift v. 13.6.2022 oben rechts der Ast. persönlich als verantwortliche Person und Ansprechpartner genannt. Der gesamte Schriftsatz ist sodann bis auf vereinzelte Ausnahmen in der Ich-Form gehalten und nimmt Bezug auf den „Unterzeichner“ („gegen die Zurückweisung des Einspruches des Unterzeichners [...] beantrage ich hiermit Entscheidung des Anwaltsgerichts“; „Es liegt kein Verstoß des Unterzeichners [...] vor“; „Der Unterzeichner hatte hierzu keine Freigabe durch eigene Mandantschaft.“; „Tatsache, dass dem Unterzeichner der Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung bis heute nicht vorgelegt wurde, war der Unterzeichner vielmehr berechtigt“; „Rügebeschluss [...] greift [...] in verfassungswidriger Weise in die Berufsausübungsfreiheit des Unterzeichners ein“). Mit „Unterzeichner“ kann damit nur der Ast. selbst gemeint sein; denn allein er hat in dem baurechtlichen Mandat gehandelt und allein seine Berufsausübungsfreiheit kann vorliegend betroffen sein. Konsequenterweise endet der Schriftsatz in der Unterschriftenzeile sodann auch mit dem Namen des Ast. Der Ast. sieht sich also selbst als „Unterzeichner“ des Schriftsatzes; dies hat zur Folge, dass er den Schriftsatz auch über sein eigenes Anwaltspostfach hätte einreichen müssen (§ 37 S. 2 Alt. 2 BRAO). Daran ändert auch die qualifizierte elektronische Signatur eines anderen Rechtsanwaltes nichts. Dessen Auftreten steht im Widerspruch zu dem gesamten Inhalt des Schriftsatzes. Auch die nachträglich erhobene Behauptung, es habe sich bei diesem Rechtsanwalt um den Wahlverteidiger des Ast. gehalten, vermag diese Zweifel nicht auszuräumen. Selbst wenn man trotz fehlender Verweisung § 137 StPO auf das Verfahren nach § 74a BRAO anwenden würde, so hätte spätestens mit der Antragsschrift auch eine entsprechende Vertretungsanzeige erfolgen müssen; aus dem Schriftsatz geht hingegen noch nicht einmal ansatzweise hervor, dass ein Verteidiger für den Ast. auftritt, weshalb auch eine konkludente Erklärung ausscheidet; der Verteidiger müsste dann zudem als der „Unterzeichner“ angesehen werden, was inhaltlich keinen Sinn ergibt. Entgegen der Behauptung im Schriftsatz v. 19.12.2022 wurde die Verteidigerbestellung mit diesem Schriftsatz auch nicht „hiermit noch einmal angezeigt“. Nicht überzeugend ist die Behauptung des RA ... in seinem Schriftsatz v. 19.12. 2022, wonach er als „Wahlverteidiger des Antragstellers [...] die Antragsschrift v. 13.6.2022 erstellt“ habe; denkbar ist zwar, dass er den Schriftsatz für den Ast. vorbereitet hat; erkennbar hat er jedoch nie vorgehabt, den Schriftsatz auch als Verteidiger und verantwortender Rechtsanwalt beim Anwaltsgericht einzureichen; ansonsten hätte er nicht in der Ich-Form geschrieben und sich damit auf den Ast. bezogen. Nicht verkannt wird, dass Herr RA ... in der mündlichen Verhandlung tatsächlich als Verteidiger aufgetreten ist. Allerdings ist schon der Verlegungsantrag v. 29.3.2023 BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 420

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