BRAK-Mitteilungen 6/2023

klägerin mitgeteilten Steuerlasten an die Finanzverwaltung weitergeleitet werden sollten. Dabei war die Ansprechpartnerin für die Arrestklägerin in der Kanzlei des Arrestbeklagten zu 1 im Rahmen des bestehenden Mandats die Arrestbeklagte zu 2, die die Ermittlung der abzuführenden Beträge übernahm und diese an die Arrestklägerin zur Überweisung auf das Kanzleikonto mitteilte. Dies wird überdies belegt durch die tatsächlich geübte Praxis, die die neue Steuerberaterin der Arrestklägerin, StB ..., anhand der Geschäftsunterlagen der Arrestklägerin feststellen konnte, was diese auch eidesstattlich versichert hat (AS 14). Weiterhin haben die Arrestbeklagten diese Vorgehensweise nicht bestritten. Auch aus den eidesstattlichen Versicherungen der beiden Arrestbeklagten, jeweils v. 11.8.2022, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Strittig ist zwischen den Parteien, ob die überwiesenen Beträge vollständig und ordnungsgemäß zweckentsprechend verwendet wurden. Vor diesem Hintergrund war zunächst der Arrestbeklagte zu 1 als Berufsträger und Verpflichteter aus dem Steuerberatungsmandat vermögensbetreuungspflichtig hinsichtlich der auf seinem Kanzleikonto eingehenden Gelder der Arrestklägerin, die zur Weiterleitung an das Finanzamt zur Begleichung der ermittelten, jeweiligen Steuerlast bestimmt waren. Auf wessen Vorschlag die Handhabung der Bezahlung der ermittelten Steuerlasten durch Abwicklung über das Kanzleikonto des Arrestbeklagten zu 1 erfolgte, ist für die Begründung der Vermögensbetreuungspflicht unerheblich. Tatsächlich ergibt sich aus den Gesamtumständen mit erheblicher Wahrscheinlichkeit, dass mit der Arrestbeklagten zu 2 eine Abrede für diese Handhabung erfolgte und mit dem Arrestbeklagten zu 1 zumindest eine konkludente Abrede. 2.4. Daher kann nicht nachvollzogen werden, inwiefern eine Vermögensbetreuungspflicht des Arrestbeklagten zu 1 ausscheiden soll, wie die Berufungsbegründung des Arrestbeklagten zu 1 meint. Der Arrestbeklagte zu 1 hat ausdrücklich ausgeführt, dass er seit mindestens 2011 für die Arrestklägerin monatlich die Finanzbuch- und Lohnbuchhaltung sowie die Jahresabschlüsse mit zugehörigen Steuererklärungen erstellt habe. Das Bestehen eines diesbezüglich umfassenden Steuerberatungsmandats mit der Arrestklägerin ist daher unstrittig. Es ist wenig glaubhaft, dass der Arrestbeklagte zu 1 als Berufsträger und aus dem dargestellten Mandat persönlich Verpflichteter keinerlei Kenntnis über die dargestellte Handhabung der Abführung der ermittelten Steuerlasten durch Überweisung auf sein Kanzleikonto zur Weiterleitung an das Finanzamt für die Tilgung der Steuerschulden der Arrestklägerin gehabt haben will. Es erscheint fernliegend, dass dem Arrestbeklagten zu 1 die regelmäßigen (monatlichen) Einzahlungen mit Zweckbestimmung in beträchtlicher Höhe auf sein Kanzleikonto entgangen sein sollen und er die durchgeführte Handhabung nicht zumindest stillschweigend gebilligt hat, was für eine konkludente Abrede genügt. Es erscheint auch fernliegend, dass er über die Bearbeitung in seiner Kanzlei, auch wenn diese weitgehend durch die Arrestbeklagte zu 2 übernommen wurde, sowie die Handhabung der Zahlungsabwicklung über sein Kanzleikonto als Berufsträger (RA) keine Kenntnis gehabt haben will, zumal er nach seinem Vortrag ausführt, dass er die Finanzbuch- und Lohnbuchhaltung sowie die Jahresabschlüsse mit den zugehörigen Steuererklärungen erstellte, was er auch eidesstattlich versichert hat. 2.5. Da die Handhabung zur Ermittlung der Steuerlast und die Abführung der Steuer nach der Darstellung der Arrestbeklagten durch die Arrestbeklagte zu 2 eigenverantwortlich erledigt wurde, diese insb. die abzuführenden Beträge ermittelte und an die Arrestklägerin mitteilte, damit diese auf das Kanzleikonto überwiesen wurden, ist vorliegend zudem eine Vermögensbetreuungspflicht der Arrestbeklagten zu 2 hinreichend glaubhaft gemacht, auch wenn diese nur Mitarbeiterin des Arrestbeklagten zu 1 gewesen sein mag und nicht Berufsträgerin ist. Im Übrigen kommt bei fehlender eigener Vermögensbetreuungspflicht vorliegend eine Beihilfehandlung der Arrestbeklagten zu 2 in Betracht, die aufgrund der letztlich unstreitigen Abwicklung der Entgegennahme und Weiterleitung der abzuführenden Steuerbeträge weitgehend durch die Arrestbeklagte zu 2 ebenso hinreichend glaubhaft gemacht ist. 2.6. Die Treuepflichtverletzung durch die nicht vollstänTreuepflichtverletzung dige, zweckentsprechende Verwendung der auf dem Kanzleikonto des Arrestbeklagten zu 1 eingegangenen Gelder ist seitens der Arrestklägerin ebenfalls ausreichend glaubhaft gemacht worden. Anhand der zur Glaubhaftmachung vorgelegten Beweismittel, besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass in den Jahren 2018 – Januar 2021 deutlich höhere Umsatzsteuer- und Lohnsteuerbeträge seitens der Arrestbeklagten zu 2 an die Arrestklägerin mitgeteilt, angefordert und auf das Kanzleikonto des Arrestbeklagten zu 1 mit Zweckbestimmung zur Weiterleitung an das Finanzamt überwiesen wurden, als dann im Anschluss tatsächlich an das Finanzamt abgeführt wurden. Die mit Zweckbestimmung für die Steuertilgung überwiesenen Beträge überstiegen in den Jahren 2018 – Januar 2021 die an das Finanzamt weitergeleiteten Beträge um die im Ersturteil im Einzelnen aufgelisteten Differenzbeträge. Die unterlassene Weiterleitung entsprechend der Zweckbestimmung ohne nachvollziehbare Darlegung der Verwendung und des Verbleibs der Differenzbeträge stellt eine Treuepflichtverletzung dar. (...) 2.6.4. Die Arrestbeklagte zu 2 zeigt in ihrer Berufungsbegründung ebenfalls keinerlei Umstände auf, die geeignet wären, die seitens der neuen Steuerberaterin der Arrestklägerin eidesstattlich versicherten und mit einem konkreten Zahlenwerk unterlegten Differenzbeträge zwischen Zahlungseingängen mit der Zweckbestimmung der Tilgung von Steuerverbindlichkeiten auf dem Kanzleikonto und den an die Finanzverwaltung weitergeleiteten Geldbeträge infrage zu stellen. Wie das Erstgericht zutreffend dargelegt hat, ist die pauschale und BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 401

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