BRAK-Mitteilungen 6/2023

nung durch die Rechtsanwältin/den Rechtsanwalt, nicht hingegen die eigenhändige Unterschrift. Diesen Voraussetzungen tragen die berufsrechtlichen Grundpflichten nach §§ 43, 43a BRAO Rechnung. Dieser Vorschlag hat – erfreulicherweise – bereits Eingang in ein aktuelles Gesetzgebungsverfahren gefunden, den Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Justiz des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) vom 25.10.2023.12 12 S. Art. 35, S. 22. Darüber hinausgehend hatte die BRAK eine sprachliche Klarstellung zum Begriff des Einforderns in § 10 RVG empfohlen und einen konkreten Formulierungsvorschlag unterbreitet.13 13 S. dazu Nachr. aus Berlin 13/2023 v. 28.6.2023. Hintergrund ist der Zweck der Vorschrift, den Mandanten in die Lage zu versetzen, ohne gerichtliche Hilfe anhand einer prüffähigen Schlussrechnung die Vergütungsforderung nachprüfen zu können. Faktisch legt die Vorschrift Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aber rein formale Hürden bei der Geltendmachung ihrer Vergütung in den Weg, weshalb die BRAK weiteren Änderungsbedarf sieht.14 14 S. dazu nunmehr BRAK-Stn.-Nr. 65/2023 (unter IV.) und Nachr. aus Berlin 24/2023 v. 29.11.2023. 4. EINFÜHRUNG VON GEBÜHREN FÜR DAS STRAFRECHTLICHE ZWISCHENVERFAHREN Das strafrechtliche Zwischenverfahren erlangt insbesondere bei den zunehmend komplexer werdenden Strafverfahren, wie z.B. Wirtschaftsstrafverfahren, eine immer höhere Bedeutung und erfordert deshalb auch eine zunehmende Tätigkeit der Verteidigung. Für das Zwischenverfahren sieht das RVG jedoch keine eigene Verfahrensgebühr vor. Insofern fehlt allein im Strafrecht der Gleichklang von Prozess- und Vergütungsrecht: Grundsätzlich geht das Vergütungsrecht davon aus, dass mit einem Gebührentatbestand pauschal die Tätigkeit in einem definierten Verfahrensabschnitt entgolten wird. Dabei folgt das Vergütungsrecht den Vorgaben des Prozessrechts, sodass regelhaft für jeden Verfahrensabschnitt eigene Geschäfts- oder Verfahrensgebühren vorgesehen sind. Das Strafverfahren gliedert sich in drei Verfahrensabschnitte: Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren und Hauptverfahren. Mangels eigenem Gebührentatbestand wird das Zwischenverfahren dem Hauptverfahren zugeschlagen. Dies ist jedoch aufgrund seiner zunehmenden Relevanz nicht mehr angemessen. 5. VERGÜTUNG DES BEIGEORDNETEN ZEUGENBEISTANDS Der nach § 68b StPO beigeordnete Zeugenbeistand wird von den Zeugen mit einer Vielzahl von Tätigkeiten beauftragt, wie u.a. Erstberatung, ggf. Akteneinsicht beim Opferzeugen, Vorbereitung des Termins, Begleitung im Termin, ggf. Vertretung bei Anträgen des Zeugen auf Schutzeinrichtungen. Das Problem ist, dass nach derzeitiger Gesetzeslage die anwaltliche Zeugenbeistandsleistung nicht für den gesamten Zeitraum seiner Tätigkeit vergütet wird. Nach dem Wortlaut des § 68b StPO wird er nur für die Dauer der Vernehmungbeigeordnet. Dadurch hat der Zeugenbeistand gegenüber der Landeskasse nur einen Anspruch auf Vergütung nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG, also nur auf einen geringen Bruchteil dessen, was der Auftraggeber schuldet. Dies ist unangemessen und benachteiligt insbesondere den Zeugen. Denn die vor- und nachbereitenden Tätigkeiten des Zeugenbeistands bleiben im Rahmen der Beiordnung unvergütet. Außerdem zeigt die anwaltliche Erfahrung, dass sich die Mehrheit der Zeugen den Beistand bei umfassender Beauftragung nicht leisten kann, weil eine ungedeckte Restvergütung offenbleibt. Der mittellose Zeuge, der sich einen Wahl-Zeugenbeistand nicht leisten kann, ist daher gegenüber dem begüterten Zeugen erheblich schlechter gestellt. Dies ist nicht tragbar. Die sinnvollste Lösung ist nach BRAK und DAV eine Ausweitung der Beiordnungsmöglichkeiten durch Änderung des § 68b I 2 StPO. Alternativ wird vorgeschlagen, in den Beiordnungsvorschriften nach § 48 RVG durch eine Erstreckungsvorschrift klarzustellen, dass auch der nach § 68b StPO beigeordnete Zeugenbeistand eine Vergütung auf alle erforderlichen Tätigkeiten nach Teil 4 Abschnitt 1 des VV RVG erhält. 6. ANPASSUNG DER GRENZE IN § 49 RVG BEI PKH/VKH UND ANHEBUNG DER KAPPUNGSGRENZE Grundsätzlich erhalten gem. § 45 RVG im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete oder bestellte Rechtsanwälte aus der Staatskasse die gesetzliche Vergütung. Davon abweichende Bestimmungen für die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren enthält § 49 RVG. Danach werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4.000 Euro geringere Gebühren vergütet. Diese Grenze soll nach Auffassung von BRAK und DAV auf 5.000 Euro angehoben werden. Sowohl im GKG, GNotKG und FamGKG als auch im RVG beträgt dieser Auffangwert einheitlich 5.000 Euro. Eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Regelung ist nicht ersichtlich. Zudem sollte die Kappungsgrenze in § 49 RVG auf 100.000 Euro angehoben werden. Die Wertgebühren, die beigeordneten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus der Staatskasse gezahlt werden, sind nach § 49 RVG dahingehend gedeckelt, dass bei einem Gegenstandswert über 50.000 Euro keine weitere Gebührensteigerung mehr eintritt. Mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz 202115 15 A.a.O. ist die Kappungsgrenze zwar von 30.000 Euro auf 50.000 Euro angehoben worden. Aber auch hier gilt es, die seitdem eingetretene Inflationsentwicklung, die sich auf die durchschnittlichen Verfahrenswerte auswirkt, zu berücksichtigen. BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 AUFSÄTZE 372

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