BRAK-Mitteilungen 6/2023

AUFSÄTZE EIN JAHR BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN RECHTSANWALT DR. HENNING LÖWE, LL.M. (UNIV. GA., USA) UND RECHTSANWÄLTINNEN MELANIE THEUS UND IMKE MAREILE WALLNER* * Der Autor Löwe ist Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer der RAK Hamburg. Die Autorin Theus ist Rechtsanwältin und Geschäftsführerin der RAK Koblenz. Die Autorin Wallner ist Rechtsanwältin und stellvertretende Geschäftsführerin der RAK Hamburg. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung der Autorinnen und des Autors wieder. Mit Inkrafttreten der BRAO-Reform zum 1.8.2022 sind Berufsausübungsgesellschaften zu Trägern von berufsrechtlichen Rechten und Pflichten geworden. Gesellschaften, die aufgrund ihrer Gesellschaftsform einer Haftungsbeschränkung unterfallen und multidisziplinäre Gesellschaften, bedürfen seither auch einer Zulassung durch die jeweils zuständige Rechtsanwaltskammer. Die Berufsausübungsgesellschaft ist nicht nur Vehikel der Kooperation, sie selbst erbringt die Rechtsdienstleistung. Die Autorinnen und der Autor geben aus Sicht zweier Rechtsanwaltskammern nach einem Jahr einen zusammenfassenden Rückblick auf die neuen Zulassungen und die damit verbundenen Mitgliedschaften in den Rechtsanwaltskammern und auf deren modifizierte Berufsaufsicht; dabei zeigen sie Problemstellungen auf. I. ZULASSUNGSZAHLEN 1. ZUGELASSENE BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN Vom 1.8.2022 bis zum 1.8.2023 haben die Rechtsanwaltskammern rund 4.289 Berufsausübungsgesellschaften (BAGen) zugelassen. Der Gesetzgeber ging im Gesetzgebungsverfahren von ca. 3.150 Gesellschaften, die einer Zulassungspflicht unterfallen, aus.1 1 BT-Drs. 19/27670, 140 ff. Nicht überraschen dürfte, dass nachdem nun zwar alle Rechtsformen aus Deutschland, der EU und aus anderen Staaten der EU und des EWR in einem rechtsformneutralen Anwaltsrecht möglich sind, vgl. § 59b BRAO, gleichwohl der überwiegende Anteil der BAGen sich in der Rechtsform einer PartmbB oder GmbH darstellen. Die mit der Reform erstmals den Anwältinnen und Anwälten erlaubten Rechtsformen (z.B. GmbH & Co KG) nehmen mit unter 5 % an der Gesamtzahl der anwaltlichen BAGen einen unbedeutenden Anteil ein. Ob dies lediglich der bisherigen Gewohnheit entspricht oder ob zukünftig mit einer Zunahme von Zulassungen der „neuen“ Rechtsformen zu rechnen ist, ist hierbei (noch) nicht zu erkennen. 2. MITGLIEDER NACH § 60 II NR. 3 BRAO Die relativ geringe Anzahl nichtanwaltlicher Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane einer BAG, die gem. § 60 II Nr. 3 BRAO nunmehr auch Mitglieder der jeweiligen Rechtsanwaltskammer geworden sind, überrascht ebenso wenig. Sie entspricht in etwa den bereits vor der Reform bekannten Zahlen von Kooperationen mit den sozietätsfähigen Berufen nach altem Recht (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer). Der mit dem Gesetz erwartete Zuwachs an Kooperationen mit bislang nicht sozietätsfähigen Berufen lässt sich nicht erkennen. Der Anteil der neuen interprofessionellen Kooperationsmöglichkeiten auch mit anderen freien Berufen liegt bei den neuen nichtanwaltlichen Mitgliedern der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen bei unter 1 %. II. ANTRAGSVERFAHREN 1. ÜBERBLICK Die Entwicklung der Antragsverfahren für die Zulassung der neuen anwaltlichen BAGen war, neben der Implementierung der „neuen“ Mitglieder (BAGen und Mitglieder nach § 60 II Nr. 3 BRAO) in den dafür zunächst nicht vorgesehenen IT-Systemen der Rechtsanwaltskammern, ein kleiner Kraftakt. Die heute verwandten, von den Kammern gemeinschaftlich entwickelten, Zulassungsantragsformulare unterscheiden sich allenfalls unwesentlich.2 2 Auf die Unterscheide wird zu den einzelnen Punkten der Zulassungsvoraussetzungen eingegangen. Obgleich die Kammern versucht haben, das Antragsverfahren schlank zu halten, erscheint das nunmehr entwickelte Antragsverfahren aus Sicht der Antragsteller auf den ersten Blick mit einem auszufüllenden Formularsatz von rund 20 Seiten „überladen“. Aber diesen „Wahnsinn“, den Diller beklagt,3 3 Diller, AnwBl Online 2022, 551. haben sich die Rechtsanwaltskammern nicht ausgedacht. BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 AUFSÄTZE 356

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