BRAK-Mitteilungen 5/2023

DIE BRAK IN BRÜSSEL RECHTSANWÄLTIN ASTRID GAMISCH, LL.M., ASS. JUR. NADJA WIETOSKA, RECHTSANWÄLTIN (SYNDIKUSRECHTSANWÄLTIN) VILIANA ILIEVA UND ASS. JUR. FREDERIC BOOG, LL.M., BRAK, BRÜSSEL Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK auf europäischer Ebene im Juli und August 2023. GRUPPENFREISTELLUNGSVERORDNUNG TECHNOLOGIETRANSFER-VEREINBARUNGEN Die BRAK hat sich an der Konsultation der Europäischen Kommission zur Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen und den zugehörigen Leitlinien beteiligt.1 1 BRAK-Stn.-Nr. 42/2023. Die Geltungsdauer der derzeit geltenden Vorschriften endet am 30.4.2026. Die Initiative der Kommission zielt darauf ab, zu bewerten, wie die Verordnung und die entsprechenden Leitlinien in der Praxis funktionieren. Darauf basierend wird entschieden werden, ob die Vorschriften unverändert auslaufen, ihre Geltungsdauer verlängert werden oder die Verordnung und die Leitlinien überarbeitet werden sollen. Die von den BRAK-Ausschüssen Kartellrecht und Europa ausgearbeitete Stellungnahme zur Beantwortung des Konsultationsbogens setzt sich mit zahlreichen Aspekten der Verordnung und der Leitlinien auseinander. So fordert die BRAK u.a., dass Nutzungsbeschränkungen in Technologietransfervereinbarungen als grundsätzlich nicht wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen nicht unter die Gruppenfreistellungsverordnung fallen sollten. Zudem solle die Definition von Nutzungsbeschränkungen in den Leitlinien erweitert werden. Auch solle die Lizensierung von Datenpaketen in die Liste der Technologierechte in der Verordnung aufgenommen werden. Daneben sei es im Lichte der jüngeren Rechtsprechung und Gesetzesänderungen im Bereich anderer Gruppenfreistellungsverordnungen erforderlich, die Verordnung und Leitlinien anzupassen. ZWANGSLIZENSIERUNG VON PATENTEN Die BRAK hat gegenüber der Europäischen Kommission und dem Bundesministerium der Justiz kritisch Stellung zum Verordnungsvorschlag über die Vergabe von Zwangslizenzen für das Krisenmanagement genommen.2 2 BRAK-Stn.-Nr. 34/2023. Im Regelfall sind freiwillige Patentvereinbarungen der vorzugswürdige Weg zur Erlangung eines hinreichenden Zugangs zu Produkten und Technologien, als letztes Mittel in Krisensituationen kann jedoch eine zwangsweise Lizenzierung bestimmter Patente geboten sein. In Ihrer Stellungnahme stellt die BRAK heraus, dass der Verordnungsvorschlag einen Paradigmenwechsel im Bereich der Vergabe von Zwangslizenzen beinhalte. So handele es sich um einen patent- und nicht produktorientierten Ansatz, der deutlich über die Regelungen zur Zwangslizenzierung im deutschen Patentgesetz hinausgehe und insoweit eher mit den deutschen Regelungen zur Benutzungsanordnung vergleichbar sei. Die BRAK unterstreicht, dass die Anwendung dieser weitgehenden Vorschriften restriktiv zu handhaben sei und nur als ultima ratio in Krisensituationen erfolgen könne. Dabei seien insb. die Begrifflichkeiten „Krise“ und „Notfall“ nicht hinreichend klar, und auch der Gegenstand der Zwangslizenz bleibe zu unbestimmt. Zudem spricht sich die BRAK dafür aus, die Mitwirkungsrechte des Lizenzgebers im Prüfungsverfahren zu stärken. Die vorgesehenen Vergütungsbestimmungen erzielten keinen fairen Ausgleich der widerstreitenden Interessen. Die Beschränkungen und Verpflichtungen des Lizenznehmers seien teils nicht weitgehend genug. Rechtschutzmöglichkeiten seien mit Ausnahme von Rechtsmitteln gegen die Verhängung von Sanktionen durch die Kommission nicht ausdrücklich geregelt und es fehle an einer speziellen Rechtsgrundlage für Schadensersatzforderungen von Rechteinhabern gegenüber der Kommission. Vorzugswürdig sei im Übrigen eine Erteilung von Zwangslizenzen nicht allein durch die Kommission, sondern im Rahmen eines Gerichtsverfahrens unter Einbindung aller Beteiligten. RICHTLINIE ZUR BEKÄMPFUNG DES MENSCHENHANDELS Die Europäische Kommission hat am 19.12.2022 eine Überarbeitung der Richtlinie zum Kampf gegen den Menschenhandel vorgelegt, zum laufenden Gesetzgebungsverfahren hat die BRAK im Juli Stellung genommen.3 3 BRAK-Stn. 39/2023. Wie auch die Kommission sieht die BRAK einen dringenden Bedarf für die Überarbeitung der Richtlinie aufgrund der seit 2011 eingetretenen gesellschaftlichen Veränderungen, jedoch geht der Richtlinienvorschlag in mehrfacher Hinsicht in die falsche Richtung. Die BRAK thematisiert in ihrer Stellungnahme zunächst den Trend, dass durch legislative Maßnahmen ein einheitlicher Rechtsrahmen im Bereich des materiellen Strafrechts hergestellt werden und die – nach Ansicht der Kommission – nicht ausreichende Sanktionspraxis der Mitgliedstaaten merklich verschärft werden soll. Unmittelbar zum Erlass supranationaler Strafvorschriften ist die Union aber nur in dem eng begrenzten Bereich der Bekämpfung von Betrugstaten befugt, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten (Art. 325 IV AEUV). Im Übrigen darf sie nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nur in den GrenAUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 5/2023 AUS DER ARBEIT DER BRAK 304

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