BRAK-Mitteilungen 4/2023

de hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmen kann (BGH, a.a.O., Rn. 24). b. Das Beschäftigungsprofil des Beigeladenen entspricht diesen Voraussetzungen nicht. (aa) Nach der Präambel des Geschäftsführervertrags v. 29.3.2021 übt der Beigeladene seine Tätigkeit als Syndikusrecht anwalt fachlich unabhängig und eigenverantwortlich aus. Gemäß § 4 Nr. 4 des Geschäftsführervertrags arbeitet der Beigeladene im Rahmen der Berufsausübung als Syndikusrechtsanwalt fachlich unabhängig, unterliegt keinen allgemeinen oder konkreten Weisungen, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Gemäß § 5 IV des Gesellschaftsvertrags ist ein Geschäftsführer, der nach § 46 BRAO zugleich als Syndikusrechtsanwalt für die Gesellschaft tätig ist, im Rahmen dieser Tätigkeit gegenüber der Gesellschaft nicht wei- sungsgebunden. Eine Weisungsbefugnis der ... gegenüber dem Beigeladenen und seiner Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt besteht gerade nicht. (bb) Neben dem Wortlaut spricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm dagegen, das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis i.S.d. § 46 II BRAO anzusehen. Der Begriff des Arbeitsverhältnisses in dieser Vorschrift kann nicht im Sinne eines Oberbegriffs verstanden werden, der auch das Dienstverhältnis umfasst. Die ursprüngliche Formulierung „im Rahmen Ihres Anstellungsverhältnisses“ (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD v. 16.5.2015, BT-Drs. 18/5201, 5) wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens durch „im Rahmen Ihres Arbeitsverhältnisses“, ebenso der Begriff „Anstellungsverhältnis“ durch „Arbeitsverhältnis“ an mehreren weiteren Stellen in § 46 III und §§ 46a-46c BRAO ersetzt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz v. 2.12.2015, BT-Drs. 18/ 6915, 6). Zur Begründung wurde im Bericht (S. 13, 15, 22 f.) im Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine Berufshaftpflichtversicherung für Syndikusrechtsanwälte darauf verwiesen, dass durch die einheitliche Änderung der Begrifflichkeit verdeutlicht werden solle, dass sich die Haftung nach den allgemeinen Regeln des Zivil- und Arbeitsrechts richte, die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung also unberührt blieben, Syndikusrechtsanwälte mithin unter denselben Voraussetzungen wie andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Position hafteten (Bayerischer AGH, Urt. v. 29.6.2020 – BayAGH I-5-13/19 Rn. 96). Eine Haftung als GmbH-Geschäftsführer richtet sich deshalb – anders als die von leitenden Angestellten – auch nicht nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung (BGH, NJW 2001, 3123, 3124; BGH, Urt. v. 18.3. 2019 – AnwZ (Brfg) 22/17 Rn. 6). Der GmbH-Geschäftsführer haftet für die Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nach § 43 I und II GmbHG auch für leichte Fahrlässigkeit. Zur Absicherung des hierdurch entstehenden Haftungsrisikos besteht die Möglichkeit der Gesellschaft, den Geschäftsführer durch eine D&O-Versicherung abzusichern. Zum Abschluss einer Versicherung ist die Gesellschaft jedoch nicht verpflichtet, weshalb die haftungsrechtliche Situation der Zulassung des GmbH-Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt widerspricht (AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.2.2020 – 1 AGH 38/19 Rn. 22). (cc) Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 II entgegenstehender Wortlaut des § 46 II BRAO BRAO stehen somit der Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt entgegen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen AGH (Urt. v. 22.6.2020 – BayAGH I-5-09/ 18 Rn. 101; Urt. v. 29.6.2020 – BayAGH I-5-13/19 Rn. 93 ff.; Urt. v. 23.11.2022 – BayAGH I-5-15/21 Rn. 52) und der des AGH Nordrhein-Westfalen (AGH NRW, Urt. v. 14.2.2020 – 1 AGH 38/19 Rn. 18 ff.; AGH NRW, Urt. v. 2.10.2020 – 1 AGH 3/20 Rn. 8), während der AGH Schleswig nach Sinn und Zweck der Vorschriften zur Zulassung eines Syndikusrechtsanwalts das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nach arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht für ausreichend hält, um bei Bestehen einer Organstellung die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu verweigern (AGH Schleswig, Urt. v. 21.6.2021 – 2 AGH 6/20 Rn. 39 ff.). Der BGH hat bisher offengelassen, ob das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers ein Arbeitsverhältnis i.S.d. § 46 II BRAO darstellt (BGH, Urt. v. 7.12. 2020 – AnwZ (Brfg) 17/20 Rn. 8; BGH, Beschl. v. 25.10. 2021 – AnwZ (Brfg) 37/20 Rn. 17; BGH, Urt. v. 24.10. 2022 – AnwZ (Brfg) 33/21 Rn. 17). Der Senat folgt der überwiegend in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht, wonach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 II 1 BRAO der Einordnung eines Anstellungsverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis i.S.d. vorgenannten Vorschrift entgegenstehen. Er hält diese für überzeugend. Eine Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt kommt vorliegend nicht in Betracht. Angesichts der Entstehungsgeschichte der Regelung keine planwidrige Regelungslücke liegt auch keine planwidrige Regelungslücke vor, so dass die §§ 46-46c BRAO nicht analog auf GmbH-Geschäftsführer angewandt werden können (a.A. Söller, GmbHR 2021, 1193, 1196 ff.). (dd) Vorliegend ist auch kein Fall gegeben, in welchem die Geschäftsführereigenschaft einer rechtlichen Einordnung als Syndikusrechtsanwalt ausnahmsweise nicht entgegenstünde. Der BGH (Urt. v. 18.3.2019 – AnwZ (Brfg) 22/17) hat in einem von ihm entschiedenen Fall die Zulassung eines Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt nicht beanstandet. Er hat dies mit den Besonderheiten des Einzelfalls begründet. Dieser war dadurch geprägt, dass der SYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 263

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