BRAK-Mitteilungen 4/2023

wachsene sind solche, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen. Auf Grundlage des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens sieht die Verordnung Vorschriften zur Anerkennung von im Ursprungsmitgliedsstaat getroffenen Maßnahmen vor. Öffentliche Urkunden, die auf den Schutz von den Interessen der Erwachsene gerichtet sind, sollten im anderen Mitgliedsstaat die gleiche formelle Beweiskraft wie im Ursprungsmitgliedsstaat entfalten. Vorgesehen ist auch die Einrichtung von zentralen Behörden durch die Mitgliedstaaten und ihre grenzüberschreitende Kommunikation sowie die Schaffung eines Europäischen Vertretungszertifikats. Dieses soll jedoch fakultativ sein und eine auf ein Jahr begrenzte Gültigkeit haben. Der Verordnungsvorschlag muss noch vom Europäischen Parlament und vom Rat erörtert und verabschiedet werden. Der Vorschlag für einen Beschluss des Rates kann vom Rat angenommen werden, nachdem das Europäische Parlament angehört worden ist. KONVENTION ZUM SCHUTZ DES ANWALTSBERUFS Die BRAK hat auf Anfrage des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) vom Juni 2023 erneut zur künftigen Konvention zum Schutz des Berufs des Rechtsanwalts kritisch Stellung genommen.3 3 BRAK-Stn.-Nr. 29/2023. Zu den Arbeiten an dem Konventionsentwurf ausführl. Trierweiler/Boog, BRAK-Mitt. 2023, 70. Derzeit wird in einem zu diesem Zweck neu gegründeten Unterausschuss des Europarats die Konvention als völkerrechtliches Abkommen mit voraussichtlich bindender Wirkung erarbeitet. Der Unterausschuss wird von einem deutschen BMJ-Beamten geleitet, hat im April 2022 seine Arbeit aufgenommen und mittlerweile den sechsten Entwurf eines Konventionstexts vorgelegt. Bis Ende nächsten Jahres soll der Konventionstext finalisiert werden, im Jahr 2025 soll dann die Annahme der Konvention durch den Ministerrat des Europarats erfolgen. Die BRAK engagiert sich bei diesem die Anwaltschaft unmittelbar betreffenden Thema in besonderem Maße und ist in den Prozess der Erarbeitung der Konvention sowohl über das BMJ als auch über den CCBE intensiv eingebunden. In diesem Zusammenhang hatten der Ausschuss Menschenrechte und der Ausschuss Europa bereits mehrfach Stellungnahmen erarbeitet.4 4 BRAK-Stn.-Nr. 45/2022 sowie BRAK-Stn.-Nr. 30/2022; s. dazu auch Nachr. aus Berlin 22/2022 v. 4.11.2022. Dabei hatte sich die BRAK u.a. mit Nachdruck für eine bindende Ausgestaltung der Konvention, die Festlegung eines hohen Schutzniveaus und eine Betonung einer unabhängigen, selbstverwalteten Anwaltschaft als Pfeiler des Rechtsstaats ausgesprochen. In ihrer jüngsten Stellungnahme5 5 BRAK-Stn.-Nr. 2/2023. setzt sich die BRAK insb. für einen möglichst weitgehenden Schutz der anwaltlichen Berufsausübung ein. Es sei erforderlich, die im aktuellen Entwurf der Konvention vorgesehenen Möglichkeiten zur Einschränkung anwaltlicher Berufsrechte restriktiv und eindeutig zu fassen. Es sei zu verhindern, dass durch zu großen Raum für nationale Eingriffsvorschriften ein Einfallstor für unverhältnismäßige und missbräuchliche Einschränkungen der anwaltlichen Berufsausübung geschaffen wird. Insbesondere für Eingriffe in die anwaltliche Verschwiegenheit als Herzstück der anwaltlichen Berufsrechte müssten strengste Voraussetzungen gelten. In der Stellungnahme werden dazu konkrete Textvorschläge unterbreitet. RICHTLINIENVORSCHLAG ZUR KORRUPTIONSBEKÄMPFUNG Die Europäische Kommission hat am 3.5.2023 einen Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung der Korruption6 6 COM/2023/234 final. vorgelegt. Begleitet wurde dieser von einer gemeinsamen Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters sowie von einem Vorschlag für die Ausweitung des EU-Sanktionsinstrumentariums im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) auf schwere Korruptionsdelikte. Der Vorschlag für die Richtlinie sieht insb. eine Harmonisierung der Definitionen von Straftaten und eine Verschärfung der strafrechtlichen Sanktionen vor. Ferner soll ein für Korruption sensibleres Umfeld geschaffen werden. Dazu sollen auch Rechenschaftspflichten des öffentlichen Sektors und spezialisierte Korruptionsbekämpfungsstellen beitragen. Ferner regelt der Vorschlag die Bereitstellung entsprechender Ressourcen. Zur wirksamen Bekämpfung von Korruption sollen ferner Ermittlungsinstrumente der Strafverfolgungsbehörden gestärkt werden. Da der Vorschlag Regelungen enthält, welche kaum vereinbar mit der deutschen Rechtslage sind, erarbeitet die BRAK derzeit eine Stellungnahme. Beispielsweise ist nicht erkennbar, ob der Tatbestand der Veruntreuung nach Art. 9 der Richtlinie einen Vermögensnachteil voraussetzt. Zudem soll eine Versuchsstrafbarkeit eingeführt werden. VERORDNUNGSVORSCHLAG ZUR ÜBERTRAGUNG VON STRAFVERFAHREN Die Europäische Kommission hat am 5.4.2023 einen Verordnungsvorschlag zur Übertragung von Strafverfahren7 7 COM/2023/185 final. vorgelegt. Begründet wird dessen Notwendigkeit damit, dass aufgrund der zunehmenden grenzüberschreitenden Kriminalität auch immer öfter mehrere Staaten befugt seien, dieselbe Tat strafrechtlich zu verfolgen. Dies gefährde zum einen das Doppelverfolgungs- bzw. Bestrafungsverbot und führe zum anderen zu wenig effizienten Verfahren und unnötigem Mehraufwand. Auch seitens der europäischen Strafverteidiger (ECBA/CCBE) wurde zuletzt ein entsprechender Bedarf erörtert. BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 AUS DER ARBEIT DER BRAK 242

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