BRAK-Mitteilungen 4/2023

nen und Vertreter der Ausbildungsbetriebe, d.h. von Rechtsanwälten und Rechtsfachwirten, die dem Prüfling die praxisbezogene Lösung von Fällen abverlangen. Entsprechende Ergebnisse in der Abschlussprüfung insb. in diesen Fächern dürften daher nicht überraschen. c) FAKTOREN FÜR EINE ERFOLGREICHE AUSBILDUNG Gemäß § 28 BORA hat die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt zu gewährleisten, dass die Tätigkeit eines Auszubildenden in der Kanzlei auf die Erreichung des Ausbildungsziels ausgerichtet ist. In Übereinstimmung mit § 14 I Nr. 1 BBiG enthält § 28 BORA damit eine globale und umfassende Verpflichtung der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts zur Förderung des Ausbildungserfolgs. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind also nicht nur vertraglich, sondern auch berufsrechtlich gehalten, sämtliche Vorschriften des BBiG und der ReNoPat-Ausbildungsverordnung einzuhalten und zu befolgen. Sie haben dazu bei der Ausbildung die Vorgaben des Ausbildungsrahmenplans zu beachten und der Auszubildenden die darin beschriebenen fachlichen Inhalte zuvermitteln.26 26 Weyland/Brüggemann, BRAO, 10. Aufl., § 28 BRAO Rn. 2. Die Rechtsanwaltskammern können zwar als nach dem BBiG zuständige Stellen für die Ausbildung der Rechtsanwaltsfachangestellten diese Tätigkeit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte überwachen. Praktisch ist dies jedoch kaum zu bewerkstelligen, da die Vermittlung von Ausbildungsinhalten auf beiden Seiten durchaus unterschiedlich, insb. subjektiv bewertet wird. Die Einhaltung des § 28 BORA kann z.B. im Einzelfall am Desinteresse oder gar am Widerstand des oder der Auszubildenden scheitern. Die Lernmethoden sind darüber hinaus höchst individuell, manche lernen visuell, andere auditiv oder kognitiv. Ob nun an der Arbeit mit der Akte oder durch persönliches Erklären, Ausbilderinnen und Ausbilder sowie die durch sie beauftragten Personen müssen sich hierauf einstellen, wenn sich ein Ausbildungserfolg einstellen soll. Diese Subjektivität auf beiden Seiten führt dazu, dass die Vorschrift des § 28 BORA im Wesentlichen Appellfunktion hat. Verstöße werden sich nur in Ausnahmefällen feststellen lassen.27 27 Hartung, in Henssler/Prütting, 5. Aufl., § 28 BRAO Rn. 2. Festzuhalten ist jedenfalls, dass die Ausbildung zur/ zum Rechtsanwaltsfachangestellten, wie jede andere Ausbildung auch, aus Sicht der Auszubildenden zielgerichtet auf das (gute) Bestehen der Prüfung ist und darauf, danach gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Wenn und soweit sie jedoch bereits im Rahmen der Ausbildung aufgrund mangelnder Qualität der Ausbildung in der Kanzlei in der Schule stets mit schlechten Noten konfrontiert werden, liegt nahe, dass es ihnen an der Motivation und Einsatzbereitschaft fehlt, diese fortzusetzen und sich zukunftsorientiert und langfristig an ihre Ausbildungskanzlei zu binden. 5. PROBLEM-AUSBILDUNGSVERHÄLTNISSE, IHRE URSACHEN UND MÖGLICHE AUSWEGE Schließlich häufen sich in den letzten Jahren bei den Rechtsanwaltskammern auch Anfragen von Auszubildenden bezogen auf den Umgang mit ihnen durch ihre Ausbilderinnen und Ausbilder. Die Anfragen offenbaren, dass in manchen Kanzleien Auszubildende als kostengünstige Hilfskräfte genutzt, in ihrer Ausbildung tatsächlich nicht gefördert und mit wenig Wertschätzung behandelt werden. Dies bedeutet keineswegs, dass alle ausbildenden Anwältinnen und Anwälte derart verfahren, im Gegenteil gibt es auch viele positive Beispiele; doch die Negativbeispiele sorgen letztlich für ein schlechtes Image des gesamten Berufsstandes als Arbeitgeber und Ausbildende. Derartige Problem-Ausbildungsverhältnisse gehen sicherlich nicht ausschließlich auf die Ausbilderinnen und Ausbilder zurück, auch Auszubildende tragen durch ihr Verhalten dazu bei, dass eine erfolgreiche Ausbildung letztlich nicht möglich ist. Dennoch sind sie diejenigen, die aufgrund finanzieller Abhängigkeit und hierarchischer Position am kürzeren Hebel sitzen. Ihnen bleibt häufig nur, die Kanzlei zu verlassen und die Ausbildung entweder in einer anderen Kanzlei fortzusetzen oder sie komplett abzubrechen. Letzteres versuchen Kammern und Berufsschulen möglichst zu vermeiden und auf einen Ausbildungswechsel hinzuwirken; dies gelingt in einigen, jedoch nicht in allen Fällen. a) NEGATIVBEISPIELE Im Folgenden werden exemplarisch Anfragen von Auszubildenden wiedergegeben, die so oder ähnlich häufiger bei Rechtsanwaltskammern gestellt werden. Sie liefern einen anschaulichen Beleg, aus welchen Gründen Ausbildungsabbrüche oder -wechsel erfolgen, lassen aber auch darauf schließen, dass die Kenntnisse über den rechtlichen Rahmen einer Ausbildung in den betreffenden Ausbildungskanzleien lückenhaft sind oder in Einzelfällen möglicherweise auch bewusst ignoriert werden. Gegenübergestellt wird den Äußerungen der Auszubildenden jeweils die geltende Rechtslage. – „Muss ich private Botengänge machen, wie Wäsche abholen, Auto waschen, Hund ausführen, Privateinkäufe?“ Die Übertragung derartiger Hilfstätigkeiten ist tatsächlich nicht zulässig. Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind, vgl. § 14 III BBiG. – „Mein Rechtsanwalt hat die Kaffeetasse nach mir geschmissen, weil ich ihm morgens, als er kam, nicht den frischen Kaffee hingestellt hatte.“ Dass man keine Gegenstände nach anderen Menschen wirft, sollte sich von selbst verstehen. Nach § 14 I Nr. 5 BBiG haben Ausbilder zudem dafür zu sorgen, dass Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet werden. BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 AUFSÄTZE 218

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