BRAK-Mitteilungen 3/2023

seiner Entwicklung und Fortentwicklung deutlich gehemmt wäre. b) KONTUREN DER „ZENTRALEN STELLE“ Gleichwohl hat das Präsidium der BRAK auch diese Kritik aufgegriffen und den Ausschuss Insolvenzrecht beauftragt, ein zentrales Gremium vorzusehen, das auf eine einheitliche Verwaltungs- und Vollzugspraxis hinwirkt und den Kammern bei spezifischen Insolvenzverwalter-Fragestellungen beratend zur Seite steht. Die Regelungen hierzu finden sich in den §§ 191f ff. BRAO-V. Demnach wird bei der BRAK eine „zentrale Stelle für Insolvenzverwaltersachen“ eingerichtet (kurz: „zentrale Stelle“). Sie hat gem. § 191f I BRAO-V zunächst Beratungs- und Unterstützungsfunktionen hinsichtlich der Prüfung der Voraussetzungen zur Aufnahme in das Insolvenzverwalterverzeichnis und hinsichtlich der dort aufzunehmenden Daten. Die Rechtsanwaltskammern sind nach dem Vorschlag verpflichtet, die zentrale Stelle in diesen Verfahren zu beteiligen. Die zentrale Stelle kann binnen vier Wochen eine Empfehlung abgeben. An diese Empfehlung ist die Rechtsanwaltskammer formal zwar nicht gebunden, sie muss sie aber im Rahmen ihres pflichtgemäßen Verwaltungshandeln und insbesondere in Ermessensfragen maßgeblich berücksichtigen und wird ihr schon deshalb folgen, weil sie Klageverfahren vermeiden will. In Aufsichts- und Beschwerdeverfahren sieht der Vorschlag die Möglichkeit vor, dass die jeweilige Rechtsanwaltskammer die zentrale Stelle beteiligt, so dass die Regionalkammern die Fachkompetenz der zentralen Stelle nutzen können, aber nicht müssen. Beteiligt die Kammer die zentrale Stelle jedoch nicht, soll nach dem Vorschlag die Generalstaatsanwaltschaft vor Einleitung des anwaltsgerichtlichen Verfahrens die Stellungnahme der zentralen Stelle einholen. Damit ist sichergestellt, dass jedenfalls in allen Disziplinarfällen von gewisser Relevanz die zentrale Stelle eingebunden ist und deren Expertise sowohl bei Abfassen der Anschuldigungsschrift durch die Generalstaatsanwaltschaft, als auch bei der Entscheidung durch die Anwaltsgerichtsbarkeit einfließen kann. Ferner muss die Rechtsanwaltskammer die zentrale Stelle über den Ausgang des anwaltsgerichtlichen Verfahrens unterrichten, schon damit das entsprechende Knowhow bei der zentralen Stelle entstehen kann. Besetzt wird die zentrale Stelle nach dem Gesetzesvorschlag durch sieben Insolvenzverwalter, also Personen, die im Insolvenzverwalterverzeichnis geführt werden und die sich zur Übernahme des Amtes bereit erklären (§ 191g II BRAO-V). Die Zahl der Mitglieder kann bei Bedarf erhöht werden. Die Mitglieder werden vom Präsidium der BRAK für die Dauer von fünf Jahren ernannt und aus Vorschlagslisten entnommen, die die Rechtsanwalts- und Steuerberaterkammern sowie die Wirtschaftsprüferkammer einreichen können, sowie Vorschlagslisten von mindestens zehn anderen Insolvenzverwaltern. Die Tätigkeit in der zentralen Stelle ist ehrenamtlich. Voraussetzung für die Ernennung ist die mindestens fünfjährige Berufsausübung als Insolvenzverwalter sowie die Wählbarkeit in den Vorstand einer Rechtsanwaltskammer gem. §§ 65, 66 I BRAO, was auch nicht-anwaltlichen Mitgliedern der Kammern offensteht. Ferner sieht § 191g VI 2 BRAO-V Enthebungsgründe vor. Aus ihrer Mitte wählen die Mitglieder der zentralen Stelle einen Vorsitzenden und einen Schriftführer, sowie je einen Stellvertreter. VI. FAZIT Der nunmehr vorliegende überarbeitete Gesetzesvorschlag zur Einführung eines Insolvenzverwalter-Berufsrechts berücksichtigt die teilweise geäußerten Kritikpunkte an dem im Jahr 2020 vorgelegten Vorschlag und er erfüllt die Forderungen der Herbst-Justizministerkonferenz 2021. Durch die Einbindung des Insolvenzverwalter-Berufsrechts in das bestehende anwaltliche Berufsrecht, auch hinsichtlich Nicht-Anwältinnen und -Anwälten, wird der Umsetzungsaufwand und der Vollzugsaufwand so gering wie möglich gehalten, bei gleichzeitiger Umsetzung aller diesbezüglichen Vorgaben aus der EU-Gesetzgebung und der relevanten Anforderungen der Praxis. Einer eigenständigen Regelung des Insolvenzverwalter-Berufsrechts in einem gesonderten Gesetz bedarf es damit nicht. Erst recht kommt eine Zuweisung der Berufsaufsicht jedenfalls über anwaltliche Insolvenzverwalter an eine unmittelbare Staatsbehörde nicht in Betracht. Es ist nämlich schon verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, einen Teil der Ausgestaltung anwaltlicher Berufsausübung der anwaltlichen Selbstverwaltung zu entziehen und einer Staatsbehörde zuzuweisen. Das würde zudem nicht nur einen überbordenden (zu finanzierenden) bürokratischen Aufwand verursachen, sondern im Hinblick auf den absoluten Großteil der Insolvenzverwalter, die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind, auch hinsichtlich der zusätzlich abzuführenden Beiträge einen unverhältnismäßigen Eingriff bedeuten. Der vorliegende Gesetzesvorschlag zeigt, dass das Berufsrecht der Amtswalterinnen und Amtswalter in Insolvenz- und Restrukturierungssachen unproblematisch und damit kurzfristig sowie höchst effektiv in das bestehende anwaltliche Berufsrecht integriert werden kann und integriert werden muss. POHLMANN, BERUFSRECHT DER INSOLVENZVERWALTER – KOMPROMISSVORSCHLAG DER BRAK AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 147

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