BRAK-Mitteilungen 2/2023

sendet. Will man dies auf das beA abbilden, muss nach § 130a III 1 Alt. 1 ZPO die Anwältin oder der Anwalt den Schriftsatz qualifiziert elektronisch signieren. Sodann kann eine dritte Person – etwa das Kanzleipersonal, aber auch eine anwaltliche Vertretung – diesen per beA versenden. Gemeint ist damit, dass die versendende Person zum Versand entweder ihr eigenes beA nutzt, sofern sie über ein solches verfügt, oder sich mit einer beA-Karte Mitarbeiter (vgl. § 23 II RAVPV) am Postfach der Anwältin oder des Anwalts anmeldet und hierüber versendet. Unzulässig ist hingegen der aus Bequemlichkeit verlockend erscheinende und in manchen Kanzleien praktizierte Ablauf, dass ein Kanzleimitarbeiter sich mit der beA-Karte der Anwältin oder des Anwalts an deren bzw. dessen Postfach anmeldet und daraus die Schriftsätze ohne qeS versendet. Technisch ist dies ohne weiteres möglich. Jedoch untersagt § 26 I RAVPV den Inhabern von beA-Postfächern, ihr Zugangszertifikat – also die beA-Karte oder einen beA-Software-Token – an andere Personen weiterzugeben; zudem müssen sie die dazugehörige PIN geheim halten. § 23 III 5 RAVPV stellt klar, dass Anwältinnen und Anwälte das Recht, Dokumente ohne qeS auf einem sicheren Übermittlungsweg einzureichen, nicht auf andere Personen übertragen können. Das OLG Hamburg hat für einen solchen Fall, in dem die Kanzleimitarbeiterin aus dem beA des Anwalts versandt hatte, klargestellt, dass dann keine Einreichung über einen sicheren Übermittlungsweg i.S.v. § 130a III 1 Alt. 2 ZPO vorliegt.21 21 OLG Hamburg, Urt. v. 17.9.2021 – 11 U 71/20 Rn. 32 ff. Auf den Verstoß dieser Praxis gegen die berufsrechtlichen Vorgaben der RAVPV brauchte das OLG nicht einzugehen, da er für sich genommen keinen Einfluss auf die prozessuale Wirksamkeit der abgegebenen Erklärungen hat. 2. PERSONENIDENTITÄT VON VERSENDENDER UND EINFACH SIGNIERENDER PERSON Das OLG Hamburg stellte damit auf das Erfordernis einer Personenidentität von versendender und den Schriftsatz verantwortender Person ab. Es folgt insofern dem BAG,22 22 BAG, Beschl. v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20 Rn. 24 = BRAK-Mitt. 2020, 367 Ls. das ausführlich dargestellt hat, weshalb ein privilegierter Versand ohne qeS auf einem sicheren Übermittlungsweg i.S.v. § 130a III 1 Alt. 2 ZPO erfordert, dass die Person, die den Schriftsatz verantwortet, ihn selbst aus ihrem eigenen beA versendet. Ob die einfach signierende und die versendende Person identisch sein müssen, war zuvor in Rechtsprechung und Literatur umstritten.23 23 Zum Meinungsstand s. die Nachw. bei BAG, Beschl. v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20 Rn. 13; dazu bereits ArbG Lübeck, Verfügung v. 19.6.2019 – 6 Ca 679/19, BRAKMitt. 2019, 266 mit Anm. Miedtank. Das BAG hat klargestellt, dass ein elektronisches Dokument, das aus einem beA versandt wurde, nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht ist, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt.24 24 BAG, Beschl. v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20 Rn. 14. Dies hat das Gericht aus der Funktion dieser Art der Einreichung als Unterschriftsersatz sowie aus dem Sinn und Zweck von deren Einführung hergeleitet, nämlich einen der qeS gleichwertigen, aber einfacher zugänglichen Weg der elektronischen Einreichung zu schaffen.25 25 Vgl. BAG, a.a.O. Rn. 18 ff. sowie BT-Drs. 17/12634, 1, 20. Dass die Person, die den Schriftsatz verantwortet und dies durch ihre einfache Signatur zum Ausdruck bringt, und diejenige, die den Schriftsatz aus ihrem eigenen beA versendet, identisch sein müssen, entspricht inzwischen der ständigen Rechtsprechung.26 26 S. nur BVerwG, Beschl. v. 12.10.2021 – 8 C 4.21, BRAK-Mitt. 2022, 49; BSG, Beschl. v. 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B, JurPC Web-Dok. 50/2022; Sächsisches OVG, Beschl. v. 21.9.2021 – 3 A 542/20 Rn. 6. 3. DIE EINFACHE SIGNATUR BEIM „SICHEREN ÜBERMITTLUNGSWEG“ Wann bei Nutzung des sicheren Übermittlungsweges nach § 130a III 1 Alt. 2 ZPO von einer einfachen Signatur auszugehen ist und was die Folgen ihres Fehlens sind, bereitet ebenfalls in der Praxis zuweilen Schwierigkeiten. a) ANFORDERUNGEN AN DIE EINFACHE SIGNATUR Klar sind die grundlegenden Anforderungen an eine einfache Signatur. Nach der Legaldefinition in Art. 3 Nr. 10 EIDAS-VO aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die zum Unterzeichnen verwendet werden. Die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens oder eine eingescannte Unterschrift am Ende des Schriftsatzes genügen diesen Anforderungen.27 27 Vgl. nur BGH, Beschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22 Rn. 10 m.w.N. Wird eine eingescannte Unterschrift als einfache Signatur verwendet, muss diese allerdings auch entzifferbar, sprich: als Unterschrift des verantwortenden Rechtsanwalts bzw. der verantwortenden Rechtsanwältin erkennbar, sein.28 28 BSG, Beschl. v. 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B Rn. 9 Anderenfalls kann das Gericht schließlich nicht überprüfen, ob es sich um dieselbe Person handelt, aus deren beA der Schriftsatz übersandt wurde. Auch die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens als einfache Signatur kann das Risiko bergen, dass ein Gericht von einer unwirksamen Einreichung ausgeht. Das OVG Hamburg29 29 OVG Hamburg, Beschl. v. 4.6.2021 – 3 Bs 130/21 Ls. 2 und Rn. 15 ff. hat angenommen, dass allein der Umstand, dass auf dem Kanzleibriefkopf zwei Rechtsanwälte mit demselben Nachnamen aufgeführt seien, keine Zweifel daran begründen, dass derjenige, der den Schriftsatz ausschließlich mit seinem Nachnamen signiert hat, ihn auch inhaltlich verantwortet und ihn über sein beA versandt hat. Es ist aber – auch mit Blick auf die nachfolgend dargestellten Entscheidungen – durchaus davon auszugehen, dass andere Gerichte dies strenger sehen könnten. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2023 77

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