BRAK-Mitteilungen 1/2023

liege und sie den Kern des Arbeitsverhältnisses darstellen würden. Mit Schreiben v. 21.7.2021 ergänzte die Beigeladene ihre Stellungnahme dahingehend, dass der gesamte Abschnitt der Berufsgerichtsbarkeit nach Teil 4 des HeilBG in die Zuständigkeit der Landesärztekammer R. falle. Nur die Landesärztekammer (oder ein Kammermitglied) könne einen Antrag auf Durchführung des berufsgerichtlichen Verfahrens stellen. Die Bekl. hält den Antrag der Beigeladenen für begründet und hat die Kl. nach § 46a II BRAO mit Schreiben v. 14.5.2021 und v. 27.7.2021 hierzu angehört. Die Kl. widersprach dem Antrag der Beigeladenen und teilte u.a. mit Schreiben v. 3.6.2021 mit, dass sie dem Zulassungsantrag nicht zustimmen könne. Es lägen die in § 46 III BRAO kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen im Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen nicht vor. Insbesondere sei die Voraussetzung der fachlichen Unabhängigkeit für die Berufsausübung nach § 46 IV BRAO bei der Beigeladenen nicht erfüllt. Es sei ferner nicht auszuschließen, dass die Beigeladene im Rahmen ihrer Beschäftigung bei der Bezirksärztekammer P. auch hoheitlich tätig wird. Mit Bescheid v. 29.9.2021 hat die Bekl. unter Ziff. 1) dem Zulassung als Syndikusanwältin Antrag der Beigeladenen auf Zulassung als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) für die Tätigkeit bei der Bezirksärztekammer P. ab dem 1.10.2020 stattgegeben und unter Ziff. 2) ihre bisherige Zulassung als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) für die Tätigkeit bei der Kassenärztlichen Vereinigung R. zum 30.9. 2020 widerrufen. Die Bekl. begründet die Zulassung der Beigeladenen als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) damit, dass der Antrag auf Zulassung den Anforderungen des § 46 II-V BRAO entspreche. Die Beigeladene prüfe fachlich unabhängig und eigenverantwortlich Rechtsfragen, erarbeite und bewerte Lösungsmöglichkeiten und erteile Rechtsrat an den Vorstand bzw. die Organe ihres Arbeitgebers. Die Tätigkeitsmerkmale nach § 46 III Nr. 1–4 BRAO seien ebenfalls erfüllt. Ferner vertrete sie im Rahmen von zivilrechtlichen Vertragsverhandlungen ihren Arbeitgeber mit eigener Entscheidungskompetenz nach außen. Ihre anwaltlichen Tätigkeiten seien prägend i.S.d. § 46 III BRAO. Die Beigeladene werde auch nicht hoheitlich tätig, da etwaige hoheitliche Entscheidungsbefugnisse allein den Organen der Körperschaft, namentlich dem Vorstand und der Vertreterversammlung, der Bezirksärztekammer zugewiesen seien. Bei den zu bearbeitenden Widerspruchsbescheiden und der Überwachung der Berufspflichten sei die Beigeladene ausschließlich vorbereitend ohne eigene Entscheidungsbefugnis tätig, sodass eine hoheitliche Tätigkeit nicht vorliege. Die Beigeladene habe klargestellt, dass die gesamte Berufsgerichtsbarkeit nicht in ihre sondern in die Zuständigkeit der Landesärztekammer falle. (...) Gegen Ziff. 1) des Bescheides v. 29.9.2021 – ihr zugestellt am 1.10.2021 – hat die Kl. am 28.10.2021 Klage erhoben und diese mit Schriftsatz v. 29.11.2021 begründet. Die Kl. trägt vor, es lägen die Voraussetzungen für eine Versagung der Zulassung gem. § 46a I 1 Nr. 2 BRAO i.V.m. § 7 Nr. 8 BRAO vor, da die Beigeladene hoheitliche Tätigkeiten für ihre Arbeitgeberin ausführe. Die Beigeladene als Hauptgeschäftsführerin der GeEinwand hoheitlicher Tätigkeit schäftsstelle der Bezirksärztekammer P. leite diese umfassend, sei Dienstvorgesetzte aller weiteren Mitarbeiter und führe alle laufenden Verwaltungsgeschäfte der Kammer. Daher sei nicht auszuschließen, dass die Beigeladene für die Bezirksärztekammer P. auch hoheitlich tätig werde. In diesem Zusammenhang bestehe kein Zweifel daran, dass die Beigeladene im Rahmen der Wahrnehmung der Geschäfte der laufenden Verwaltung auch eigene Entscheidungsbefugnisse hat. Unter die Geschäfte der laufenden Verwaltung fiele auch die Erhebung der Beiträge für die Bezirksärztekammer, an der die Beigeladene mit Entscheidungsbefugnis beteiligt sei. Nach der Beitragsordnung werde der Veranlagungsbescheid als Verwaltungsakt versendet, infolgedessen läge hoheitliches Handeln vor. Bei 7.319 Mitgliedern der Bezirksärztekammer P. seien Beitragsbescheide regelmäßig in großer Anzahl zu versenden und deshalb handele es sich um typische Geschäfte der laufenden Verwaltung, deren Führung der Hauptgeschäftsführerin obliege, also eine hoheitliche Tätigkeit. Dasselbe gelte für die Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltungen und für die Ausstellung von Fortbildungszertifikaten. Auch hier verweist die Kl. darauf, dass es sich bei 7.319 Mitgliedern der Bezirksärztekammer P., die alle ihrer Fortbildungsverpflichtung nachkommen müssten, um ein erhebliches Arbeitsvolumen handele und es sich deshalb – jedenfalls bei der Ausstellung der Fortbildungszertifikate – ebenfalls um typische Geschäfte der laufenden Verwaltung handele, deren Führung der Hauptgeschäftsführerin obliege. Nach den Empfehlungen der Fortbildungssatzung der Landesärztekammer zur Erteilung oder Verweigerung eines Fortbildungszertifikat handele es sich hierbei um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG, also eine hoheitliche Tätigkeit. Desweiteren geht die Kl. davon aus, dass die vorbereitende Handlung nach § 75 HeilBG, nämlich die Ermittlungsarbeit der Beigeladenen ebenfalls ein hoheitliches Handeln darstelle. Nicht erst die Berufsgerichtsbarkeit, die der Landesärztekammer unterliegt, begründe ein hoheitliches Handeln sondern bereits die Ermittlungsarbeit, die die Beigeladene unstreitig leiste. Die Kl. trägt weiter vor, dass die Ausbildung der medizinischen Fachangestellten, die Überwachung der Eignung der Ausbilder nach § 32 BBiG, die Untersagung der Einstellung und des Ausbildens nach § 33 BBiG, die Einrichtung und Führen eines Verzeichnisses der Berufsausbildungsverhältnisse sowie die Überwachung der Berufsausbildung nach § 76 BBiG jeweils Geschäfte der laufenden Verwaltung sein können, für die die BeigelaBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 45

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