BRAK-Mitteilungen 1/2023

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auftritt.12 12 FG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 12.7.2022 – 4 V 1340/22. Für einen nur nebenberuflich als Rechtsanwalt zugelassenen Verbandsmitarbeiter hat das ArbG Stuttgart13 13 ArbG Stuttgart, Beschl. v. 18.7.2022 – 4 Ca 1688/22: Der Verbandsmitarbeiter, der im Rahmen seiner Verbandstätigkeit nicht als Rechtsanwalt auftritt, könne deshalb bis zum Beginn der aktiven Nutzungspflicht der Verbände am 1.1.2026 weiterhin Schriftsätze in Papierform wirksam einreichen. allerdings die beA-Pflicht abgelehnt, diese sei rollenbezogen zu sehen. Tritt hingegen ein Syndikusanwalt für seinen Verband auf, muss er sein beA laut LAG Hamm14 14 LAG Hamm, Beschl. v. 27.9.2022 – 10 Sa 229/22 (Beschwerde anhängig unter dem Az. 10 AZB 18/22). benutzen. Auf einen entsprechenden Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung darf man auch nicht vertrauen,15 15 BFH, Urt. v. 21.5.2021 – II S 5/21 (PKH). also lautet die klare Empfehlung: Wer ein beA hat, der nutze es! (ju) URTEILSBERICHTIGUNG LÖST IM REGELFALL KEINE NEUE RECHTSMITTELFRIST AUS Die Berichtigung eines Urteils gem. § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit hat grundsätzlich keinen Einfluss auf Beginn und Lauf der Rechtsmittelfrist. Lediglich ausnahmsweise beginnt eine neue Rechtsmittelfrist (erst) mit der Bekanntmachung des Berichtigungsbeschlusses, wenn die zunächst zugestellte Entscheidung insgesamt – also einschließlich der Entscheidungsgründe – nicht klar genug ist, um die Grundlage für die Entschließungen und das weitere Handeln der Parteien sowie für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zu bilden. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 15.9.2022 – V ZB 85/20 Der Anwalt hatte gegen ein landgerichtliches Urteil Berufung eingelegt und eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat erhalten. Danach berichtigte das LG das Urteil in mehreren Punkten gem. § 319 ZPO. Der Anwalt vertrat die Auffassung, dass diese Berichtigungen eine neue Berufungsfrist auslösten, und beantragte, ausgehend vom Datum der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses, wiederum eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat. Innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bezogen auf die ursprüngliche Urteilszustellung reichte er keine Berufungsbegründung ein. Das OLG verwarf die Berufung deswegen als unzulässig. Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde verwarf der BGH ebenfalls als unzulässig, weil es an den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 II ZPO fehle. Nach ständiger und verfassungsrechtlich unbedenklicher Rechtsprechung des BGH habe die Berichtigung eines Urteils gem. § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit grundsätzlich keinen Einfluss auf Beginn und Lauf der Rechtsmittelfrist.16 16 BVerfG, NJW 2001, 142. Eine neue Rechtsmittelfrist beginne nur ausnahmsweise (erst) mit der Bekanntmachung des Berichtigungsbeschlusses, wenn die zunächst zugestellte Entscheidung insgesamt – also einschließlich der Entscheidungsgründe – nicht klar genug ist, um die Grundlage für die Entschließungen und das weitere Handeln der Parteien sowie für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zu bilden. Dies sei etwa der Fall, wenn erst die berichtigte Entscheidung die Beschwer erkennen lässt oder sich erst aus ihr ergibt, dass die Entscheidung überhaupt einem Rechtsmittel zugänglich ist.17 17 Z.B. BGH, WM 2004, 891; NJW-RR 2022, 709; BGHZ 89, 184, 186 f. Diese Grundsätze finden auch im Fall einer Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO Anwendung.18 18 BGH, NJW-RR 2004, 712; BGH, Beschl. v. 12.12.2006 – VI ZB 46/06. Das OLG habe rechtsfehlerfrei angenommen, dass hier kein solcher Ausnahmefall vorliege. Das Urteil des LG sei unter Hinzuziehung der Akte und des Sitzungsprotokolls bereits in der zugestellten Fassung hinreichend klar gewesen, um die Grundlage für die Entschließungen und das weitere prozessordnungsgemäße Handeln der Beklagten zu bilden. Schon nach dem Gebot des sichersten Weges hätte der Anwalt hier nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Zustellung des Berichtigungsbeschlusses neue Rechtsmittelfristen auslösen werde. (hg) BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG VERSICHERUNGSFALL IN DER BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG Beruht die Einlegung einer Berufung auf einer fehlerhaften rechtlichen Prüfung des Anwalts, die von dessen ursprünglicher, bei Klageerhebung bestehender, ebenfalls fehlerhafter Einschätzung unabhängig ist, handelt es sich insofern um eine selbstständige weitere anwaltliche Pflichtverletzung und damit um einen selbstständigen weiteren Versicherungsfall, für den der Berufshaftpflichtversicherer des Anwalts nicht eintrittspflichtig ist, wenn der neue Verstoß nicht mehr im versicherten Zeitraum liegt. OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.4.2022 – 4 U 22/21, VersR 2022, 1493 Ein Anwalt verklagt hier seine Berufshaftpflichtversicherung auf Erstattung von Zahlungen, die er zum Ausgleich eines gegen ihn titulierten Schadenersatzanspruchs eines Mandanten geleistet hat. Dem Anwalt wurde von seinem Mandanten u.a. vorgeworfen, im Jahr 2011 eine aussichtslose Klage erhoben und gegen die Abweisung dieser Klage 2014 eine ebenfalls aussichtslose Berufung geführt zu haben. Der Anwalt hatte Insolvenzforderungen des Mandanten nicht zur Tabelle angemeldet (bzw. erst nachträglich nach Ablauf der Anmeldefrist), sondern im Klageweg gegen die Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Schuldners persönlich (statt als Partei kraft Amtes) geltend gemacht (fehlende Passivlegitimation). Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil begründete der Anwalt damit, dass wegen einer Unterbrechung des Rechtsstreits nach § 240 ZPO kein Urteil habe ergehen dürfen. Es JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 31

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