BRAK-Mitteilungen 1/2023

Der genaue Blick lohnt sich bei Rechtsfachwirtinnen und -fachwirten mit Berufserfahrung in Einzelkanzleien im Osten. Hier liegt der Median bei 29.000 Euro und der Mittelwert bei 32.000 Euro. Dies könnte daran liegen, dass in den letzten beiden Jahren die meisten Gehälter stark angestiegen sind und es scheinbar einige Nachzügler gibt, deren Gehaltsanpassung noch ansteht. Die Änderungen, die sich aus dem Vergleich der beiden Erhebungszeiträume STAR 2020 und STAR 2022 ergeben, decken sich ungefähr mit den Zeiträumen der Gehaltsanpassungen, die laut Umfrage in den meisten Fällen jährlich stattfinden. Fazit: Wir sind auf einem guten Weg c) FREIWILLIGE FINANZIELLE LEISTUNGEN Die Umfrage endete, bevor das Entlastungspaket der Bundesregierung beschlossen wurde, so dass der in den meisten Kanzleien gezahlte Inflationsausgleich noch nicht in die Auswertung einfließen konnte. Die Gewährung freiwilliger finanzieller Leistungen für das nicht-juristische Personal hat deutlich zugenommen. So ergab die STAR-Untersuchung 2020 noch, dass nur 55 % der Einzelkanzleien zusätzliche Leistungen zahlte, aktuell sind es 77,3 %. Betrachtet man alle Kanzleien, gab es einen Anstieg von 67,5 % auf 86,4 %. Wie immer lohnt sich der Blick aufs Detail: aa) URLAUBSGELD UND FAHRTKOSTENZUSCHUSS Urlaubsgeld gewährten nach den Ergebnissen von STAR 2020 noch 29 %, jetzt sind es 33 %. Die Anzahl derjenigen, die einen Fahrtkostenzuschuss zusätzlich zum Gehalt zahlten, stieg von 42,7 % (STAR 2020) auf 45,4 %. bb) BETRIEBLICHE ALTERSVORSORGE Die Gewährung von betrieblicher Altersvorsorge stieg sogar von 19,1 % (STAR 2020) auf 31,2 %. Dies mag sicherlich damit zusammenhängen, dass seit dem 1.1. 2022 die Zuschusspflicht nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz nicht mehr ausschließlich für Neuverträge, sondern für alle Verträge gilt. Da der Zuschuss sich gem. § 1a BetrAVG an der Beitragsbemessungsgrenze orientiert, haben sich die Sätze zum 1.1.2023 geändert. An dieser Stelle darf man auch noch einmal den Hinweis geben, dass dieses Gesetz eingeführt wurde, um Geringverdiener zu unterstützen. Als Geringverdiener nach dem BRSG gilt, wer monatlich nicht mehr als 2.575 Euro brutto verdient. Aber die Zeiten, in denen nicht-anwaltliches Fachpersonal zu Geringverdienern zählte, sind wie oben ausgeführt, (fast) vorbei. cc) KINDERBETREUUNGSZUSCHUSS Bei der Gewährung von Kinderbetreuungszuschuss ist ein Zuwachs von 3,8 % gegenüber den Ergebnissen der STAR-Erhebung 2020 auf 13,6 % zu verzeichnen. dd) VERGÜTUNG FÜR ÜBERSTUNDEN Eine neu hinzugekommene Zusatzvergütung, die in der letzten STAR-Erhebung nicht genannt wurde, ist, dass rund 30 % eine zusätzliche Überstundenvergütung als freiwillige finanzielle Leistung zahlen. Dies ist nicht nur überraschend, sondern als positiv herauszustellen, da es sich offensichtlich nicht um regulär zu entlohnende Überstunden handelt. Dass Überstunden durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden sollen oder ausbezahlt werden, ergibt sich direkt aus §§ 611a, 612 BGB und muss nicht weiter ausgeführt werden. Damit kann man nur zu dem Schluss kommen, dass es sich bei der Angabe unter der Rubrik „zusätzliche freiwillige finanzielle Leistung“ um einen Überstundenzuschlag handelt, wie er in anderen Branchen ebenfalls üblich ist. Bei dieser Annahme wird unterstellt, dass die übrigen Befragten nicht davon ausgingen, dass Überstunden bereits mit dem Grundgehalt abgegolten sind und schon das Zahlen einer Vergütung an sich als besondere freiwillige Leistung angesehen wird. ee) ARBEITSZEITERFASSUNG Die BAG-Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung7 7 BAG, Beschl. v. 13.9.2022 – 1 ABR 22/21. ist Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten hinreichend bekannt. Die Umsetzung kann in vielen Fällen mit der gängigen Kanzleisoftware oder einem Zusatzprogramm – je nach Kanzleibedarf – erfolgen. ff) ERSTATTUNG VON WEITERBILDUNGSKOSTEN Die „Erstattung von Weiterbildungskosten“ wurde von über 50 % der Befragten als zusätzliche finanzielle Leistung angegeben. Über die Wortwahl der „Erstattung“ muss man nicht überflüssigerweise diskutieren. Man sollte jedoch hinterfragen, ob es sich tatsächlich um eine freiwillig gezahlte Sonderleistung handelt oder ob die Teilnahme an einer Weiterbildung nicht im Interesse der Kanzlei als Entsendung bewertet werden muss. In den seltensten Fällen dürften RVG-Fortbildungen am Wochenende als Hobby oder Freizeitgestaltung zu bewerten sein. Der Mehrwert einer fachbezogenen Fortbildung kommt direkt der Kanzlei zugute. Die häufig vernachlässigten Softwareschulungen sind jedoch an dieser Stelle ebenso wichtig wie so manche – für unwichtig erklärte – Softskill-Fortbildung. Anders bewerten könnte man persönlichkeitsbildende Weiterbildungen, die primär einer persönlichen Karriereentwicklung dienen BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 AUFSÄTZE 10

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