BRAK-Mitteilungen 6/2022

chem alle nachträglichen Umstände Berücksichtigung finden. * 3. Verfassungsrecht steht dem nicht entgegen. Dass der Rechtsanwalt bei nachträglichen Entwicklungen auf ein Wiederzulassungsverfahren verwiesen wird, führt nicht zu unverhältnismäßigen Ergebnissen und verstößt auch nicht gegen die durch Art. 12 I GG garantierte Freiheit der Berufswahl. Hamburgischer AGH, Urt. v. 11.7.2022 – AGH I ZU 11/2018 (I-24) Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Nach der in § 14 II Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung ist bei einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Von einer Gefährdung kann im Falle des Vermögensverfalls ausnahmsweise dann nicht ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Anwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Voraussetzung hierfür ist u.a. die Verpflichtung des Arbeitgebers, eine Beendigung des Arbeitsvertrages an die Kammer zu melden, um dieser bei Aufnahme einer Einzelanwaltstätigkeit einen Widerruf zu ermöglichen. Ferner bedarf es effektiver Abreden zum Umgang mit Bargeldern und Schecks. Ein abstrakter Hinweis auf die fehlende Inkassoberechtigung im Arbeitsvertrag genügt nicht. Auch muss der Außenauftritt der Kanzlei hinreichend deutlich erkennen lassen, dass es sich beim aufgenommen Berufsträger um einen angestellten Anwalt handelt (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2019, 316). SYNDIKUSANWÄLTE AUSLEGUNG DES BEGRIFFS „RECHTSANGELEGENHEITEN DES ARBEITGEBERS“ BRAO § 46 V * 1. Einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt steht eine Tätigkeit entgegen, die zumindest im Kernbereich der Aufgaben, in diesem Fall als Schlichter, nicht in Rechtangelegenheiten ihres Arbeitgebers erfolgt. * 2. Entscheidend für die Zuordnung der Tätigkeiten zu den rechtlichen Angelegenheiten einer Schlichtungsstelle als Arbeitgeber ist nicht die Tatsache, dass die Tätigkeit zum Aufgabengebiet des Arbeitgebers gehört oder gar sein alleiniger satzungsmäßiger Zweck ist, sondern allein die Frage, ob die zu entscheidenden Rechtsfragen nach objektiven Kriterien inhaltlich dem Bereich des Arbeitgebers zuzuordnen sind. Dies ist bei den im Rahmen von Schlichtungsverfahren zu prüfenden Rechtsfragen nicht der Fall, da diese sich ausschließlich auf die zwischen den Parteien des Schlichtungsverfahrens bestehende Streitigkeit und damit auf deren Rechtsangelegenheit beziehen. BGH, Urt. v. 25.8.2022 – Anwz (Brfg) 3/22 AUS DEM TATBESTAND: [1] Die Kl. wendet sich gegen die Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin für ihre Tätigkeit bei dem s. e.V. (im Folgenden: s.). [2] Die Beigeladene war mit Bescheid der Bekl. v. 23.5. 2017 als Syndikusrechtsanwältin bei der r. GmbH zugelassen worden. Das Arbeitsverhältnis dort endete am 31.10.2018. Seit dem 1.11.2018 ist sie auf Grundlage eines Arbeitsvertrags v. 4.10.2018 bei dem s. tätig. Der Arbeitgeber ist eine nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz anerkannte Schlichtungsstelle für die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten zwischen Reisenden und Verkehrsunternehmen, die Mitglieder des Trägervereins sind. [3] Mit am 15.1.2019 bei der Bekl. eingegangenem Antrag begehrte die Beigeladene die Erstreckung der ursprünglich für die Tätigkeit bei der r. GmbH erteilten Zulassung auf die Tätigkeit bei dem s. Nach § 2 des dem Antrag beigefügten Arbeitsvertrags v. 4.10.2018 übernahm die Beigeladene die Aufgaben einer Schlichterin im sog. Bereich Flug. In der darüber hinaus vorgelegten Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag v. 11.1. 2019 war u.a. angegeben, dass die Beigeladene bei der Prüfung von Schlichtungsangelegenheiten mit einem Beschwerdeführer (Reisenden) und den an der Schlichtung teilnehmenden Verkehrsunternehmen in direktem Kontakt stehe, die für den jeweiligen Fall relevanten Regelungskomplexe schriftlich darstelle und ihre Bewertung mit den Beteiligten erörtere. Sie führe eigenständig und weisungsunabhängig Verhandlungen zwischen den Beschwerdeführern und den beanstandeten Verkehrsunternehmen und unterbreite den Beteiligten auf Grundlage ihrer Bewertung der Sach- und Rechtslage sowie unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten einen Einigungsvorschlag. Zu ihren Aufgaben gehöre auch die rechtliche Beratung und Unterstützung der Geschäftsführung, des Leiters des s. und von Mitarbeitern. Sie sei außerdem bestimmten Mitgliedsunternehmen des s. zugeordnet und erörtere mit diesen außerhalb von laufenden Schlichtungsverfahren auch allgemein Beschwerden von Verbrauchern (insb. betreffend Fluggastrechte). SYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 327

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