BRAK-Mitteilungen 6/2022

Während des bei dem AGH anhängigen Verfahrens entsprach die Rechtsanwaltskammer dem Antrag des Klägers, was zur Erledigung des Klageverfahrens führte. Der AGH hatte dann noch über die Kosten zu entscheiden. Dabei legte der AGH dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf. Im Rahmen der nach § 154 I VwGO zu treffenden Entscheidung seien die Kosten demjenigen aufzuerlegen, der ohne die Erledigung voraussichtlich unterlegen wäre. Dies wäre der Kläger gewesen, denn seine Klage wäre ohne die Erledigung in der Sache ohne Erfolg geblieben. So sei der Kläger verpflichtet gewesen, gem. § 6 FAO Arbeitsproben auf Anforderung der Kammer vorzulegen. Diese Anforderung von anhand der Fallliste ausgewählten Arbeitsproben sei sogar Regelfall und bedürfe als solcher weder einer besonderen Begründung, noch besonderer Umstände. Ein vom Kläger angebotenes Fachgespräch vermag die nach § 6 FAO vorgeschriebene Nachweisführung durch Unterlagen nicht zu ersetzen. Der AGH stellt danach klar, dass aus § 6 FAO eine Vorlagepflicht von angeforderten Arbeitsproben folgt. 4. FORTBILDUNG NACH § 15 FAO Regelmäßig sind die Anwaltsgerichtshöfe mit Fällen befasst, deren Grundlage Widerrufsentscheidungen der Rechtsanwaltskammern sind, die sich darauf stützen, dass Fachanwälte den Fortbildungserfordernissen des § 15 FAO nicht entsprochen hätten. In Ansehung der Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit den pandemiebedingten Maßnahmen dürfte auch mit einem gewissen Anstieg von entsprechenden Widerrufsentscheidungen zu rechnen sein. So lag einer Entscheidung des AGH Nordrhein-Westfalen14 14 AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.2021 – 1 AGH 36/21. ein Fall zugrunde, in dem eine Fachanwältin für Medizinrecht für das Jahr 2020 keine Fortbildungsnachweise bei der Rechtsanwaltskammer einreichte. Auf Nachfrage teilte sie mit, dass sämtliche von ihr gebuchten Veranstaltungen wegen der Corona-Krise abgesagt worden seien. Die Rechtsanwaltskammer setzte der späteren Klägerin daraufhin zunächst eine Frist zur Nachholung der Fortbildung bis zum 30.6.2021. Nach fruchtlosem Fristablauf widerrief die Rechtsanwaltskammer die Befugnis der Klägerin zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung. Dagegen wendet sich die Klage der Klägerin. Der AGH wies diese mit knapper Begründung zurück. So lägen die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 43c IV 2 BRAO wegen unterlassener Fortbildung vor. Die Beklagte habe ihr Ermessen ausgeübt. Ermessensfehler seien nicht erkennbar. So habe die Rechtsanwaltskammer der Klägerin sogar eine recht weiträumige Frist zur Nachholung der Versäumnisse eingeräumt. Die Klägerin habe auf OnlineVeranstaltungen ausweichen müssen. Die gesetzliche Fortbildungspflicht knüpfe nicht an den persönlichen Geschmack des Fachanwalts an. Noch deutlicher verweist eine Entscheidung des AGH Rheinland-Pfalz15 15 AGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 7.4.2022 – 1 AGH 8/21. darauf, dass bei Nichtabsolvierung der Fortbildung regelmäßig bei der Rechtsanwaltskammer von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sei. Der Entscheidung des AGH lag der Fall eines Klägers zugrunde, der seit dem Jahr 1977 als Rechtsanwalt zugelassen ist und seit dem Jahr 2006 die Bezeichnung „Fachanwalt für Erbrecht“ führte. Der Kläger begehrte bei der Kammer eine Fristverlängerung zum Nachweis der Erfüllung der Pflichtfortbildung für 2020 bis zum 30.6.2021 und begründete dies ebenfalls damit, dass die von ihm gebuchten Seminare aufgrund der Pandemie ausgefallen seien. An Online-Seminaren könne er nicht teilnehmen, da er nicht über die notwendigen Kenntnisse zur Handhabung digitaler Technik verfüge. Die Kammer widerrief die Berechtigung zur Führung des Fachanwaltstitels. Die dagegen gerichtete Klage des Klägers beim AGH blieb ohne Erfolg. Der AGH verweist zur Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich darauf, dass der Rechtsanwalt mit der Führung der Fachanwaltsbezeichnung gegenüber dem rechtssuchenden Publikum eine im Vergleich zu anderen Rechtsanwälten besondere Qualifikation auf diesem Gebiet in Anspruch nähme. Es entspräche verständiger Erwartung des rechtssuchenden Publikums, dass der Rechtsanwalt seine spezifischen Kenntnisse jeweils auf dem neuesten Stand halte. Dies sei nur durch regelmäßige Fortbildungen gewährleistet. Ausdrücklich stellt der AGH klar, dass eine Nachholung der Fortbildung den Verstoß nicht heilen könne. Auch seien fehlende Technikkenntnisse kein Entschuldigungsgrund, zumal der Kläger in einer größeren mittelständischen Kanzlei mit jüngeren Berufskollegen tätig sei, die zweifellos täglich mit digitalen Medien umgehen würden. Schließlich bestünde allein durch die Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs die Notwendigkeit der Rechtsanwaltschaft, sich selbst pro aktiv mit solchen digitalen Medien vertraut zu machen. Die Entscheidung des AGH Rheinland-Pfalz verdeutlicht, dass der Fachanwalt gehalten ist, der in § 15 FAO eindeutig definierten Fortbildungsverpflichtung im jeweiligen Kalenderjahr umfassend nachzukommen und nicht darauf vertrauen kann, dass ihm später die Möglichkeit zur Nachholung unterbliebener Fortbildung eingeräumt werde. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Rechtsanwaltskammer bereits zuvor darauf hingewiesen hat, dass es auch im Zuge der Pandemie keine Einschränkungen oder Ausnahmen in der Fortbildungspflicht geben werde. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 309

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0