BRAK-Mitteilungen 3/2022

Darüber hinaus gesteht der Kl. selbst zu, dass er theoretisch noch im Dezember 2020 die Möglichkeit gehabt hätte, an einem Online-Seminar teilzunehmen. An einem solchen Seminar hatte er kurz darauf im März 2021 teilnehmen können. Weiterhin besteht allein durch die Einführung des beAngebot von Online-Seminaren sonderen elektronischen Anwaltspostfachs die Notwendigkeit der Rechtsanwaltschaft, sich selbst proaktiv mit solchen digitalen Medien vertraut zu machen und das nicht erst seit dem Jahre 2020, sondern bereits seit 2018. Zudem musste der Kl. bereits im Laufe des Jahres 2020 durch die Absage der Präsenzveranstaltungen aufgrund der pandemischen Lage davon ausgehen, dass es notwendig werden könnte, auf Alternativen auszuweichen, um den Fortbildungsverpflichtungen nachzukommen. Der Kl. wäre verpflichtet gewesen, sich frühzeitig mit der Handhabung digitaler Medien vertraut zu machen oder zum Teil auf die Möglichkeit auszuweichen eine gewisse Fortbildungsstundenzahl durch Selbststudium nachzuweisen. Darüber hinaus wäre es notwendig gewesen, sich bereits während des Jahres 2020 mit der Bekl. ins Benehmen zu setzen, um vor dem Hintergrund der pandemischen Gesamtlage frühzeitig deren Handhabung hinsichtlich der Fortbildung zu erfragen. Eine Lektüre des Kammerreports Nr. 2/2020 hätte ebenfalls frühzeitig bereits im September 2020 Aufschluss über die Auffassung der Bekl. gegeben. Anders als bei der RAK ...[Z] gab es bei der Bekl. keine ausdrückliche Handhabung, im Jahre 2020 versäumte Fortbildungsstunden im Jahre 2021 noch nachzuholen. Ein solcher Dispens wurde von der RAK ...[Z] aber auch nur für solche Fachanwaltschaften gewährt, bei denen nicht ausreichend Online-Fortbildungen angeboten wurden, was vorliegend nicht der Fall war. Insoweit ist die Bekl. zu Recht nach pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens zu der Schlussfolgerung gelangt, dass der Kl. seiner Fortbildungspflicht im Jahre 2020 nicht nachgekommen ist und insoweit auch keine Gründe vorliegen, die dies entschuldigen würden. Letztendlich hätten hier nur Gründe wie z.B. Krankheit greifen können oder aber dass Online-Veranstaltungen überhaupt nicht angeboten worden wären, was aber nicht der Fall war. Andere besondere Gründe, die in diesem Fall dem Widerruf entgegenstehen könnten, lassen sich auch unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände somit nicht feststellen (vgl. Scharmer, in Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 6. Aufl., § 43c BRAO Rn. 78; Offermann-Burckart, in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 43c BRAO Rn. 39). Die vom Kl. angesprochenen Verdienste um die Anwaltschaft können keine andere Beurteilung der Sache rechtfertigen. HINWEISE DER REDAKTION: Eine Rechtsanwaltskammer darf vor dem Erlass einer Widerrufsverfügung nach § 43c IV 2 BRAO darauf verzichten, eine förmliche Rüge gem. § 74 BRAO auszusprechen, wenn ein Fachanwalt auf mehrere Schreiben seiner Kammer mit Widerrufsandrohung nicht bzw. nicht adäquat reagiert hat. Für diesen Fall darf die Rechtsanwaltskammer annehmen, dass eine förmliche Rüge oder eine weitere Frist keine geeigneten Mittel sind, den Berufsträger zum Nachweis etwaiger Fortbildungsmaßnahmen anzuhalten (AGH Mecklenburg-Vorpommern, BRAK-Mitt. 2020, 354). VERGÜTUNG GESCHÄFTSGEBÜHR FÜR VORPROZESSUALE ANWALTLICHE ZAHLUNGSAUFFORDERUNG VV RVG Nr. 2300, 3100; BGB § 280 I, II Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 I 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, ist eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.8. 2019 – III ZR 205/17, WM 2019, 1833). BGH, Urt. v. 24.2.2022 – VII ZR 320/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de VERGÜTUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 164

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0