BRAK-Mitteilungen 3/2022

und Digitalisierung unabdingbar, aber angesichts umfangreicher und lang aufzubewahrender Altbestände von Papierakten sehr aufwändig. Wiederaufnahme nach Freispruch Das umstrittene Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit ist am 30.12.2021 in Kraft getreten. § 362 Nr. 5 StPO erlaubt nunmehr die Wiederaufnahme eines bereits durch Freispruch abgeschlossenen Strafverfahrens bei Mord und bestimmten völkerstrafrechtlichen Delikten auch dann, wenn neue Beweismittel eine Verurteilung hoch wahrscheinlich erscheinen lassen; dies ergänzt die nur in Härtefällen eingreifenden Wiederaufnahmegründe. Der Bundespräsident hatte nach Unterzeichnung des Gesetzes erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken an dem Gesetz geäußert und angeregt, dieses erneut im Bundestag zu prüfen. Auch Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann sprach sich für eine erneute Überprüfung des Gesetzes aus.32 32 Vgl. Nachr. aus Berlin 1/2022 v. 12.1.2022. Mit Blick auf die im Raum stehende Überprüfung des Gesetzes hat die BRAK in einer ausführlichen Stellungnahme33 33 BRAK-Stn.-Nr. 14/2022; dazu Nachr. aus Berlin 7/2022 v. 6.4.2022 und zum Gesetzgebungsverfahren Presseerkl. Nr. 7/2022 v. 2.6.2021. dargelegt, weshalb sie den neuen § 362 Nr. 5 StPO für verfassungswidrig hält. GUTACHTEN FÜR BUNDESGERICHTE Auf Anfrage des BVerfG34 34 Vgl. § 177 II Nr. 5 BRAO. hat die BRAK zu einer Vorlagefrage des BFH35 35 BFH, Beschl. v. 11.12.2013 – I R 4/13. zur Behandlung von Zinsen auf Gesellschafterdarlehen im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen Stellung36 36 BRAK-Stn.-Nr. 9/2022. genommen. Der BFH hält § 50d X 1 EStG für verfassungswidrig, weil danach Zinsen für Gesellschafterdarlehen zum Zwecke der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (hier: zwischen Deutschland und Italien) ausschließlich als Unternehmensgewinne gelten, obwohl das Besteuerungsrecht für die Vergütungen in solchen Abkommen völkerrechtlich dem Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers zugewiesen wird und Deutschland nach Auffassung des BFH lediglich ein Quellensteuerrecht zusteht. Die BRAK hält den Teil der Vorlage des BFH, der die unterschiedlichen Fassungen von § 50d X 1 EStG betrifft, für nicht zulässig, weil insoweit ein treaty override vorliege; jedenfalls aber sei die Vorlage insoweit nicht begründet. Soweit die Vorlage des BFH § 52 LIXa 8 EStG in der 2009 geltenden Fassung des AmtshilferichtlinienUmsetzungsgesetzes betrifft, hält die BRAK sie für zulässig und begründet, weil die Vorschrift aus ihrer Sicht gegen das Rückwirkungsverbot verstößt. INFORMATIONEN DER BRAK Versicherungspflicht für Berufsausübungsgesellschaften Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe treten zum 1.8.2022 umfassende Änderungen des anwaltlichen Berufsrechts in Kraft. Einer der Kernpunkte der Reform ist, dass Berufsausübungsgesellschaften dann auch selbst Träger berufsrechtlicher Pflichten sein werden und ein eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) erhalten. Die BRAK hat dazu Antworten zu häufig gestellten Fragen (FAQ) veröffentlicht.37 37 FAQ zur Versicherungspflicht für Berufsausübungsgesellschaften; dazu auch Dahns, BRAK-Magazin 3/2022, 14; zur Versicherungspflicht von LLPs s. Zimmermann/Dörne, BRAK-Mitt. 2022, 74. Facebook Fanpages von Kanzleien Aus Sicht der Datenschutzkonferenz ist ein datenschutzkonformer Betrieb von Facebook Fanpages nicht möglich. Sie haben daher angekündigt, bei öffentlichen Stellen darauf hinzuwirken, dass diese ihre entsprechenden Angebote einstellen. Mittelfristig könnte es auch zu Beanstandungen gegenüber privaten Verantwortlichen kommen, und damit auch gegenüber Anwältinnen und Anwälten, die für ihre Kanzleien Facebook Fanpages betreiben, etwa aufgrund von Beschwerden Betroffener. Die BRAK hat Informationen für Kanzleien in einem Merkblatt zusammengestellt.38 38 Merkblatt der BRAK zu Facebook Fanpages; s. auch Nachr. aus Berlin 8/2022 v. 20.4.2022. Corona-Arbeitsschutzverordnung Die BRAK hat ihre Informationen für Anwältinnen und Anwälte zur Ende März geänderten Corona-Arbeitsschutzverordnung aktualisiert. Sie berücksichtigen nunmehr u.a. Basisschutzmaßnahmen und den Wegfall der HomeofficePflicht. Die Informationen sind damit auf dem Stand der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zum 20.3. 2022 neu gefassten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV). Die Verordnung gilt auch für Anwältinnen und Anwälte, soweit sie Arbeitgeber sind.39 39 BRAK-Informationen zur Corona-Arbeitsschutzverordnung (Stand: März 2022). PODCASTS DER BRAK Im Berichtszeitraum erschienen mehrere neue Folgen des Podcasts „(R)ECHT INTERESSANT“.40 40 S. die Übersicht auf S. XIV (Aktuelle Hinweise). Der internationale Podcast „One World – one Legal Profession“ veröffentlichte im Berichtszeitraum keine neuen Folgen. Dafür erschien ein 15-minütiger Beitrag im algerischen Fernsehsender Echorouk News. Riad Khalil Hassanain, Leiter des Referats Nordafrika in der internationalen Abteilung der BRAK, und Fay¸cal Drioueche, Berater der Rechtsanwaltskammer Algier, erläutern die Aufgaben ihrer jeweiligen Organisation und geben einen Einblick in die Situation der Anwaltschaft in ihren Ländern sowie in geplante gemeinsame Projekte. Dabei geht es u.a. um Digitalisierung und um berufliche Ausund Weiterbildung. Der Beitrag ist in arabischer Sprache mit deutschen Untertiteln auf der Website der BRAK abrufbar.41 41 TV-Beitrag auf Echorouk News (arabisch mit deutschen Untertiteln). AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 149

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