BRAK-Mitteilungen 2/2022

ter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkung mit einer bestimmten Person verknüpft ist. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist nicht teleologisch dahin zu reduzieren, dass der Personenbezug voraussetzen würde, dass es sich um signifikante biographische Informationen handeln müsste, die im Vordergrund des fraglichen Dokuments stünden. Eine derartige Auffassung wäre mit der Rechtsprechung des EuGH nicht zu vereinbaren (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15.6.2021 – VI ZR 576/19). Nach diesen Maßgaben besteht auch ein Anspruch auf Datenauskunft gem. Art. 15 DSGVO nach Beendigung eines Anwaltsvertrages (vgl. hierzu LG Bonn, Urt. v. 1.7.2021 – 15 O 372/ 20). Auch Anwälte sind verpflichtet, ihren Mandanten eine vollständige Datenauskunft nach Art. 15 III DSGVO zu erteilen. 5. Die Kl. hat auch nicht den Beweis dafür geführt, dass die Bekl. einen offenkundig exzessiven Antrag i.S.v. Art. 12 V DSGVO gestellt hätte. 6. Der Anspruch umfasst auch die im zuletzt gestellten Widerklageantrag nicht explizit aufgeführten Handakten zum amtsgerichtlichen Verfahren mit dem Az: 337 F 1033/16. Dieses Aktenzeichen wurde ersichtlich nur versehentlich nicht mit aufgeführt. Die Bekl. hat schriftsätzlich mehrfach klargestellt, das sie eine Datenauskunft für alle von der Kl. für sie bearbeiteten Mandate beansprucht. Ohne Verstoß gegen § 308 I ZPO ist der Widerklageantrag dahin auszulegen, dass er auch die Handakten zur Sache 337 F 1033/16 umfasst, da es anerkannt ist, dass zur Auslegung eines Klageantrages auch auf dessen Begründung abgestellt werden kann. Hiervon abgesehen erstreckt sich der Widerklageantrag schon seinem Wortlaut nach auf eine vollständige Datenauskunft zu den bei der Kl. vorhandenen personenbezogenen Daten. Vollständig ist die Datenauskunft aber nur unter Einbeziehung der Handakten des Scheidungsverfahrens zum Az: 337 F 1033/16. 7. Die Kl. hat nicht substantiiert dargetan und auch nicht unter Beweis gestellt, dass sie der Bekl. bereits Kopien ihrer Handakten zur Verfügung gestellt hätte. 8. Ohne Erfolg beruft sich die Kl. demgegenüber darauf, dass der Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der Handakten nach den bürgerlich rechtlichen Vorschriften verjährt und die berufsrechtlichen Bestimmungen über die Länge der Aufbewahrungsfrist keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung haben (so BGH, Urt. v. 15.10.2020 – IX ZR 243/19). Hiernach wird der Anspruch auf Herausgabe der Handakten spätestens mit Beendigung des Mandats fällig und zu diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährungsfrist. Die Kl. übersieht, dass der Anspruch auf Herausgabe der Handakten aus § 667 BGB i.V.m. § 50 BRAO sich auf Herausgabe der Handakten im Original bezieht. Der von der Bekl. geltend gemachte Anspruch aus keine deckungsgleichen Ansprüche Art. 15 III DSGVO richtet sich indes nicht auf Herausgabe der Handakten im Original, sondern lediglich darauf, der Bekl. Kopien der Handakten zur Verfügung zu stellen. Die Ansprüche sind demzufolge nicht deckungsgleich, weswegen sie nicht den gleichen Verjährungsvorschriften unterliegen müssen. Des Weiteren ist die DSGVO erst am 25.5.2018 überhaupt in Kraft getreten. Frühestens mit Inkrafttreten der DSGVO konnte eine etwaig überhaupt mögliche Verjährung der Ansprüche überhaupt erst beginnen. Die Datenschutzwiderklage der Bekl. wurde der Kl. am 4.2.2021 und damit vor Ablauf einer Regelverjährung von drei Jahren, gerechnet ab Inkrafttreten der DSGVO zugestellt. Vor diesem Hintergrund bedarf es für den Streitfall keiner Entscheidung darüber, ob Ansprüche aus Art. 15 III DSGVO (wie die Bekl. meint) möglicherweise gar keiner Verjährung unterliegen, weil dem Art. 15 III 2 DSGVO entgegensteht, wonach die betroffene Person für alle weiteren Kopien die sie beantrage, auf Verlangen des Verantwortlichen ein angemessenes Entgelt zahlen müsse. 9. Der Schmerzensgeldanspruch der Bekl. war demgekein Schmerzensgeld genüber im Ergebnis nicht zuzusprechen. Soweit zwischenzeitlich mit Verfügung v. 4.11.2021 eine abweichende Ansicht vertreten wurde, wird hieran nicht festgehalten. Auf diese Möglichkeit wurde im Termin zur Vermeidung eines Überraschungsurteils ausdrücklich hingewiesen. Nach Art. 82 I DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter. Auszugleichen sind hiernach ausdrücklich auch immaterielle Schäden. In der Literatur wird unter Geltung der DSGVO überwiegend für eine Absenkung der Voraussetzungen für die Gewährung immateriellen Schadensersatzes und für eine Verschärfung der Haftung mit deutlich höheren Beträgen gegenüber den bisherigen plädiert. Dies folge aus dem weiten Schadensbegriff der DSGVO sowie daraus, dass der EuGH bei der Wahl zivilrechtlicher Sanktionen zur Umsetzung von Unionsrecht generell eine abschreckende Wirkung verlange. Insbesondere dürfe der zugesprochene Schadensersatz nicht nur symbolisch sein. Auch dürfe die Gewährung immateriellen Schadensersatzes nicht mehr von einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung abhängig gemacht werden. Die abschreckende Wirkung zivilrechtlicher Sanktionen sei nur zu erreichen, wenn entsprechend hohe Beträge ausgeurteilt würden (vgl. hierzu die Nachweise bei Eichelberger, WRP 2021, 159 ff.). Hiervon unabhängig kann als gesichert gelten, dass das Unionsrecht die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht zu überkompensatorischem Schadensersatz verpflichtet. BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 108

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