BRAK-Mitteilungen 2/2022

stellation einer Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 I AÜG nicht von der Vorschrift des § 46 I BRAO erfasst wird. Er betont zugleich, dass dies nur dann der Fall wäre, wenn die entleihende Rechtsanwaltskanzlei als Arbeitgeber i.S.d. § 46 I BRAO anzusehen wäre. Ebenso wenig handelt es sich bei der Tätigkeit als Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb um eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt nach § 46 II BRAO. Die Vorschrift des § 46 BRAO regelt die zulässigen Anstellungsformen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten abschließend. Der Wortlaut dieser Norm lässt für ein davon abweichendes Berufsbild keinen Raum. Auch verfassungsund europarechtliche Gesichtspunkte erfordern keineswegs die Zulassung weiterer Gestaltungsformen anwaltlicher Tätigkeit. 4. GMBH-GESCHÄFTSFÜHRER Mit dem Aspekt der fachlichen Unabhängigkeit von Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälten hatte sich der BGH11 11 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 115 m. Anm. Wolf. zu befassen. Er musste die Frage beantworten, ob ein GmbH-Geschäftsführer zur Syndikusanwaltschaft zugelassen werden kann und stellte in diesem Zusammenhang klar, dass es bei einer gesellschaftsund organrechtlichen Weisungsgebundenheit eines Berufsträgers als GmbH-Geschäftsführer an der gebotenen vertraglichen Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit fehlt. Als Geschäftsführer einer GmbH ist ein Berufsträger stets verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang seiner Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Danach hat er grundsätzlich Weisungen der Gesellschafterversammlung zu jeder Geschäftsführerangelegenheit zu befolgen, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung enthält. Den Anforderungen an eine anwaltliche Prägung genügt die Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers nicht, wenn der Schwerpunkt seiner Beschäftigung nicht in seinen anwaltlichen Aufgaben, sondern in der geschäftsführenden Leitung des ihm übertragenen Geschäftsbereichs durch Gestaltung und Umsetzung der strategischen und wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens liegt. Will man dem Geschäftsführer die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen, besteht die einzige Möglichkeit derzeit darin, die Weisungsfreiheit in der Satzung der GmbH zu verankern. 5. RECHTSANGELEGENHEITEN DES ARBEITGEBERS Nachdem der BGH12 12 Vgl. etwa BGH, BRAK-Mitt. 2021, 37. in inzwischen gefestigter Rechtsprechung mehrfach wiederholt hat, dass eine Angelegenheit nicht dadurch zu einer Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers wird, dass sich dieser schuldrechtlich zur Erbringung einer Dienstleistung verpflichtet hat, stellte nun auch das BVerfG13 13 BVerfG, BRAK-Mitt. 2021, 272 m. Anm. Dahns. klar, dass jede rechtsberatende Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten von Kunden des Arbeitgebers unabhängig von deren Umfang eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt grundsätzlich ausschließt. Dieses sog. Drittberatungsverbot gilt allerdings ab dem 1.8.2022 nicht mehr uneingeschränkt. Ungeachtet der von der BRAK vorgetragenen Kritik14 14 BRAK-Stn.-Nr. 29/2021. sieht die BRAO zukünftig in § 46 VI BRAO n.F. vor, dass jedenfalls ein nichtanwaltlicher Arbeitgeber, der zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt ist, diese Rechtsdienstleistungen auch durch von ihm angestellte Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälten erbringen kann. Der Gesetzgeber hat allerdings gleichzeitig vorgesehen, dass der Syndikusrechtsanwalt in diesem Fall darauf hinweisen muss, dass er keine anwaltliche Beratung i.S.d. § 3 BRAO erbringt und ihm zudem kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 ZPO zukommt. Die Erbringung solcher Dienstleistungen wird mithin nicht als anwaltliche Tätigkeit angesehen. In dem vom BVerfG entschiedenen Fall wird dem Beschwerdeführer diese Gesetzesänderung allerdings nicht weiterhelfen, da dessen nichtanwaltlicher Arbeitgeber nicht zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt war. 6. GLEICHES MUSS GLEICH BEHANDELT WERDEN Das BAG15 15 BAG, BRAK-Mitt. 2021, 320. rief in Erinnerung, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur dann anwendbar ist, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, sondern grundsätzlich auch dann, wenn er – nicht auf besondere Einzelfälle beschränkt – nach Gutdünken oder nach nicht sachgerechten oder nicht bestimmbaren Kriterien leistet. Aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes hat der Arbeitgeber eine Gleichbehandlung betriebsübergreifend zu gewährleisten, wenn seine verteilende Entscheidung nicht auf den einzelnen Betrieb begrenzt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Betrieben ist nur dann zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt. In dem betreffenden Fall hatte der Arbeitgeber einen Berufsträger als Gewerkschaftssekretär eingestellt, ihm aber nicht die gewünschte Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusrechtsanwalt erteilt. Diesen Umstand begründete er damit, dass der Berufsträger als gewerkschaftlicher Interessenvertreter tendenzbezogen und arbeitsvertraglich weisungsabhängig tätig sei. Anderen Gewerkschaftssekretären mit Rechtsschutzaufgaben bzw. mit anderen Tätigkeiten hatte der Arbeitgeber hingegen ermöglicht, als Syndikusrechtsanwalt dem anwaltlichen Versorgungsrecht beizutreten. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 79

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